Das macht er mir nicht weiß von Christian Felix Weiße

Lykas, zitternd mit der Brille,
Küßt Belinden, sie hält stille,
Und wird seines Goldes Preiß:
Daß er sich durch Liebkosungen
Ihre Hand, ihr Herz errungen,
Nein, das macht er mir nicht weiß.
 
Gestern scherzt ich mit Nerinen,
Trotz der alten Modeminen
Sah sie ziemlich roth und weiß:
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Doch daß sie vom Schlaf erwachet,
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Gleich so frühlingsmäßig lachet,
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Nein, das macht sie mir nicht weiß.
 
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Mops will keine Schwäger nähren,
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Und macht seiner Frau, Neären,
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Oft darum die Hölle heiß:
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Er kauft ihr die frömmsten Bücher,
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Schließt sie ein, und glaubt sich sicher:
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Doch mir macht er es nicht weiß.
 
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Ueber den Verfall der Tugend
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Schreyt Beatrix, da die Jugend,
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Was sonst Mütter lernten, weiß.
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Daß stets Singen, Beten, Lesen
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Einst ihr Zeitvertreib gewesen,
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Nein, das macht sie mir nicht weiß.
 
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Keinen von den Freyern allen
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Läßt Themire sich gefallen,
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Sie kennt ihrer Schönheit Preis:
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Eingebildet will sie sterben,
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Wenn nicht Grafen um sie werben;
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Mir nur macht sie es nicht weiß.
 
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Meine reitzende Selinde,
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Mit der ich mich ietzt verbinde,
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Ist für andre kalt wie Eis.
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Daß sie einzig für mich brennet,
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Außer mir kein Glücke kennet,
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Dies macht sie mir doch wohl weiß.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Das macht er mir nicht weiß“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
194
Entstehungsjahr
1758
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht wurde von Christian Felix Weiße verfasst, einem deutschen Dichter, Übersetzer und Herausgeber, der im Zeitalter der Aufklärung lebte. Weiße ist bekannt dafür, Kinderliteratur sowie das Kindertheater in Deutschland maßgeblich beeinflusst zu haben.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass es eher humorvoll und ironisch scheint. Es scheint, dass das lyrische Ich sich über verschiedene Personen und ihre Absichten oder Verhaltensweisen lustig macht.

Inhaltlich lässt sich zusammenfassen, dass das lyrische Ich in jeder Strophe unterschiedliche Situationen und Personen schildert, von denen es nicht überzeugt zu sein scheint. In der ersten Strophe zum Beispiel, werden Lykas und Belinden erwähnt. Lykas scheint durch sein Gold bei Belinden punkten zu können, doch das lyrische Ich stellt dies infrage. In den nachfolgenden Strophen werden weitere ähnliche Szenarien geschildert. In der sechsten und letzten Strophe jedoch wendet sich das Blatt. Dort spricht das lyrische Ich von seiner Liebe zu Selinde, die offenbar seine Gefühle erwidert.

In Bezug auf Form und Sprache des Gedichts ist eines der auffälligsten Merkmale die Wiederholung des Refrains „das macht er/sie mir nicht weiß“ in jeder Strophe. Darin liegt auch die Bedeutung des Gedichttitels. Diese Wiederholung unterstreicht das Misstrauen und die Skepsis gegenüber den Schilderungen der anderen Personen. Weiterhin fallen die vergleichsweise einfachen und direkten Sprachbilder auf, wie etwa das „zitternde“ von Lykas und das „roth und weiß“ von Nerine.

Insgesamt könnte man das Gedicht als eine Art Gesellschaftskritik interpretieren, in der Weiße menschliches Verhalten und Scheinheiligkeit aufs Korn nimmt. Er nutzt dafür humorvolle und ironische Sprache, was das Gedicht trotz seines kritischen Untertons unterhaltsam und ansprechend macht. Gleichzeitig zeichnet er mit der letzten Strophe ein Bild von aufrichtiger und echter Liebe, im Gegensatz zu den vorhergehenden uneigennützigen Schilderungen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das macht er mir nicht weiß“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Christian Felix Weiße. Geboren wurde Weiße im Jahr 1726 in Annaberg. Das Gedicht ist im Jahr 1758 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Aufklärung zu. Weiße ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 194 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Gedichte „Cephalus und Aurore“, „Chloe“ und „Chloe im Bade“ sind weitere Werke des Autors Christian Felix Weiße. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das macht er mir nicht weiß“ weitere 100 Gedichte vor.

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