Demokratie in Deutschland - Möglichkeiten der Bürgerbeteiligungen

Schlagwörter:
Modelle zur Partizipation, Mediation, die Planungszelle, das dialogische Verfahren, Partizipation an Planungsprozessen, Referat, Hausaufgabe, Demokratie in Deutschland - Möglichkeiten der Bürgerbeteiligungen
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Referat

Verschiedene Möglichkeiten der Bürgerbeteiligungen (Kurzreferat)

Fragt man einen Bauherrn, was bei seinem Projekt am meisten Zeit beansprucht, so wird man wahrscheinlich die Antwort bekommen, dass nicht die Planung oder Ausführung eines Projektes am meisten Zeit beansprucht, sondern dass die vielen Einsprüche hiesiger Bürger das Bauvorhaben extrem in die Länge ziehen. Besonders deutlich war dies an zwei Projekten:

82.000 Einwendungen gegen den Stuttgarter Großflughafen mussten 1987 bewältigt, eine große Halle angemietet und viele Helfer beschäftigt werden, um alle Einwände zu bearbeiten. Dass dies natürlich überaus Kosten- und Zeitaufwendig gewesen ist, sollte nicht schwer zu verstehen sein. Ähnlich erging es dem Münchner Flughafen II, der, bevor er fertig gestellt wurde, 5.700 Klagen, 25.000 Einsprüche und fast drei Jahrzehnte Planungs- und Bauzeit hinter sich bringen musste.


Wie wäre dies zu vermeiden gewesen?
Bei beiden Beispielen waren es Bürgereinsprüche, die die Bauvorhaben verzögerten. Daraus folgt, dass Möglichkeiten gefunden werden müssen, in denen die Interessen der Einheimischen mit in die Planung eingehen.
Der Wille zur Partizipation ist auf jeden Fall vorhanden, was die vielen Einsprüche beweisen. Allerdings wird eine Möglichkeit der Partizipation, das Plebiszit, weder von Seiten der Politik, noch von Seiten den Bürgern akzeptiert, da die Themen zum einen zu komplex sind, zum anderen eine Manipulationsmöglichkeit gegeben ist und zum dritten, die Bürger oftmals das Gefühl haben, dass ihre Vorschläge nicht ernst genommen werden.
Es müssen also andere Wege der Partizipation gefunden werden, in denen die Bürger an Themen mitarbeiten, welche für sie bedeutsam sind.

Bisher wurden drei gängige Modelle zur Partizipation entwickelt:


Modell 1: Die Mediation
In diesem Modell soll ein neutraler Vermittler zwischen zwei oder mehreren Interessengruppen vermitteln, um in Teilrunden zu einem Konsens zu gelangen. Das Positive an diesem Modell ist sicherlich der neutrale Mediator, der für ein faires Verfahren und für einen ausgeglichenen Strom an Informationen für alle Interessengruppen sorgt. Jedoch hängt die Vermittlung stark vom Mediator ab, bei dem nicht immer die Neutralität gewährleistet ist. Außerdem sind meist nur solche Interessengruppen vertreten, die bereits vorher bekannt und organisiert sind. Dadurch ist die Gemeinwohlorientierung gefährdet. Ein dritter negativer Punkt ist, dass frühe Weichenstellungen unvoraussehbare Nachteile haben können.


Modell 2: Die Planungszelle 
Dieses Modell ist eine Art Schöffengericht für Planungsaufgaben. Es geht darum, den Bürgern eine Möglichkeit der Beteiligung an Planungsentscheidungen zu geben. Die Idee ist, schnell konsensfähige Entscheidungen zu treffen, ohne auf politische Vorgaben und Lobby - Interessen Rücksicht nehmen zu müssen. Die Planungszelle gilt dabei als Ausweg aus dem Dilemma jahrzehntelang verschleppter Planungsprozesse und zugleich als praktikable Form direkter Demokratie.

Das Verfahren selbst läuft nach folgendem Muster ab:
Zunächst werden zufällig Menschen ausgewählt (nach dem Einwohnemelderegister), deren Anzahl je nach Thema festgelegt wird (Standart 25). Diese Personen arbeiten, über mehrere Tage hinweg, vorwiegend in Kleingruppen, diskutieren über das Thema, werden durch Kurzreferate informiert und führen eventuelle Begehungen durch, so dass zum Ende dieser Arbeit ein Bürgergutachten steht, welches an Politiker, Architekten und Bauherren als Entscheidungshilfe weitergegeben wird. Bei all diesen Tätigkeiten stehen den Bürgern kompetente Moderatoren zur Seite, die nicht nur informieren, sondern auch die Arbeit und die Diskussionen leiten. Das Ziel der Planungszelle ist, die Zusammenarbeit der Bürger und der Politik zu verbessern und damit eine Zeitersparnis, sowie Kostenminimierung zu erreichen.

Obwohl dieses Modell lediglich für die Kommunal- und Stadtebene ausgelegt und entwickelt wurde, ist es, zur Freude seines Erfinders Prof. Dienel, bereits sehr angesehen und wird sogar international angewandt. (Israel; Spanien; Japan) Das positive an diesem Modell ist, wie schon erwähnt, die Zusammenarbeit zwischen Politik, Bauherren und Bürgern und die Fülle an Meinungen, Anregungen, Vorschlägen und Kritikpunkten, die während der Gespräche aufkommen. Auch darf nicht vergessen werden, dass die Arbeit in einer Planungszelle unabhängig und neutral ist und somit auch ein eben solches Ergebnis zu erwarten ist.

Allerdings hat dieses Beteiligungsmodell auch einen kleinen Währmutstropfen. Da die in der Planungszelle beteiligten Personen eingeladen und entschädigt werden kann es vorkommen, dass Personen die Einladung zum Anlass nehmen, sich eine schöne Zeit zu machen, und nicht konstruktiv mitzuarbeiten - obwohl dieses wohl relativ selten vorkommen wird, da die Beteiligten ja ständig von den Moderatoren "beaufsichtigt" werden.


Modell 3 Das dialogische Verfahren
Dieses Modell sieht drei Schritte vor:

  • sehen
  • beurteilen
  • handeln (in Planungszellen)

Im ersten Schritt werden leitfadengestützte Interviews zum jeweiligen Thema durchgeführt. Diese Interviews ihrerseits beinhalten sowohl kognitive -, als auch emotive - sowie Verhaltensaspekte, werden an zufällig ausgewählten Personen durchgeführt und sind in ihren Fragestellungen soweit offen, dass eine Manipulationsmöglichkeit ausgeschlossen werden kann. (positiv) Die Dateninterpretation wird erst nach mehreren Feedback - Schleifen durchgeführt, damit sich das Problemverständnis der Befragten mit der Zeit verbessern kann. Die Befragten sollen sich widersprechen. (positiv)

Der zweite Schritt sind Moderatorenrunden. In ihnen werden Problemlösungsvorschläge erarbeitet, die sich nach den Aussagen der interviewten Personen richten. In seiner Durchführung entspricht Schritt zwei den Planungszellen.

Im dritten und letzten Schritt wird ein Bürgergutachten erstellt, das sich im Verfahren an den Planungszellen orientiert. Dabei werden die im zweiten Schritt gemachten Vorschläge nochmals diskutiert und neue Vorschläge gemacht. Die Besten von ihnen werden ausgesucht und im erwähnten Bürgergutachten verschriftlicht.

Dieses Modell hat den Vorteil, dass es gründlich ist, der Prozess für wissenschaftliche Analysen verfügbar ist (protokolliert) und zum Schluss mehrheitlich gute Argumente und kreative Vorschläge zu Buche stehen.
Den Zeit - und Geldaufwand den dieses Partizipationsmodell erfordert, werden einige Personen allerdings als einen schwerwiegenden Schwachpunkt ansehen.


Bürger wünschen sich Partizipation an Planungsprozessen.
Allerdings sollte diese Mitbeteiligung auch beachtet und die Ergebnisse verwendet werden. Diese drei Modelle der Bürgerbeteiligung sind sowohl durchführbar, gewollt als auch konstruktiv. Somit erfüllen sie eigentlich alle Voraussetzungen, um mitzuhelfen, den Planungszeitrahmen für städtische und kommunale Projekte erheblich zu verkürzen, Kosten zu senken und den Bürgern Partizipationsmöglichkeiten an außerparlamentarischen politischen Prozessen zu geben, ohne dass diese in eine Partei eintreten müssen (auch aufgrund der fast allgemein herrschenden Politikverdrossenheit eine gute Möglichkeit, dem Volk wieder Lust auf Politik zu machen ) - ein Stück direkter Demokratie im repräsentativen Demokratiealltag

 

Quellen:

  • Der Spiegel (20/1995)
  • Frankfurter Rundschau (18.12.1995) 

 

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