Sommermorgen von Marie von Ebner-Eschenbach

Auf Bergeshöhen schneebedeckt,
Auf grünen Hügeln weitgestreckt
Erglänzt die Morgensonne;
Die tauerfrischten Zweige hebt
Der junge Buchenwald und bebt
Und bebt in Daseinswonne.
 
Es stürzt in ungestümer Lust
Herab aus dunkler Felsenbrust
Der Gießbach mit Getose,
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Und blühend Leben weckt sein Hauch
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Im stolzen Baum, im niedren Strauch,
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In jedem zarten Moose.
 
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Und drüben wo die Wiese liegt,
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Im Blütenschmuck, da schwirrt und fliegt
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Der Mücken Schwarm und Immen.
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Wie sich's im hohen Grase regt
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Und froh geschäftig sich bewegt,
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Und summt mit feinen Stimmen.
 
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Es steigt die junge Lerche frei
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Empor gleich einem Jubelschrei
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Im Wirbel ihrer Lieder.
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Im nahen Holz der Kuckuck ruft,
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Die Amsel segelt durch die Luft
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Auf goldenem Gefieder.
 
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O Welt voll Glanz und Sonnenschein,
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O rastlos Werden, holdes Sein,
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O höchsten Reichtums Fülle!
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Und dennoch, ach - vergänglich nur
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Und todgeweiht, und die Natur
30 
Ist Schmerz in Schönheitshülle.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Sommermorgen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
144
Entstehungsjahr
1830 - 1916
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sommermorgen“ wurde von Marie von Ebner-Eschenbach geschrieben, einer bekannten österreichischen Schriftstellerin, die von 1830 bis 1916 lebte. Ebner-Eschenbach gehört zur Epoche des literarischen Realismus, der von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts andauerte.

Auf den ersten Blick fängt das Gedicht die prachtvolle Landschaft und die Freude des Sommers ein. Es beschreibt eine Zeit des Aufblühens, der Bewegung und der Schönheit. Die Natur wird fast als ein Wesen behandelt, das voller Leben und Energie ist.

Inhaltlich illustriert das lyrische Ich die Freuden und Schönheit der Sommermorgenlandschaft. Es beginnt mit der Betrachtung der schneebedeckten Bergeshöhen, die im Licht der Morgensonne glöhen, und dem grünen, taufrischen Buchenwald. Dann lenkt die Aufmerksamkeit auf einen stürmischen Fluss, der Leben erweckt „im stolzen Baum, im niedren Strauch, in jedem zarten Moose.“ Wir hören von einer Wiese, auf der Mücken und Bienen summen, und von Vögeln, die frei in der Luft segeln. Allerdings endet das Gedicht mit einer melancholischen Wendung, da das lyrische Ich die Vergänglichkeit dieser schönsten Momente der Natur bedauert.

In Bezug auf die Form und die Sprache ist das Gedicht klares Zeugnis für das Können von Ebner-Eschenbach: Es ist sorgfältig strukturiert, mit fünf gleich langen sechszeiligen Strophen. Die Reime sind klar und melodisch, was zum allgemeinen lebendigen und frohen Ton des Werks beiträgt. Das sprachliche Bild, das die Dichterin zeichnet, ist detailreich und anschaulich, was den Leser scheinbar in die sommerliche Szene hineinversetzen kann. Der Stil ist typisch für den Realismus, eine Zeit, in der Schriftsteller bemüht waren, die Realität so genau und authentisch wie möglich darzustellen.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Sommermorgen“ um ein Gedicht, das einerseits die Schönheit und Frische des Sommers, die Freude am Leben und das Aufblühen der Natur feiert, andererseits jedoch auch die Vergänglichkeit dieser Momentaufnahmen bedauert. Es ist ein lyrisches Werk, das die Widersprüche und Gegensätze des Lebens einfängt: Die Freude am Sein und die Melancholie der Endlichkeit.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Sommermorgen“ ist Marie von Ebner-Eschenbach. Geboren wurde Ebner-Eschenbach im Jahr 1830 . Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1846 und 1916. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Die Schriftstellerin Ebner-Eschenbach ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 144 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Die Gedichte „Grabschrift“, „Einschlafen“ und „Lebenszweck“ sind weitere Werke der Autorin Marie von Ebner-Eschenbach. Zur Autorin des Gedichtes „Sommermorgen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 17 Gedichte veröffentlicht.

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