Die Psyche dürstet nach dem Wasser des Herzens Jesu von Angelus Silesius

1
Wie ein Hirsch zur dürren Zeit
Nach dem frischen Wasser schreit,
Also schreiet auch mit Schmerzen
Nach dem Wasser deines Herzen,
Jesu, meine matte Seel
In der dürren Leibeshöhl.
 
2
Ach, wer gibet mir zur Stund,
10 
Daß ich meiner Seelen Mund
11 
An dein offne Brust ansetze
12 
Und mich da erquick und letze!
13 
Ach, wer führet mich zu dir,
14 
Oder aber dich zu mir!
 
15 
3
16 
Ach, wie süß ist dein Geschmack,
17 
Wohl dem, der ihn kosten mag!
18 
Ach wie lauter, rein und helle
19 
Ist dein Ausfluß, deine Quelle!
20 
Ach wie voller Trost und Lust
21 
Spritzet deine milde Brust.
 
22 
4
23 
Dein Geruch ist über Wein,
24 
Macht die Engel trunken sein.
25 
Er erfreuet die Betrübten,
26 
Er vergnüget die Verliebten,
27 
Ja, du gleichst dich einem Strom,
28 
Wäschst die Herzen rein und fromm.
 
29 
5
30 
Ei, so fließ doch schleuniglich
31 
In mein Herz und tränke mich!
32 
Fließ herein, auf daß ich trinke
33 
Und mit dir in Gott versinke,
34 
Da ich bis in Ewigkeit
35 
Schmecke deine Süßigkeit.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Psyche dürstet nach dem Wasser des Herzens Jesu“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
156
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Autor des Gedichts „Die Psyche dürstet nach dem Wasser des Herzens Jesu“ ist Angelus Silesius, ein Mystiker und Dichter des Barock, geboren 1624 in Breslau, gestorben 1677.

Das Gedicht vermittelt dem Leser auf den ersten Eindruck das intensive Verlangen nach Nähe zu Gott, repräsentiert durch Jesus Christus. Der gesamte Text ist geprägt von Sehnsucht, Verlangen und intensiver emotionaler und spiritueller Erfahrung.

Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um das spirituelle Verlangen der dichterischen Stimme, das „lyrische Ich“, nach dem „Wasser des Herzens Jesu“, einem Bild für die erlösende und tröstende Liebe Gottes. Das lyrische Ich vergleicht dieses Verlangen mit dem eines dürstenden Hirsches, der nach frischem Wasser schreit. Es drückt seine Sehnsucht und seinen Wunsch aus, sich an die Brust Jesu zu legen und Erleichterung und Freude zu finden.

Die Sprache des Gedichts ist hoch emotional und reich an Bildern. Das Gedicht enthält viele Vergleiche und Metaphern, die auf das spirituelle Bedürfnis und den Wunsch nach göttlicher Präsenz hinweisen, wie zum Beispiel „Dein Geruch ist über Wein, Macht die Engel trunken sein.“ Die wiederholte Verwendung des Ausrufes „Ach“ verstärkt den emotionalen Ausdruck.

Die Form des Gedichts gilt als traditionell, mit einem regelmäßigen Rhythmus und Reimschema. Die Verse sind zu Quintetten zusammengefasst, was bedeutet, dass jeder Abschnitt aus fünf Versen besteht. Die Sprache ist typisch für die Barockzeit, in der metaphysische und religiöse Themen dominant waren.

Zusammenfassend handelt es sich bei diesem Gedicht um ein eindrucksvolles Beispiel für die Dichtung des Barocks, in der Silesius seine Sehnsucht nach Gott und seine intensive spirituelle Erfahrung ausdrückt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Psyche dürstet nach dem Wasser des Herzens Jesu“ des Autors Angelus Silesius. Im Jahr 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1640 bis 1677 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Silesius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Literaturepoche des Barocks, die sich im deutschen Sprachraum während und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entfaltete. Als Bezeichnung der Epoche wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hat die Epoche des Barocks in hohem Maße geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von einem Ausmaß, das kaum vorstellbar ist. Die Menschen litten unter den Kämpfen, Hungersnöten und besonders unter der Pest, an der eine Vielzahl von Menschen verstarb. Die Bevölkerung in Deutschland ging um etwa 30 Prozent zurück. Die Dichter im Barock behandelten die Gegensätze in fast allen Lebensbereichen. Das wird auch als Antithetik bezeichnet. Thematisch folgten die Dichter der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Vordergrund – etwa Jenseits und Diesseits, Schein und Sein oder Verfall und Blüte. In der Dichtung des Barocks trat das Deutsche an die Stelle des Lateinischen, welches die Sprache der wichtigsten deutschen Dichter im 16. Jahrhundert gewesen war. Dessen ungeachtet war auch weiterhin die Elite Träger der Literatur. Zu den berühmten Schriftstellern der Literatur des Barocks zählen beispielsweise: Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Paul Fleming, Caspar Ziegler, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau und Angelus Silesius.

Das 156 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Angelus Silesius ist auch der Autor für Gedichte wie „Vom Wissen“, „Vom Gewissen“ und „Der Allerverliebteste, der Allerheiligste“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Psyche dürstet nach dem Wasser des Herzens Jesu“ weitere 1832 Gedichte vor.

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