Sie ruft ihn in ihren Garten von Angelus Silesius

1
Komm, Liebster, komm in deinen Garten,
Auf daß die Früchte besser arten.
Komm in meines Herzens Schrein,
Komm, o Jesu, komm herein.
 
2
Komm, bring zurechte, was zerstreuet,
Und setz es ein, damits gedeihet.
Komm, du edler Gärtner, du,
10 
Richts nach deinem Willen zu.
 
11 
3
12 
Wenn du hereinkommst, wahre Sonne,
13 
So steht der Garten voller Wonne.
14 
Alle Blumen tun sich auf,
15 
Wenn sie spüren deinen Lauf.
 
16 
4
17 
Was vor verstockt war und erfrorn,
18 
Das lebt dann und ist neugeborn.
19 
Was verdorret war im Fluch,
20 
Gibet himmlischen Geruch.
 
21 
5
22 
Komm, laß deins Herzens Wasser springen
23 
Und durch des meinen Erde dringen.
24 
Deiner offnen Wunden Saft
25 
Gebe mir zum Grünen Kraft.
 
26 
6
27 
Dein Haupt von Dornen ganz zerrissen,
28 
Laß alles Blut herunter fließen.
29 
Deines Angesichtes Schweiß
30 
Mache mich zum Paradeis.
 
31 
7
32 
So werd ich schön und herrlich grünen
33 
Und dir zur Lust und Freude dienen,
34 
Und mein Herze wird so fein
35 
Dein gewünschter Garten sein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Sie ruft ihn in ihren Garten“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
147
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das zu interpretierende Gedicht ist „Sie ruft ihn in ihren Garten“ von dem Barock-Dichter Angelus Silesius, der zwischen 1624 und 1677 lebte. Der erste Eindruck des Gedichts ist fromm und spirituell, mit Bildern der Natur, die das geistliche Wachstum und die Transformation symbolisieren.

Der Inhalt des Gedichts konzentriert sich auf die Einladung des lyrischen Ichs an Jesus, in den „Garten“ seines Herzens einzutreten. Diese Einladung ist ein Gleichnis für die Bitte um göttliche Präsenz und Einfluss im eigenen Leben. Das lyrische Ich bittet Jesus um Heilung, Reinigung und Wachstum. Es wünscht sich eine Transformation hin zu einem Leben, das Gott ehrt und angenehm ist.

Durch das Gedicht hindurch macht das lyrische Ich deutlich, dass es diese tiefe spirituelle Verwandlung alleine nicht erreichen kann. Es ist auf die Hilfe und die Anwesenheit von Jesus angewiesen, den es als Gartenpfleger bezeichnet. Dabei steht der Garten für das Herz und das Leben des lyrischen Ichs.

Die Form des Gedichts ist in 7 vierzeilige Strophen gegliedert. Jede Strophe hat einen gezielten Fokus, der zur Gesamtbedeutung des Gedichts beiträgt. Die letzte Strophe ist dabei das abschließende Gebet des lyrischen Ichs. Sprachlich ist das Gedicht in einem einfachen und klaren Reim gehalten, was der Botschaft des Gedichts Klarheit und Zugänglichkeit verleiht. Es ist somit ein Ausdruck der direkten Annäherung des lyrischen Ichs an Gott, ohne viel sprachliches Beiwerk.

Bei der Analyse der Form fällt zudem der durchgängige Paarreim auf. Durch ihn entsteht eine angenehme Lesefluss, der den beschwörenden Ton des Gedichts unterstützt. Der wiederholte Gebrauch des Imperativs ('Komm'), besonders in den Anfangsversen, macht die dringende Sehnsucht des lyrischen Ichs nach göttlicher Gegenwart deutlich.

Das Gedicht reflektiert in seiner Sprache und Form die geistliche Diskussion der Barockepoche und bietet ein tiefsinniges Gleichnis für die persönliche geistliche Transformation. Es zeigt die menschliche Sehnsucht nach der Nähe Gottes und die Kraft der Veränderung durch die göttliche Präsenz.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Sie ruft ihn in ihren Garten“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Angelus Silesius. 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1640 bis 1677 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Silesius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Literaturepoche des Barocks, die sich in Deutschland während und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entfaltete. Als Bezeichnung der Epoche wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte ein besonders prägendes Ereignis dar. Auch die Pest übte einen starken Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Literatur in der Epoche des Barock ist stark beeinflusst von der Antithetik. Das heißt, die Menschen der damaligen Zeit nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut geprägt. An den Fürstenhöfen herrschten Luxus und Verschwendung. In der Barockliteratur löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Im Barock war der größte Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man dichtete bei Hofe als Fürstenhuldigung oder zur gehobenen Unterhaltung. Für die wohlhabende Bevölkerung schrieben Dichter für Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten. Die Dichtung des Barocks wird daher auch Gesellschaftsdichtung genannt.

Das 147 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere Werke des Dichters Angelus Silesius sind „Gott ist mein Himmelbrot“, „Des Weisen Goldmachung“ und „Vom Wissen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sie ruft ihn in ihren Garten“ weitere 1832 Gedichte vor.

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