Das ist das Haus am schwarzen Moor. von Georg Weerth

Lieder aus Lancashire

Das ist das Haus am schwarzen Moor,
Wer dort im letzten Winter fror,
Der friert dort nicht in diesem Jahr –
Er sank schon längst auf die Totenbahr’.
 
Das ist das Haus am schwarzen Moor,
Das Haus, wo der alte Jan erfror.
Zur Thür gewandt das weiße Gesicht,
Starb er und wußt’ es selber nicht.
 
Er starb. – Da kam, wie ein scheues Reh,
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Der Tag und hüpfte über den Schnee.
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„Guten Morgen Jan! Guten Morgen Jan!“ –
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Der Jan keine Antwort geben kann.
 
13 
Da erhuben die Glocken ihr hell Geläut;
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Sie sangen und klangen und riefen so weit:
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„Guten Morgen Jan! Guten Morgen Jan!“ –
16 
Der Jan keine Antwort geben kann.
 
17 
Da kamen die Kinder aus der Stadt:
18 
„Wir wissen, wie lieb er uns alle hat;
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„Guten Morgen Jan! Guten Morgen Jan!“ –
20 
Der Jan keine Antwort geben kann.
 
21 
Tag, Glocken und Kinder er nicht verstund.
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Da nahte die sonnige Mittagstund’,
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Da nahte ein armes Weib: „Mein Jan,
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„Willst essen und trinken nicht, alter Mann?“
 
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„Sieh, was ich brachte Dir aus der Stadt;
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„Sollst froh nun werden und warm und satt!“ –
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Die Alte sah lange auf ihren Jan,
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Da fing sie bitter zu weinen an.
 
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Da weinte sie an dem schwarzen Moor,
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Am Moor, wo der alte Jan erfror;
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Da weinte sie ihr brennend Weh
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Hinunter in den kalten Schnee.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Das ist das Haus am schwarzen Moor.“

Autor
Georg Weerth
Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
216
Entstehungsjahr
nach 1838
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das ist das Haus am schwarzen Moor“ wurde von Georg Weerth verfasst. Weerth lebte von 1822 bis 1856 und war also ein Vertreter der Epoche des Vormärz und der Literaturbewegung Junges Deutschland. Charakteristisch für diese Epoche war eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, insbesondere sozialen Missständen.

Beim ersten Lesen fällt die düstere, melancholische Stimmung des Gedichts auf, die durch die wiederholten Bezüge auf Tod und Kälte erzeugt wird. Der Inhalt dreht sich um den alten Mann Jan, der in einem Haus am schwarzen Moor in der Winterkälte erfroren ist. Verschiedene Protagonisten des Gedichts, wie der Tag, die Glocken und die Kinder, versuchen mit Jan zu interagieren, erhalten aber keine Antwort. Letztlich kommt eine alte Frau zu ihm, die erst realisiert, dass er tot ist und zu weinen beginnt.

Das lyrische Ich, wahrscheinlich ein Erzähler oder Beobachter, möchte auf den tragischen Tod Jans und die Konsequenzen seiner Einsamkeit und Armut aufmerksam machen. Dafür nutzt es stilistische Mittel wie Wiederholungen („Guten Morgen, Jan“) und symbolische Elemente (schwarzes Moor, kalter Schnee), um die bedrückende Atmosphäre zu intensivieren und beim Leser starke Emotionen auszulösen.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus acht Strophen, jeweils mit vier Versen. Es hat keinen Reim, sondern scheint in Versen freien Metrums geschrieben zu sein. Es hat ein durchgehendes Metrum, wobei der Rhythmus größtenteils vom Taktschema bestimmt wird. Die Sprache ist einfach und somit gut verständlich, jedoch gleichzeitig sehr bildhaft. Die wiederholten Alliterationen wie „schwarzen Moor“ oder „kalten Schnee“ tragen zur Verdichtung der Atmosphäre bei. Insgesamt lässt das Gedicht den Leser die Kälte und Einsamkeit des alten Jan sowie die Trauer um seinen Tod intensiv spüren. Dadurch zeigt es die harte Realität der Menschen, die in Armut und sozialer Isolierung leben, und regt zur Reflexion und zum Mitgefühl an.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das ist das Haus am schwarzen Moor.“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Georg Weerth. Im Jahr 1822 wurde Weerth in Detmold geboren. In der Zeit von 1838 bis 1856 ist das Gedicht entstanden. Zürich ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei Weerth handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 216 Worte. Weitere Werke des Dichters Georg Weerth sind „Die Industrie.“, „Die hundert Männer von Haswell.“ und „Die rheinischen Weinbauern.“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das ist das Haus am schwarzen Moor.“ weitere 12 Gedichte vor.

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