Dem toten Gatten von Louise Otto-Peters
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Aus Deinem Kerker klangen mir einst Lieder |
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Voll Liebeslust und wollten mich bereden, |
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Selbst hinter Eisengittern sei ein Eden, |
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Weil ich Dir Rosen warf durch sie hernieder. |
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Als endlich wurde Dir die Freiheit wieder, |
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Da ward ein Paradies von uns betreten, |
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In dem der Liebe holde Geister wehten, |
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Vereinigt klangen unsre Jubellieder. |
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Vereinigt dienten wir des Hauses Laren, |
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In süßer Liebe und im heil’gen Streben |
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Vereinigt auch für eine Welt zu leben. |
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Wie wir im Unglück treu geblieben waren |
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Dem Schwur: der Freiheit Fahne zu entfalten, |
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So haben wir ihn auch im Glück gehalten. |
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II. |
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Noch einmal sprangen auf die Kerkerpforten, |
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Die um den freisten Geist sich einst geschlossen, |
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Zu neuer Freiheit führen neue Sprossen – |
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Und „Sterben“ heißt es mit den Alltags-Worten. |
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So wie ein Wintersturm aus kaltem Norden |
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Den Blumen naht mit tötenden Geschossen, |
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So kam der Tod, das Glück, das wir genossen, |
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Mit einem einz’gen Schlage hinzumorden. |
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Jetzt bist Du frei und jetzt bin ich gefangen, |
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Gefangen noch, allein auf öder Erde, |
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Die Du verließt, mein herlicher Gefährte! |
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Und möcht’ ich Dir wie einst am Herzen hangen, |
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Mit Blumen schmücken Deine kahle Zelle, |
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So leg ich sie auf Deines Grabes Schwelle. |
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III. |
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Du hast im Kerker nicht den Mut verloren, |
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Du wußtest es, daß Gott mit Dir geblieben, |
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Mir und der Freiheit galt Dein freudig Lieben, |
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Der Völkerfreiheit, der Du Dich verschworen. |
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Wir fühlten für einander uns geboren |
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Und hatten uns der Ewigkeit verschrieben – |
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Mich hat kein Kerker, hat kein Grab vertrieben, |
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Steh’ ich auch weinend jetzt an seinen Thoren. |
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Mit Schwert und Leyer standest Du im Leben, |
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Im Dienst der Freiheit, bist in ihm gestorben |
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Und hast des Helden Lorberkranz erworben. |
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Und ruht das Schwert – die Leyer kann ich heben, |
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Am Grabe selbst steh ich erinnrungstrunken, |
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Denn unsre Lieb’ ist nicht in ihm versunken! |
Details zum Gedicht „Dem toten Gatten“
Louise Otto-Peters
14
44
299
1860-1870
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Dem toten Gatten“ wurde von Louise Otto-Peters (1819-1895) verfasst. Sie war eine der bekanntesten Vertreterinnen der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert und trat auch als Schriftstellerin hervor.
Der erste Eindruck des Gedichts ist von tiefer Melancholie und Trauer, aber auch von Bewunderung und Liebe geprägt. Es ist deutlich, dass das lyrische Ich eine starke Bindung zu der verstorbene Person, dem „toten Gatten“, empfand.
Das Gedicht erzählt die Liebesgeschichte des lyrischen Ichs und des verstorbenen Gatten. Zunächst wird geschildert, wie sie sich kennenlernten, als er inhaftiert war („Deinem Kerker klangen mir einst Lieder“). Sie fühlten sich trotz des Eisengitters zueinander hingezogen und fanden ihr „Eden“ in ihrer Liebe zueinander. Ihre gemeinsame Glückseligkeit findet eine Fortsetzung, als der Gatte aus dem Gefängnis entlassen wird („wurde Dir die Freiheit wieder“). Sie schworen, die Fahne der Freiheit zu entfalten, was vielleicht auf politisches Engagement oder allgemein einen gemeinsamen Kampf für eine bessere Welt hindeutet. Ihre Freude wird jedoch durch den Tod des Gatten zerstört („Noch einmal sprangen auf die Kerkerpforten“). Jetzt ist das lyrische Ich allein und fühlt sich als Gefangene auf der „öden Erde“. Sie bringt Blumen zu seinem Grab und erinnert sich an den Mut und die Hingabe des Gatten für die Freiheit und ihr gemeinsames Leben.
Die Form des Gedichts besteht aus 14 Strophen. Die ersten fünf Strophen bestehen aus vier Versen und die anschließenden Strophen aus drei Versen. Es gibt keine durchgehende Reimstruktur, was das freie und ungebundene Thema von Freiheit und Liebe unterstreicht. Die Sprache des Gedichts ist einfach und klar, aber gleichzeitig auch emotional und bildhaft. Metaphern und Symbolik werden genutzt, um tiefe Gefühle und Gedanken auszudrücken. Der Kerkeraufenthalt wird zum Beispiel als Zeichen für Unterdrückung und die Rosen, die das lyrische Ich durch die Eisengitter wirft, symbolisieren Liebe und Hoffnung.
Insgesamt handelt es sich bei „Dem toten Gatten“ um ein gefühlvolles, trauriges, aber auch kraftvolles Gedicht, das den gemeinsamen Kampf zweier Personen für Freiheit und Liebe hervorhebt und die tiefe Trauer und Bewunderung des lyrischen Ichs für den verstorbenen Gatten zum Ausdruck bringt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Dem toten Gatten“ der Autorin Louise Otto-Peters. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Im Jahr 1870 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 299 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 14 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „An Alfred Meißner“, „An August Peters“ und „An Byron“. Zur Autorin des Gedichtes „Dem toten Gatten“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 106 Gedichte vor.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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