Schneider, Robert - Schlafes Bruder

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Robert Schneider, Personencharakteristik, Motive, Erzähler und Erzählstruktur, Referat, Hausaufgabe, Schneider, Robert - Schlafes Bruder
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Referat

Robert Schneider: Schlafes Bruder


I. Personencharakteristiken:

Johannes ELIAS Alder:
Ich denke das Leben des Johannes Elias Alder lässt sich am besten in den Worten des Autors selbst beschreiben: „[...]Die Beschreibung seines Lebens ist nichts als die traurige Aufzählung der Unterlassungen und Versäumnisse all derer, welche vielleicht das große Talent dieses Menschen erahnt, es aber aus Teilnahmslosigkeit, schlichter Dummheit oder [...] aus purem Neid verkommen ließen. [...]“ (S.13).

Johannes Elias Alder ist ein Opfer. Sei es als unentdecktes Musikgenie oder einfach nur als körperlicher - er hatte lange Zeit gelbe Augen und pubertierte frühzeitig – Außenseiter. Aus seiner Umgebung gibt es kein Entrinnen. Er ist gefangen, in dieser kleinen schmutzigen Welt, abgeschnitten von jeglicher gut-bürgerlichen Zivilisation und ohne Chance auf ein besseres Leben. Er ist isoliert. Sein Musikgenius unentdeckt. Im dritten Kapitel „Die Ungeborenen“ bedauert der Erzähler, dass viele Menschen nie die Möglichkeit hatten ihre Talente zu entfalten, da es ihre Umwelt nicht zuließ. „Welch prachtvolle Menschen, Philosophen, Denker, Dichter, Bildner und Musiker muss die Welt verloren haben, nur weil es ihnen nicht gegönnt war, ihr genuines Handwerk zu erlernen.“ (S. 14) Diesem Schicksal war auch Elias verschrieben. Die Dummheit seiner Mitmenschen, aber auch der Neid des Dorforganisten Goller waren dafür verantwortlich, dass Elias seine Musikalität nie richtig entfalten konnte. Stattdessen wurde er zum unverstandenen Außenseiter.

Die Musik spielt für Elias eine sehr bedeutende Rolle. Sein musikalisches Talent sowie die übernatürliche Hörfähigkeit machen ihn zum Außenseiter. Dennoch war es das Singen der Hebamme, dass ihn als Baby ins Leben holte und selbst das Schreien bei seiner Taufe wird als Jubel über die Entdeckung der Musik gedeutet. Gegen den Willen Oskar Alders bringt er sich selbst heimlich das Orgelspielen bei. Dies demonstriert wie wichtig ihm die Musik ist.

Für Elias ist die Musik die einzige Möglichkeit seine Gefühle auszudrücken. Wenn er Orgel spielt, bringt er all seine Emotionen in das Spiel mit ein: „ Elias atmete die unerhört spannungsgeladene Zäsur, griff siebenstimmig in die Tasten, spielte den Choral bis zum 3. Takt, riss ab, atmete, harmonisierte in unaufgelösten Dissonanzen bis zum 4. Takt, riss ab, .. Der Gestalt wollte er darlegen, wie man sich gegen den Tod aufzulehnen habe, gegen das Schicksal, ja gegen Gott.“ (S. 173 f.)

Zudem ist sie Ausdruck seiner Liebe zu Elsbeth. Selbst „der Zuhörer konnte sich der Wirkung nicht mehr entziehen. [...] Solches in der Musik geleistet zu haben war der Verdienst des Johannes Elias Alder“. Elias’ Liebe zu Elsbeth ist ihm von Beginn seines Lebens an vorbestimmt. Mit fünf Jahren erkennt er während des Wunders auf dem wasserverschliffenen Stein seine Vorbestimmung und als er sie aus dem brennenden Haus rettet verliebt er sich in sie. In diesem Zusammenhang ist Elias absolut kompromisslos. Er „schart all sein Denken und Sehnen um die junge Elsbeth“ und „wenn Elias musizierte, dann musizierte er für Elsbeth“, denn er liebt „ Elsbeth mit einer Kraft und Leidenschaft, die ans Unmenschliche grenzt“ . Solange Elias die Hoffnung auf Elsbeth hat, ist diese Liebe seine größte Freude. Als er jedoch die Unmöglichkeit dieser Liebe erkennt, wird sie Ursache extremen Leids. „Das rastlose Werben um Elsbeth [...] zehrte an ihm wie eine heimtückische Krankheit.“ . Er musste erkennen, „dass er keinen Trost mehr in ihr finden mochte.“.

Während seines Liebens entwickelt er gleichzeitig eine starke Todessehnsucht denn der Tod und die Liebe sind in dem Roman stark miteinander verbunden, da „jede Liebe immer in den Tod führt“ . Und dies ist auch das Ende des Johannes Elias Alder, denn als er nicht mehr kann, oder eigentlich viel mehr als er alles will und nicht mehr schläft, schließlich heißt es ja „wer schläft liebt nicht“ (1. Kapitel ff.) stirbt er, denn Gott wandte sich von ihm ab.

Peter Elias Alder:
Peter spielt im Leben Elias’ eine immens wichtige Rolle. Er ist es der Elias schon in frühen Jahren unterstützt, ihn täglich am Gaden besucht, „Peter blieb aus einer plötzlich erwachten kalten Faszination an dem so Andersgearteten“ (S. 43f.) und einer der ersten ist der Elias’ Talent für Musik, speziell natürlich für das Orgelspiel, erkennt. Er ist im Prinzip der einzige der Elias wirklich gut kennt und ihn auch formen kann, denn schließlich ist er es der Elias anweist und ihm den nötigen Anstoß gibt damit er in der Kirche auch öffentlich Orgel spielt. Aber nicht nur diese eher brüderliche Schiene verbindet die beiden, nein, auch eine sexuelle wenngleich nur auf Peters Seite, denn er ist Homosexuell. Immer wieder versucht er verzweifelt sich Elias zu offenbaren, obwohl er weiß, dass Elias dies bereits gespürt, und wahrgenommen hat. Doch er weiß auch was Elias für seine Schwester Elsbeth empfindet, und das ist es auch was Peter davon abhält Elias seine Liebe einzugestehen, denn ihm ist eine freundschaftliche Beziehung wichtiger als gar keine.

Weiters hat Peter ein schwaches Selbstbild und versucht es durch die Identifikation mit Elias, der in den Tiefen seiner Seele eine starke und sichere Basis ausstrahlt und auch sonst mental stärker ist, zu verbessern. Elias’ Tod, bei dem er Sterbehilfe leistet, bewirkt eine totale Charakter-wandlung in Peter, denn seine sadistischen und gewalttätigen Phantasien, welche bei ihm sexuelle Erregung bewirkt hatten und die vermutlich vom Vater Nulf wegen der Schläge und Misshandlungen im Kindesalter hervorgerufen wurden, verschwinden komplett. Insofern hatte der Tod des Johannes Elias Alder doch etwas Gutes, wenngleich es makaber und uns schwer verständlich ist. Auch war Peter endlich erlöst von der Anklammerung an Elias und konnte sich frei entfalten.

Elsbeth Alder:
Elsbeth Alder ist Peters Schwester; dies ist deswegen von Bedeutung, da Peter deshalb in der Lage ist, Elsbeth von seinem Geliebten Elias fernzuhalten, indem er sie mit Lukas verkuppelt. Und Elsbeth, die von Elias keine offensichtlichen Zeichen seiner Zuneigung erhält, ist es mit der Zeit leid auf solch ein Zeichen zu warten bzw. zu hoffen. Jedoch ist es ihr unmöglich Elias nicht mehr zu lieben, denn diese zwei Unglücklichen sind seit ihrer Geburt, ja, sogar schon vor Elsbeths Geburt für einander bestimmt selbst wenn sie nie etwas daraus gemacht haben. Elsbeth aber trägt keine Schuld an Elias’ Tod, denn schließlich verlangen es die Sitten und Bräuche der damaligen Kultur, dass der Mann um die Frau anhält und nicht so wie Johannes Elias Alder sich nicht traut und in ein selbstzerstörerisches Selbstmitleid verfällt und sich umbringt. Elsbeth hat im Prinzip nichts Falsches getan, ihr Leben gelebt, Kinder gezeugt, sich mehr oder weniger durchgeschlagen und auch sonst ein recht redliches Leben geführt. Die verlorene Liebe bzw. Beziehung zu Elias ist im Nachhinein für Elsbeth als Einzelperson das merklich kleinere Übel und bei näherer Betrachtung eher unwichtig.

Seff Alder, Agathe Alder (Seffin):
Seff findet keine Worte, die er seiner Frau sagen könnte, die unter heftigen Wehen leidetum ihr zu helfen. Diese Wortkargheit kehrt immer wieder, so auch im 13. Kapitel, „Die Lichter der Hoffnung“, als Seff Elias’ zu bitten versucht ihm dem Mord am Meistenteils zu vergeben. Doch auch hier bringt er kein Wort heraus und der Autor beschreibt diese Wortkargheit mit: „Er war kein Redner.“ (S. 131) Seff erkennt das uneheliche Kind seiner Frau an, obwohl dieser weiß, dass der Kurat der leibliche Vater Elias' ist. Er ist im Grunde harmlos und ein einfacher Bauer, der nicht allzu viel über ethische Dinge nachdenkt und versteht, sondern ausschließlich auf das Überleben fixiert ist.

Mit der Eheschließung verliert die Seffin nicht nur ihre Unabhängigkeit, sondern auch ihren Namen. Sie hätte auch lieber ein mongolides Kind gehabt, denn diese Form der Behinderung entspräche eher der gesellschaftlichen Norm in Eschberg. “Elias‘ Behinderung” macht ihr Angst, und so meidet sie ihren eigenen Sohn. Sie geht sogar soweit, dass sie ihrem Mann nahe legt, Elias in der Emmer zu ertränken und erhält dafür heftige Schläge von Seff. Sie betreibt rätselhafte Spinnereien, verstümmelt sich an der Wange, um Fleisch dem Heiligen Eusebius darzubringen, damit sie von dem Fluch, der auf ihrem Sohn liegt, befreit wird. Ein weiteres schlimmes Schicksal im Eschberger Bauerndorf.

Nulf Alder, Nulfin:
Der Nulf und die Nulfin sind Peters und Elsbeths Eltern und seit jeher bestehen zu dem Seff (er ist der Bruder Nulfs) und der Seffin große familiäre Spannungen. Weiters ist Nulf schuld an Peters sadistischen Fantasien und Taten, denn er misshandelte seinen Sohn schon von Kindesbeinen an. Er brach ihm beispielsweise den Arm, weil Peter aus kindlichem Übermut eines Tages ein paar Lackritze stahl.

Pfarrer Benzer, Hebamme und die dörfliche Gesellschaft
Der Pfarrer Benzer ist ein leidenschaftlicher Prediger und ein ebenso leidenschaftlicher Marienverehrer, ein Beweis für ein gestörtes Frauenbild. So erinnert er beinahe in jeder Predigt an eine der letzten Hexenverbrennungen, die er noch selbst als Kind erlebt hatte. Die Hebamme träumt von einem besseren Leben, denn sie findet sich zu schade für diesen Beruf und verweist immer wieder auf eine Aussage eines Feldwebel namens Zenker der meinte, sie hätte „Händ’, viel zu schön für die Hebammerei.“ (S.17) Sie ist auch sehr religiös, denn als Elias immer noch nicht atmet beginnt sie das Tedeum zu singen, und siehe da der Junge atmet.

Generell ist zu Eschberg'schen Gesellschaft zu sagen das sie sehr religiös und abergläubisch ist. Der Autor beschreibt die Bevölkerung wie folgt: „[...]körperliche Inzuchtschäden, der überdehnte Kopf, die geschwellte Unterlippe im tiefliegenden Kinn [...]“ (S.12) Und zu ihrem Gemüt: „[...] das armselige Einerlei ihres Jahreslaufs, ihre bösen Händel, ihren absonderlich fanatischen Glauben“ und „ ihren nicht zu übertreffenden Starrsinn gegen die Neuerungen von draußen[...]“. (S.12 f) Der Grund ihrer Probleme ist die mangelnde Kommunikation, doch dazu später.


II. Beziehungsgeflechte


Elias-Elsbeth:
Elias ist sich schon seit der Rettung Elsbeths nach dem ersten Brand sicher, dass ihm das Mädchen von Gott vorherbestimmt ist und liebt sie unsterblich. Er möchte ihr zeigen, dass Liebe nicht nur aus körperlichem Verlangen besteht, sondern eigentlich aus seelischen empfinden und Verlangen. Darum versucht er seine Wünsche und Empfindungen in die Musik einzubringen und widmet sein gesamtes Orgelspiel Elsbeth. Diese jedoch versteht diese Art von Offenbarung nicht und beschließt nach einiger Zeit sich einen Mann zu suchen der fest im Leben steht und der ihr ein gutes Leben bieten kann, selbst wenn die große Liebe auf der Strecke bleibt. Die Liebesbeziehung scheitert aufgrund Elias’ mangelnder oder gar fehlender Kommunikationsbereitschaft/-freude.

Peter-Elias:
Peter ist das einzige Kind, dass Elias zum Fenster, zu dessen Gaden besuchen kommt während dieser eingesperrt ist. Er ist es auch der als erster die musikalische Genialität Elias’ erkennt und sich von dieser angezogen fühlt. Elias ist sehr dankbar für den Beistand am Gaden und freundet sich mit Peter an. Als Elias die Brutalität und den Sadismus Peters duldet wird er zum Komplizen, doch er kann diese Freundschaft nicht riskieren, denn er würde sonst den einzigen wahren Bezugspunkt in seinem Leben verlieren und so bleibt er Peter treu, beschützt und verrät ihn nicht. Elias hat in Peter einen wahren Freund gefunden. Peter beurteilt auf Elias’ Wunsch dessen Orgelspiel, bringt ihn dazu in Feldberg Orgel zu spielen und ist auch als Freund zur Stelle als Elias mit dem Schlafentzug beginnt. Zwei Außenseiter, Elias der „behinderte“ Sanfte und Peter der sadistische Brutale, finden sich und werden Freunde. Ihre Beziehung symbolisiert im Prinzip zwei entgegen gesetzte Kräfte. Sie sind die Söhne zweier verfeindeter Brüder, sind vom Gemüt völlig unterschiedlich und gerade deswegen wie füreinander geschaffen. Peter steht seinem Freund Elias in dessen bittersten Stunde bei und erst an dieser Stelle endet das Ringen, dieser sich wie Feuer und Wasser entgegenwirkenden aber auch harmonisierenden Kräfte. Nach dem Tod Elias’, ja eigentlich nach dem Ringen dieser zwei Kräfte, wird Peter zum Guten und das sadistische Veranlagung geht verschwunden. Der Erzähler meint dazu: „[...] denn das Böse ringt so lange mit dem Guten, bis es im Guten untergeht. [...]“(S.201) Doch sie waren nicht nur Gegensetzte, denn beide liebten leidenschaftlich und kompromisslos und beide hatten nicht die nötige Kraft oder den nötigen Mut, die Liebe dem oder der Geliebten zu offenbaren.


III. Ort und Zeit im Roman
Der Roman beginnt mit der Hauptthematik des Buches, nämlich mit der Kurzzusammenfassung der Geschichte in einem Satz: „DAS ist die Geschichte des Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte, nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen.“ (S.9) Der Autor gibt auch gleich die Erklärung für den Titel, denn „nicht von ungefähr vergliche ein altes Wort Schlaf und Tod mit Brüdern.“ (S.9) Dann springt er direkt zum buchstäblich „[...]letzte(n) Kapitel[...]“ und gibt das Ende wieder. Danach gibt er noch einen Einblick in das Dorfgeschehen Eschbergs generell, und erst dann, nach diesem sehr ungewohnten Start, beginnt er mit der eigentlichen Geschichte, oder viel mehr mit der detailierteren Ausgabe. Kapitel 8 beschreibt Elias als „ZEHN Jahre gelebt und zum Manne gereift.“(S.53) Und bereits drei Kapitel später ist Elias schon 19. Ansonsten hält sich der Roman an eine streng, chronischen Abfolge. Erst am Ende gibt es noch einen Zeitsprung, als Elsbeth mit ihren nun Kindern Richtung Eschberg, das nicht mehr existiert, wandert und ihnen ihre Lebensgeschichte wie ein Märchen erzählt.

Der Ort wechselt im Prinzip nicht allzu oft. Das Szenario spielt sich beinahe zu 100% in Eschberg ab, nur ein Mal wird der Schauplatz gewechselt, und zwar als Elias und Peter nach Eschberg zum Orgelfest nach Feldberg kommen. Weiters kommt Feldberg auch noch im Schluss vor als Elsbeth von dort aus mit den Kindern nach Eschberg wandert. Nur ein Ort, weniger ein Dorf oder eine Stadt, sondern ein Stein ist auch noch von großer Bedeutung. Dieser Findling am Ufer eines kleinen Teichs wird im Buch als geheimnisvoll beschrieben und hat besonders auf Elias eine anziehende Wirkung. Es ist der Stein auf dem er zum Manne reift, sein Gehör sich verändert, ja sich sein ganzes Wesen ändert. Doch der Stein bildet auch die Verbindung zwischen Elias und Gott, im Film bezeichnet Elias den Stein auch als „Fußabdruck Gottes“. Hier kehrt er zurück um sich zu sammeln, sich zu bestärken und mit der Umwelt bzw. der Natur in Einklang zu kommen, in der er sein Talent, seine Stimme harmonisiert und verbessert.


IV. Motive: Feuer-/Wasser-/Herzsymbolik
Feuer, Symbol für Zerstörung, Leid, Schmerz aber auch für Liebe, Leidenschaft, Wärme, Nähe usw. . All dies wird in der Geschichte des Elias beschrieben. Die drei Feuer im Eschberger Bergdorf, die auch gleichzeitig die Liebe Elias’ zu Elsbeth entfacht, auch die besonders im Film sehr leidenschaftliche Begegnung Elsbeths mit Lukas in der Elias die Geschehnisse und die Erinnerungen noch einmal durchgeht, die ihn mit Elsbeth und seinem Leben verbinden. Wasser, das den Stein am Teich beinahe gänzlich umrahmt, hat eine beruhigende Wirkung. Es strahlt eine sehr große innere Ruhe aus. Es ist außerdem Symbol für Frieden, Mystik, und Spannung, denn „[...]je näher Elias zum wasserverschliffenen Stein kam, je unruhiger ging sein Herzschlagen. [....](S.34.) . Es ist auch die Stelle wo Elias pubertiert und in gewissermaßen mutiert.

Peter und Elias verhalten sich im Grunde wie Feuer und Wasser, wobei man Peter mit dem Feuer besser assoziieren, er ist schließlich der Brandstifter, kann und Elias mit Wasser. Herz und Herzschlag, stehen für die Liebe und das Leben. Als Elias Elsbeth aus dem Feuer rettete, „[...]lag Elsbeths Herz auf Elias’ Herzen, und Elsbeths Herzschlagen ging in Elias’ Herzschlagen.“(S.78). Und weiters: „[...] In dieser Nacht des allgegenwärtigen Grauens [Hinweis auf das Feuer] verliebte sich Johannes Elias Alder in seine Cousine Elsbeth Alder.“(S.78)

Doch das Pochen des Herzens hat auch noch eine andere Funktion, denn es dient seit dieser verhängnisvollen Nacht auch als Metrum für Elias’ Musik, die er ja nur mehr für Elsbeth betreibt und damit schließt sich der Kreis wieder und wir wären wieder am Anfang.


V. Erzähler und Erzählstruktur
In „Schlafes Bruder“ tritt der Erzähler als auktorialer Erzähler auf, der allwissend und überall anwesend ist wenn es die Situation erfordert. Er ist mit dem Leser verbündet, vergisst aber nie auf die nötige Höflichkeit, und obwohl er immer wieder „wir“ sagt ist das keineswegs Unhöflichkeit sondern schlicht und einfach sein Stil, wobei er mit „wir“ sich meistens selbst meint. Er gibt auch immer wieder Bemerkungen und Kommentare von sich, und es ist nicht zu übersehen, dass der Erzähler eine gewisse Sympathie für seinen Protagonisten hegt. Er geht durchaus chronisch vor, auch wenn manchmal ein etwas größerer Zeitsprung nach vorne vorkommt. Ansonsten gibt es kaum Abweichungen, was den Lesefluss bestärkt und den Leser nicht verwirrt.


VI. Robert Schneiders Sprachstil und Sprache
Er wirkt als Erzähler mehr als ein „alter“ Mann der seinen Enkeln Geschichten von früher erzählt. Dazu führt die Leichtigkeit mit der man den Roman lesen kann, aber auch diese immer wieder, mit Vorsicht bedachte, persönliche Anrede „wir“, die uns so vertraut scheint. Er greift sprachtechnisch relativ weit zurück und verwendet die Sprache der Epoche, vermutlich die des späten 19. Jahrhunderts. Der Musik nimmt er sich sehr genau an, und man merkt sofort, dass der Autor sich besonders auf die Orgelszene konzentriert hat und sein enormes Wissen über das Orgelspiel einbringt.

Sprache und Musik bilden den wahrscheinlich wichtigsten Part der Geschichte, doch beide sind gefährlich, denn es ist unschwer zu erkennen das die Eschberger Gesellschaft im Grunde nur an einem scheitert: Sprachlosigkeit. Es ist den Einwohnern, speziell den Aldern, unmöglich sich ihre Liebe einander einzugestehen. Der Erzähler beschreibt den Charakter der Eschberger als „Trotz“, gegenüber dem Leben und allem was damit zu tun hat. Es ist die Angst vor dem Zurückgewiesen werden, und der Enttäuschung. Das Leben ist schwer genug im Bergdorf, und so beschränken die Bewohner möglichst alles was mit Gefühlen zu tun hat auf ein Minimum. Auch Elias das Musikgenie bringt es nicht fertig sich Elsbeth zu öffnen und führt ihn am Ende sogar in den Tod. Die Musik hilft ihm zwar seine Liebe zum Ausdruck zu bringen, doch dies ist seine Sprache, die an Elsbeth vorbeigeht. Sprache, ein Werkzeug das man beherrschen muss, denn sie ist überlebenswichtig und unerlässlich.


VII. Gottesbild
Gott ist mächtig. Er straft, richtet und sieht alles. Die typische Auffassung von Gott zur damaligen Zeit sicher nicht unbeeinflusst von der Kirche selbst. So auch die Bewohner von Eschberg. Sie sind gläubig und fürchten Gott. Sie werden getauft, gehen jeden Sonntag in die Kirche, beten jeden Tag und hoffen ihr ganzes Leben lang von Gott in den Himmel aufgenommen zu werden.

Nicht so Elias. Er hinterfragt seinen Gott, fragt nach dem Warum?, fragt nach dem Wieso?. Dies geschieht aus Verzweiflung, denn er glaubt Gott sei für sein Aussehen, sein Talent, welches ihm mehr Kummer als Freude gebracht hat, und auch für die gescheiterte Liebe zu Elsbeth verantwortlich. „[...] weshalb mußtest Du das Elend, die Sünde und den Schmerz erschaffen? Weshalb weidest Du dich an meiner Trauer, an der Missgeburt meiner Augen, am Kummer meiner Liebe? [...]“ (S.143). Er beginnt Gott zu hassen, stellt sich gegen ihn, versucht dem Schlaf zu entrinnen, denn dieser ist zu nahe mit dem Tod verwandt, und damit auch zu nah mit Gott. Doch „Gott fürchtet den Elias“, er fürchtet seinen Zorn, seine Wut, und seinen Hass. Wieder zwei Kräfte die miteinander ringen, bis schließlich Gott sich abwendet und Elias stirbt.


VIII. Wunder, Erscheinungen, Gebete und Visionen
Als Wunder ist zweifelsohne die „Verwandlung“ des Elias auf dem wasserverschliffenen Stein festzustellen und zu erwähnen. Mit diesem Wunder nehmen die Dinge erst so richtig ihren Lauf. Hier beginnt der Leidensweg des Elias. Einerseits eine einmalige und großartige Gabe, andererseits geheimnisvoll und gefährlich, was ihn nicht nur zum Außenseiter sondern auch zu einem in gewissermaßen Angst einflößenden Menschen macht.

Als Erscheinung ist sicherlich die Begegnung mit Gott in der Kirche erwähnenswert. Elias findet in der Kirche ein Kind ohne Nabel, doch als er es zu berühren versucht zuckt es zurück, und seine Stigmata beginnen zu Bluten. Gott erschien ihm als Erscheinung bzw. Vision in der Gestalt des Jesus Christus.


IX. Schlaf und Tod
[...] denn im Schlaf sei man tot, jedenfalls lebe man nicht wirklich. Nicht von ungefähr vergliche ein altes Wort Schlaf und Tod mit Brüdern.[...](S.9) So beschreibt der Erzähler den Zusammenhang der Beiden Zustände. Elias erinnert sich immer wieder an das Gesagte des Wanderpredigers, wonach derjenige der schläft nicht lieben könne. Im Grunde richtig, denn ist man in beiden Fällen nicht im besitz des geistigen Bewusstseins, und damit auch zwangsweise nicht in der Lage bewusst zu lieben. Doch im Gegensatz zum Tod ist der Schlaf zeitlich begrenzt und das Unterbewusstsein arbeitet noch immer, sonst wären wir schließlich nicht in der Lage zu träumen. Außerdem dient ja der Schlaf zur Energiewiederaufbereitung und der Tod zur Auslöschung aller Vitalfunktionen des Körpers. Und dies wird Dem Elias ja am Ende auch zum Verhängnis als er versucht sich dem Schlaf zu entziehen.


X. Auswirkung der Musik auf Zuhörer
Seine Musik bewegt die Massen, die kleinen ebenso wie die großen. In der Eschberger Kirche bewirkt seine Musik bei dem weiblichen Geschlecht erotische und aufbrausende Gefühle und stört somit die Andacht. Im Feldberger Dom verbreitet sein Spiel Euphorie, Jubel und Freude. Egal wo er musiziert, bewegt er die Menschen, auch wenn er sein Ziel, nämlich seine Liebe Elsbeth zu offenbaren, dadurch nicht erreicht.


XI. Aufbau des Romans
204 Seiten, aufgeteilt auf 19 Kapitel, beinhaltet „Schlafes Bruder“, dieser wirklich erstklassig und vielfach prämierte Roman Schneiders. Weiters ist zu erwähnen das der Roman keinerlei Vorwort und auch keinen sichtlich hervorgehobenen Epilog enthält. Die wahre Geschichte beginnt außerdem erst richtig mit dem viertem Kapitel, Elias’ Geburt. Zu Beginn gibt der Erzähler eine Kurzzusammenfassung und am Ende, im achtzehnten Kapitel noch einen kleinen Ausblick auf die folgenden Ereignisse nach Elias’ Tod. Ansonsten ist der Roman klar gegliedert, übersichtlich und nicht allzu schwierig was das Sprachverständnis, welches der Leser aufbringen muss, betrifft.

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