Sie singt ihm einen Lobgesang von Angelus Silesius

1
Dich, Jesu, loben wir,
Dich ehrn wir für und für.
Dir, o Jesu, wolln wir geben
Ruhm, Preis, Dank und Herrlichkeit
Hier durch unser ganzes Leben
Und darnach in Ewigkeit.
 
2
Du bist das ewge Licht
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Und hast dich uns verpflicht.
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Auf die Erden bist du kommen,
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Da du wesentlicher Gott
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Unsre Menschheit angenommen,
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Uns zu retten aus der Not.
 
15 
3
16 
Du hast herum geeilt
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Und unsre Sucht geheilt.
18 
Unsre Last hast du getragen
19 
Und mit unerhörter Huld
20 
Aufgenommen alle Plagen,
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Die die ganze Welt verschuldt.
 
22 
4
23 
Du hast den Feind zerstört
24 
Und Gottes Reich gemehrt.
25 
Siegreich hast du triumphieret
26 
Und den Himmel aufgetan,
27 
Hast die deinen drein geführet
28 
Mit des heilgen Kreuzes Fahn.
 
29 
5
30 
Du sitzest Gotte gleich
31 
Und hältst mit ihm das Reich.
32 
Alles ist dir übergeben
33 
Von dem Vater, du allein
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Bist, der über Tod und Leben
35 
Soll der einge Richter sein.
 
36 
6
37 
Dich ehrn die Seraphim,
38 
Dich ehrn die Cherubim.
39 
Dir zu Ehren schrein die Chöre:
40 
Heilig, Heilig, Heilig ist,
41 
Dessen Herrlichkeit und Ehre
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Unvergleichlich, Jesu Christ.
 
43 
7
44 
Die Väter allzumal
45 
Mit der Propheten Zahl
46 
Und die Jünger, deine Lieben,
47 
Danken deiner Gütigkeit,
48 
Daß sie sind beständig blieben
49 
Dir zu Ehren in der Zeit.
 
50 
8
51 
Die ganze Christenheit
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Ist dich zu ehrn bereit,
53 
Die Bekenner helfen alle
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Deines Namens Ruhm vermehrn
55 
Und die Kinder schrein mit Schalle
56 
Das Osanna dir zu Ehrn.
 
57 
9
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Dich lobt auch in Gefahr
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Der Märtrer treue Schar.
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Dir zu Ehren wird gestritten
61 
Bis aufs Blut und bis in Tod
62 
Und mit größtem Glimpf erlitten
63 
Alle Schmach, Schimpf, Hohn und Spott.
 
64 
10
65 
Dir wohnen viel ganz frei
66 
In öder Wüstenei,
67 
Und viel tausend der Jungfrauen
68 
Halten dir sich keusch und rein.
69 
Alle, die den Himmel bauen,
70 
Wollen deine Diener sein.
 
71 
11
72 
Der ganze Erdenkreis
73 
Ist voll von deinem Preis.
74 
Und der Himmel, da du sitzest,
75 
Flammt von deiner Herrlichkeit;
76 
Deiner Allmacht, wenn du blitzest,
77 
Weichet alle Feindlichkeit.
 
78 
12
79 
O großer Herr und Gott,
80 
Erbarm dich unsrer Not.
81 
Schau, du König aller Zeiten,
82 
Wie dein Volk bedränget ist,
83 
Wie wir täglich müssen streiten
84 
Mit des Feindes Macht und List.
 
85 
13
86 
Komm, nimm dich unsrer an,
87 
Du starker Kriegesmann.
88 
Hilf uns selig überwinden,
89 
Daß wir unsren Lauf vollführn
90 
Und mit dir, befreit von Sünden,
91 
Unaufhörlich triumphiern.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Sie singt ihm einen Lobgesang“

Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
91
Anzahl Wörter
360
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sie singt ihm einen Lobgesang“ wurde von Angelus Silesius verfasst, einem deutschen Dichter und Mystiker des 17. Jahrhunderts. Silesius, geboren 1624 und gestorben 1677, gehört zur Epoche des Barock und seine Texte sind oft durch Mystik und tiefe Religiosität geprägt.

Auf den ersten Blick fällt die starke religiöse Thematik des Gedichts auf. Es enthält viele Anspielungen auf christliche Dogmen und biblische Ereignisse, was typisch für die Texte von Silesius ist.

Der Inhalt des Gedichts ist eine Anbetung und Lobpreisung Jesu Christi, wobei das lyrische Ich eine tiefe Ehrfurcht und Verehrung für ihn ausdrückt. Es betont die göttliche Natur Jesu, seine Opfer und Taten zur Rettung der Menschheit und seine unendliche Herrlichkeit und Macht. Es appelliert auch an Jesus, um Hilfe und Erbarmen, und drückt den Wunsch aus, in Ewigkeit mit ihm zu triumphieren.

Formal besteht das Gedicht aus dreizehn Strophen mit je sechs Versen. Dies erzeugt eine klare und symmetrische Struktur, die einen rituellen oder liturgischen Charakter hat. Die Sprache ist formal und archaisch, mit vielen altertümlichen Formulierungen und Konstruktionen, was zur Feierlichkeit und Ehrerbietung des Gedichts beiträgt.

Der repetitive und hymnische Klang des Gedichts„ der durch den gleichbleibenden Versaufbau und die häufige Wiederholung bestimmter Formulierungen erzeugt wird, verleiht dem Werk eine hypnotische und beschwörende Atmosphäre. Gleichzeitig betont die konsequente Beibehaltung der Reimstruktur die Formstrenge und Formalität des Gedichts.

Inhaltlich stehen das Leiden, die Erlösung und der Triumph im Mittelpunkt des Lobgesangs. Dabei betont das lyrische Ich immer wieder die Gottgleichheit Jesu und die allumfassende Macht, die ihm verliehen wurde. Es erkennt an, dass alles reife Frucht seines Wirkens ist und spricht den Wunsch aus, ihm in keuscher Reinheit zu dienen.

Zusammenfassend wirkt das Gedicht „Sie singt ihm einen Lobgesang“ von Angelus Silesius wie eine poetische Fassung eines Gebets oder einer Liturgie. Es zeichnet sich durch seine tiefe Religiosität und Ehrfurcht, seine strenge Form und seine feierliche und archaische Sprache aus. Der Gesang dient dabei der Lobpreisung und Anbetung Jesu Christi und vermittelt die tiefgründige Spiritualität und Mystik, die für die Texte von Silesius typisch sind.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sie singt ihm einen Lobgesang“ des Autors Angelus Silesius. 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. Im Zeitraum zwischen 1640 und 1677 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Der Schriftsteller Silesius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock im Sinne eines Adjektivs wurde zunächst abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Bezeichnung für eine Epoche konnte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzen und gibt der Literaturepoche im Zeitraum zwischen 1600 und 1720 den Namen. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein bedeutendes Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die ungenügenden sanitären Bedingungen konnten sich Infektionskrankheiten ausbreiten. Rund ein Drittel der Bevölkerung kamen durch den Krieg und sich ausbreitenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die starke Verminderung der Bevölkerung erlahmte das wirtschaftliche Leben zunehmend. Besonders Krieg und Pest in der Literaturepoche des Barocks zeigen auch ein gewichtiges Merkmal auf: der Gegensatz. Zum einen Armut, Tod und Elend, zum anderen Prunk, Glanz und Macht. So lebte die normale Bevölkerung in bitterer Armut, während Adelige einen verschwenderischen Lebensstil bevorzugten. Der Barock war die erste Epoche, die in Deutschland bewirkte, dass Literatur von nun an nicht mehr auf Latein, sondern erstmals auf Deutsch veröffentlicht wurde. Eine besondere zur Zeit des Barock bevorzugte Form der Lyrik stellte das sogenannte Sonett dar. Zu den berühmten Dichtern der Literatur des Barocks zählen unter anderem: Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Caspar Ziegler, Paul Fleming, Angelus Silesius und Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau.

Das Gedicht besteht aus 91 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 360 Worte. Die Gedichte „Der Allerverliebteste, der Allerheiligste“, „Man achtet das Ewige nicht“ und „Der Mensch ist groß vor Gott“ sind weitere Werke des Autors Angelus Silesius. Zum Autor des Gedichtes „Sie singt ihm einen Lobgesang“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1832 Gedichte vor.

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