Sie verwundert sich über der Liebe im heiligen Sakrament erzeigt von Angelus Silesius

1
Du Wunderbrot, du wahrer Gott,
Wer kann die Lieb ermessen,
Daß du dich hier selbst gibest mir,
Mit Leib und Seel zu essen.
 
2
Kein Cherubin, kein Seraphin
Kann je dazu gelangen,
Und ich soll dich wahrhaftiglich
10 
Mit meinem Mund empfangen.
 
11 
3
12 
O große Gnad, o Wundertat!
13 
O Neigung, hoch zu schätzen!
14 
Was bin denn ich, daß du Herr, dich
15 
Bei mir denkst zu ergötzen?
 
16 
4
17 
Du hast mich zwar geschaffen gar
18 
Zu deinem Ebenbilde;
19 
Doch weiß ich nicht, wie's mir geschicht,
20 
Daß ich dich seh so milde?
 
21 
5
22 
O Jesu Christ, wie groß du bist,
23 
So groß sind auch die Flammen,
24 
Die deine Lieb aus heißem Trieb
25 
Trägt über mich zusammen.
 
26 
6
27 
Ich sag dir Dank mit Lobgesang,
28 
Ich preise deine Güte
29 
Für solche Huld ohn alle Schuld,
30 
Du liebliches Gemüte.
 
31 
7
32 
Ich ruf dich an, so sehr ich kann,
33 
O Geber und auch Gabe.
34 
Gib mir, daß ich dich würdiglich
35 
In meinem Herzen habe.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.8 KB)

Details zum Gedicht „Sie verwundert sich über der Liebe im heiligen Sakrament erzeigt“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
150
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Angelus Silesius, einem bedeutenden Dichter der Barockzeit. Angelus Silesius, der mit bürgerlichem Namen Johannes Scheffler hieß, wurde am 25. Dezember 1624 in Breslau getauft und starb am 9. Juli 1677. Silesius konnte sich mit seinen sprachgewaltigen und tiefsinnigen Versen einen Namen in der deutschen Literaturgeschichte machen.

Das Gedicht vermittelt auf den ersten Blick ein starkes Gefühl von Demut, Ehrfurcht und Hingabe. Der kontemplative Charakter und die religiöse Symbolik, die das Gedicht prägen, sind charakteristisch für die Lyrik im Barock.

Im Inhalt des Gedichts steht zentral die Liebe Gottes zu den Menschen, die das lyrische Ich mit staunender Dankbarkeit und tiefer Ehrfurcht betrachtet. Das lyrische Ich stellt fest, wie unergründlich und unermesslich diese Liebe ist, indem Gott sich selbst in Form von Brot und Wein im Abendmahl den Menschen schenkt. Dabei fragt sich das lyrische Ich in Demut und Verwunderung, warum gerade es in den Genuss dieser grenzenlosen Liebe kommen darf.

Form und Sprache des Gedichts sind stark von der religiösen Symbolik geprägt und geprägt von der lyrischen Tradition der Barockzeit. Jede der sieben Strophen besteht aus vier Versen mit abwechselnd männlicher und weiblicher Kadenz. Die Sprache ist geprägt von einem biblischen und sakralen Vokabular, wobei neben den konkreten religiösen Anspielungen auch Metaphern und Bilder genutzt werden, um die Tiefe der göttlichen Liebe und die Demut des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen.

Insgesamt ist dieses Gedicht ein eindrucksvolles Beispiel für das religiös geprägte Denken und Fühlen der Barockzeit und verdeutlicht in eindringlicher Weise die tiefe Ehrfurcht und Dankbarkeit, die das lyrische Ich angesichts der unermesslichen Liebe Gottes empfindet.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sie verwundert sich über der Liebe im heiligen Sakrament erzeigt“ des Autors Angelus Silesius. Silesius wurde im Jahr 1624 in Breslau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1640 und 1677. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Silesius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Literaturepoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis etwa 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei Abschnitte unterteilen: Frühbarock, Hochbarock und Spätbarock. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte ein besonders prägendes Ereignis dar. Aber auch die Pest übte einen starken Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Literatur des Barocks ist stark beeinflusst von der Antithetik. Das heißt, die Menschen der damaligen Zeit nahmen ihre Welt als widersprüchlich und gegensätzlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut geprägt. An den Fürstenhöfen herrschten dennoch Verschwendung und Luxus. In der vorausgegangenen Epoche (Renaissance) waren noch viele Werke in lateinischer Sprache veröffentlicht worden. Im Barock begann jedoch die Zeit der in deutscher Sprache verfassten Literatur. Die wichtigen Vertreter der Lyrik im Barock sind Martin Opitz, Paul Fleming, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Andreas Gryphius, Simon Dach, Johann Christian Günther, Friedrich von Logau und Angelus Silesius.

Das 150 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Die Gedichte „Die Gliedmaßen der Seelen“, „Du mußt geübt werden“ und „Gott ist mein Himmelbrot“ sind weitere Werke des Autors Angelus Silesius. Zum Autor des Gedichtes „Sie verwundert sich über der Liebe im heiligen Sakrament erzeigt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1832 Gedichte veröffentlicht.

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