Sie bereitet sich zu seiner Geburt von Angelus Silesius

1
Streuet mit Palmen, ihr Schäfer und Hirten,
Bereitet und schmücket aufs schönste die Bahn.
Traget zusammen Oliven und Myrten,
Denn Jesus, der ewige Friedfürst, kommt an.
 
2
Lasset uns munter sein, warten und wachen,
Es schlafe ja keiner vor Trägheit nicht ein.
Lasset uns alles aufs herrlichste machen,
10 
Gewißlich er kann nun nicht ferne mehr sein.
 
11 
3
12 
Schmücket die Lampen und macht sie recht lichte,
13 
Eröffnet zu euerem Herzen die Tür.
14 
Denket auf allerlei schöne Gedichte
15 
Und tretet mit Freuden und Jubel herfür.
 
16 
4
17 
Jesu, du Hoffnung der heilig Verliebten,
18 
Du Sonne der Ewigkeit, brich doch herfür.
19 
Tröstlicher Bräutgam der geistlich Betrübten,
20 
Komm, komm doch, wir sehnen uns herzlich nach dir.
 
21 
5
22 
Werde geboren, du Heiland der Erden,
23 
Du Herrscher des Himmels, du Schöpfer der Welt.
24 
Sonsten kann keiner den Banden entwerden,
25 
Mit welchen der Feind uns bestrickt und gefällt.
 
26 
6
27 
Träufelt, ihr Himmel, und gebt uns im Regen
28 
Den Herrn der Gerechtigkeit, unsere Zier.
29 
Öffne dich, Erde, mit neuem Bewegen
30 
Und bring uns den Heiland der Menschen herfür.
 
31 
7
32 
Eia mein König, Erlöser und Leben,
33 
Mein Schutzherr, mein Bräutigam und alle mein Gut!
34 
Komm nur, ich will mich dir ewig ergeben
35 
Und opfern mein Herze mit Geist und mit Blut.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Sie bereitet sich zu seiner Geburt“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
195
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht stammt von dem barocken Dichter Angelus Silesius, der von 1624 bis 1677 in Schlesien lebte. Das Gedicht wurde also in der Barockzeit geschrieben, einer Ära, die durch einen starken Fokus auf Spiritualität und Transzendenz gekennzeichnet war.

Der erste Eindruck, den das Gedicht erzeugt, ist ein Gefühl der Aufregung und Vorbereitung. Das lyrische Ich fordert die Gemeinschaft auf, sich auf die Ankunft Jesu, des „ewigen Friedensfürsten“, vorzubereiten, was auf eine Bibelgeschichte hinweist - möglicherweise auf die Ankündigung seiner Geburt oder seine triumphale Rückkehr nach Jerusalem.

Die einzelnen Strophen beschreiben verschiedene Aspekte der Vorbereitung auf die Ankunft Jesu. Es wird zu Aktivitäten wie Wachen, das Schmücken der Lampen, das Schreiben schöner Gedichte und der sinnbildlichen Öffnung des Herzens aufgerufen, die alle metaphorisch darauf hindeuten, dass die Gemeinschaft sich innerlich auf die spirituelle Ankunft Jesu vorbereiten soll. Das lyrische Ich drückt zudem eine tiefe Sehnsucht nach Jesus als Erlöser, Unterstützer und Bräutigam der Gläubigen aus. Es vermittelt die Botschaft, dass ohne Jesus weder individuelle noch kollektive Erlösung von den Fesseln der Sünde möglich ist.

Formal besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen. Es folgt kein erkennbares Reimschema, allerdings ist das Metrum im gesamten Text recht konsistent. Die Sprache ist gehoben und formal, was der ernsten und hoheitsvollen Natur des Themas angemessen ist. Die wiederholte Personifikation Jesu als Bräutigam, König und Herrscher trägt dazu bei, eine tiefe emotionale Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und der göttlichen Figur zu erzeugen.

Insgesamt ist das Gedicht eine feierliche und eindringliche Aufforderung zur geistigen Vorbereitung auf die Ankunft Jesu. Es drückt den tiefen Glauben und die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach geistiger Erneuerung und Verbindung mit dem Göttlichen aus.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Sie bereitet sich zu seiner Geburt“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Angelus Silesius. Silesius wurde im Jahr 1624 in Breslau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1640 und 1677. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Silesius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Das Wort Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet so viel wie „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock im Sinne eines Adjektivs wurde zunächst abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Epochenbezeichnung setzte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch und gibt der Literaturepoche zwischen 1600 und 1720 den Namen. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hat die Literaturepoche des Barocks in hohem Maße geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von unvorstellbarem Ausmaß. Die Bevölkerung litt unter den Kämpfen, Hungersnöten, aber vor allem unter der Pest, an der viele Menschen starben. Die Bevölkerungszahl in Deutschland ging um etwa ein Drittel zurück. Die Autoren im Barock thematisierten die Gegensätze in fast allen Lebensbereichen. Das bezeichnet man auch als Antithetik. Inhaltlich folgten die Autoren der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Mittelpunkt – etwa Diesseits und Jenseits, Schein und Sein oder Blüte und Verfall. In der Dichtung des Barocks trat die deutsche an die Stelle der lateinischen Sprache, welche die Sprache der populärsten deutschen Lyriker im 16. Jahrhundert gewesen war. Dessen ungeachtet war weiterhin die Elite Träger der Literatur. Zu den bekanntesten Schriftstellern des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Paul Fleming und Caspar Ziegler.

Das 195 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Die Gedichte „Das Vieh lebt nach den Sinnen“, „Die Gliedmaßen der Seelen“ und „Du mußt geübt werden“ sind weitere Werke des Autors Angelus Silesius. Zum Autor des Gedichtes „Sie bereitet sich zu seiner Geburt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1832 Gedichte vor.

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