Französische Revolution - Bedeutung für die neuzeitliche europäische Geschichte

Schlagwörter:
Französische Revolution im Werturteil für die Weltgeschichte, Rolf Reichhardt, Feudalismus, Referat, Hausaufgabe, Französische Revolution - Bedeutung für die neuzeitliche europäische Geschichte
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Referat

Die Französische Revolution im Werturteil für die Weltgeschichte

Durch die enorme Anhebung der politischen Selbstverwirklichung jedes Bürgers, der sich bis 1792 steigernden Ablehnung gegenüber der Monarchie und dem Modell der Gewaltenteilung wird die Revolution für den Historiker Rolf Reichhardt zu dem ersten modellhaften Experiment der Demokratie im modernen Sinne:

„Nicht dass sämtliche Spielregeln, die für uns zu einer Demokratie gehören, gegolten hätten und eingehalten worden wären. Aber das Prinzip der politischen Herrschaft durch das Volk und für das Volk im nationalen Maßstab setzte sich von Anfang an durch und blieb bis zum Ende Legitimationsgrund und Ziel revolutionärer Politik. Gewiss schlug sich dieses Prinzip, wenn auch teilweise besitzbürgerlich und elitär verformt, in den Verfassungs- und Gesetzestexten nieder; aber zuerst und durchgängig prägte es die politische und gesellschaftliche Diskussion, fungierte es als publizistischer Antrieb des revolutionären Radikalisierungsprozesses. “ 
(Z. Die große Bertelsmann Lexikothek, Panorama der Weltgeschichte, Band 3, Rolf Reichhardt)

Der Historiker Klaus Herding macht allerdings darauf aufmerksam, dass die Französische Revolution kein absoluter Akt der Befreiung vom Feudalismus gewesen sei, da gerade die revolutionsfreudigen Großbürger von traditionsbehafteter und aristokratischer Natur gewesen seien. Er begründet seine Auffassung durch die Tatsache, dass die Bourgeoisie aus vermögenden Händlern und Grundbesitzern bestand, welche die Revolution durch Interesse an einer Steigerung ihrer politischen Partizipation und damit ihrer Macht unterstützten und nicht um die, für sie vorteilhaften, Missstände des Feudalismus zu bekämpfen. Zusätzlich kreidet er dem Wesen der Französischen Revolution ihre fehlende Bereitschaft zu neuen Entwicklungen an, welche für ihn durch die ausschließliche Vertretung der eigenen Interessen der einzelnen Parteien („uneinheitliches Gemengelage“) entstand und zum Teil zu einem Kampf gegen die Interessen der eigenen Klasse führte. Zur „moralischen Bewertung“ der Revolution zieht er die Meinungen seiner Fachkollegen Furet und Vovelle hinzu. Erstere behauptet, die Französische Revolution spiele für die Moderne keine Rolle mehr. Während Vovelle sie als „unvollendetes Projekt der Moderne“ (Z. Klaus Herding, Begräbnis oder Apotheosie? Merkur 8,1988) zu einem immer noch aktuellen Thema ernennt.

Michael Wagner betont in „Die Französische Revolution“ auf der einen Seite den starken Vorbildcharakter dieses Ereignisses, dessen Auswirkungen in ganz Europa, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in europäischen Kolonien in Südamerika nicht unerheblich zu bewerten sind. Doch auch die wenig demokratisch erscheinenden Aspekte der französischen Kriegpolitik seit 1794 müssen für ein Werturteil bedacht werden. Unter der Legitimation von Freiheitsidealen führte Frankreich, laut Wagner, keinen Krieg für Freiheit und Demokratie, sondern einen Besetzungskrieg in dem die sozialen, politischen und religiösen Zustände nach französischem Vorbild verändert worden seien.

„Allen Berufungen auf das neue revolutionäre Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker zum Trotz war die französische Machtexpansion seit 1794 das Ergebnis einer harten Realpolitik, in der es primär nicht um die Befreiung der Völker vom ´Joch des Feudalismus´ ging, sonder um den Ausbau geostrategischen Positionen und um die Durchsetzung der finanziellen und wirtschaftlichen Interessen Frankreichs.“ (Z. M. Wagner, Die Französische Revolution, In: Peter Wende, Große Revolutionen der Geschichte…) Beispielsweise mussten sich Staaten, die das Demokratiemodell Frankreichs übernehmen wollten, paradoxerweise erst dem französischen Oberbefehl („Grand Nation“) fügen.

Für den Historiker Franz Dumont wurde die Französische Revolution „zum Maßstab für künftige Revolutionen“ (Z. F. Dumont, Wirkungen auf Deutschland und Europa, In: R. Reichhardt, Ploetz, Die Französische Revolution, 1988). Fasziniert schreibt er von ihrer Einzigartigkeit, ihrem „spektakulärem Verlauf, der den anderen als Vorbild, den anderen als Schreckbild diente“ (Z. siehe vorheriges). Zwar erwähnt Dumont die abschreckenden Auswirkungen der Revolution, hebt jedoch stark die für ihn bedeutendste Konsequenz ihrer hervor: Die unbestreitbaren „sozialen und politischen Veränderungen, [..] denen sich im Grunde kein Land entziehen konnte“ (Z. siehe oben).

Was die Revolution von 1789 zu einem weltweit beachteten Modell gemacht hat ist besonders der engstens mit ihr verknüpfte Messianismus der Freiheit und Gleichheit. Er vor allem ist es, der in der kollektiven Erinnerung fortlebt und politisch wie gesellschaftlich bis heute eine aktuelle Herausforderung bleibt. Halt! Wird hier der Skeptiker einwenden: Ist das nicht eine zeitwidrige Verzerrung, welche die blutigen Tatsachen der Französischen Revolution verdrängt? Wenn ich mich frage, welche Kraft die Französische Revolution eigentlich vorantrieb, worin deren frappierende Selbstläufigkeit und Prozesshaftigkeit bestand, kann ich mich der Ahnung einer Antwort nur unbefriedigend nähern. Die Kraft der Revolution waren ihre Ideale, aber war eine solche Radikalisierung, eine solch blutige Lösung, die schnell bei der Hand ist, zwangsläufig notwendig?

Dies bleibt ein Leerzeichen. Stelle ich mir diese Frage länger, komme ich zu dem Schluss, dass selbst Schlüsselereignisse wie die Einnahme der Bestille, der Tuileriensturm, das Abschlachten der Gegenrevolutionäre in der Vendée oder die Guillotinierung Robespieres – nimmt man sie als bloße Tatsachen – letztlich Oberflächenerscheinungen waren. In Erinnerung sollte uns der Kern der Revolution, ihre Ideale, bleiben. Dass wir die Bilder kennen und uns über die Schattenseiten der Französischen Revolution bewusst sind, ist unsere Chance für eine friedlichere Nachahmung. 

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