Delphine von Rainer Maria Rilke

Jene Wirklichen, die ihrem Gleichen
überall zu wachsen und zu wohnen
gaben, fühlten an verwandten Zeichen
Gleiche in den aufgelösten Reichen,
die der Gott, mit triefenden Tritonen,
überströmt bisweilen übersteigt;
denn da hatte sich das Tier gezeigt:
anders als die stumme, stumpfgemute
Zucht der Fische, Blut von ihrem Blute
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und von fern dem Menschlichen geneigt.
 
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Eine Schar kam, die sich überschlug,
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froh, als fühlte sie die Fluten glänzend:
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Warme, Zugetane, deren Zug
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wie mit Zuversicht die Fahrt bekränzend,
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leichtgebunden um den runden Bug
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wie um einer Vase Rumpf und Rundung,
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selig, sorglos, sicher vor Verwundung,
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aufgerichtet, hingerissen, rauschend
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und im Tauchen mit den Wellen tauschend
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die Trireme heiter weitertrug.
 
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Und der Schiffer nahm den neugewährten
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Freund in seine einsame Gefahr
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und ersann für ihn, für den Gefährten,
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dankbar eine Welt und hielt für wahr,
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daß er Töne liebte, Götter, Gärten
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und das tiefe, stille Sternenjahr.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Delphine“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
26
Anzahl Wörter
145
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Delphine“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte und somit dem Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert zugeordnet wird. Rilke gehört zu den bedeutendsten lyrischen Stimmen der deutschsprachigen Literatur, bekannt für seine symbolreiche und philosophische Lyrik.

Das Gedicht erweckt auf den ersten Blick einen mythischen Eindruck. Es entführt in eine Zeit, in der Götter, Menschen und Tiere noch verbunden waren - eine Verschmelzung von klassischer Mythologie, Realität und persönlicher Vorstellungskraft.

Vom Inhalt her beschreibt Rilke im ersten Teil des Gedichts den Delphin als eine Art Bindeglied über die Welten hinweg - er lässt diese Tiere mit Göttern und Menschen verkehren und hebt ihre Einzigartigkeit hervor. Im zweiten Teil werden Delphine als frohe und sichere Begleiter eines Schiffes beschrieben, die dieses freudig begleiten und schützen. In der letzten Strophe nimmt der Mensch dann den Delphin als Freund und Gefährten an.

Rilke will vermutlich ausdrücken, dass jeder Teil der Natur seinen festen Platz hat und dass wir Menschen uns der Natur zugehörig fühlen sollten. Mit dem positiven Bild des Delphins könnte er die harmonische Verbindung zwischen Mensch und Natur symbolisieren wollen.

In Bezug auf die Form fällt auf, dass die Struktur des Gedichts in drei Strophen unterteilt ist, jedoch gibt es keinen Reim. Die Sprachwahl ist vielschichtig und enthält viele Bilder und Metaphern, die beim Leser unterschiedliche Assoziationen hervorrufen können. Trotz der komplexen Syntax lässt sich eine gewisse Rhythmik erkennen, die das lyrische Flair des Gedichts unterstützt.

Rilkes Gedicht lässt sich als eine Hommage an die Natur und insbesondere die Delphine lesen, die hier als Symbole für Freiheit, Harmonie und friedlicher Koexistenz dargestellt werden. Durch seine poetische Sprache und spannende Bilderreihen erzeugt der Dichter eine nachhaltige Wirkung und lädt den Leser ein, sich auf eine Gedankenreise zu begeben.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Delphine“. Im Jahr 1875 wurde Rilke in Prag geboren. 1918 ist das Gedicht entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 26 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 145 Worte. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Absaloms Abfall“, „Adam“ und „Advent“. Zum Autor des Gedichtes „Delphine“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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