Sie begehrt von ihrem Meister gelehrt zu werden von Angelus Silesius

1
Treuster Meister, deine Worte
Sind die rechte Himmelspforte,
Deine Lehren sind der Pfad,
Der uns führt zu Gottes Stadt.
 
2
O wie selig, wer dich höret,
Wer von dir will sein gelehret,
Wer zu jeder Zeit und Stund
10 
Schaut auf deinen treuen Mund.
 
11 
3
12 
Sprich doch ein in meine Höhle,
13 
Rede doch zu meiner Seele,
14 
Lehr sie halten bis in Tod
15 
Deiner Liebe Liebsgebot.
 
16 
4
17 
Hilf mich in dem Lieben üben
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Und Gott über alles lieben,
19 
Meinen Nächsten gleich wie mich
20 
Laß mich lieben inniglich.
 
21 
5
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Lehr mich englische Geberden,
23 
Laß mir deine Demut werden,
24 
Gieß mir deine Sanftmut ein,
25 
Laß mich klug in Einfalt sein.
 
26 
6
27 
Also werd ich mich entbinden
28 
Und der Seelen Ruhe finden.
29 
Also werd ich in der Zeit
30 
Sein gelehrt in Ewigkeit.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Sie begehrt von ihrem Meister gelehrt zu werden“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
122
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht stammt von Angelus Silesius, der im 17. Jahrhundert, genau gesagt zwischen 1624 und 1677, lebte. Silesius war ein bekannter deutscher Lyriker und Theologe und hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Literatur und Theologie.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass es eine spirituelle und religiöse Atmosphäre hat. Es scheint, dass der Sprecher danach strebt, spirituelle Erleuchtung und Verständnis durch die Anleitung und die Lehren eines Meisters oder Gottes zu erlangen. Das lyrische Ich zeigt einen tiefen Wunsch, gelehrt und geführt zu werden, es sucht Trost und Führung in den Worten und Weisheiten des Meisters.

Der Inhalt des Gedichts lässt sich als eine Art Gebet oder Bitte an den Meister interpretieren. Der Sprecher sucht Führung, um den Weg zu „Gottes Stadt“ zu finden. Insbesondere bittet er den Meister, ihm beizubringen, Gott über alles zu lieben und den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Auch bittet er um die Eigenschaften der Demut, Sanftmut und Einfachheit. Schließlich erwartet der Sprecher, dadurch Ruhe für seine Seele zu finden und in Ewigkeit gelehrt zu werden.

In Bezug auf die Form des Gedichts: Jede Strophe besteht aus vier Versen, was das Gedicht gleichmäßig und symmetrisch macht. Die Sprache ist einfach und klar, was die Botschaft des Gedichts hervorhebt. Es gibt einen wiederkehrenden Aufruf an den Meister bzw. Gott, der das zentrale Thema des Gedichts bildet.

Im Hinblick auf die Sprache verwendet Silesius eine bildhafte und metaphorische Sprache, um seine Botschaft zu vermitteln. So steht die „Himmelspforte“ metaphorisch für den Zugang zu Gott und die metaphysische Wahrheit, während die „Lehren“ den Pfad oder Weg dorthin darstellen. Die „Höhle“ könnte eine Metapher für die innere Welt des lyrischen Ichs sein, und die „englischen Geberden“ könnten Tugenden und Klugheit symbolisieren.

Insgesamt kann das Gedicht als Ausdruck des tiefen spirituellen Verlangens des lyrischen Ichs verstanden werden, göttliche Wahrheit und Erleuchtung durch die Lehren und Orientierung eines spirituellen Meisters oder Gottes zu erlangen. Es betont auch die Bedeutung von Liebe, Demut, Sanftmut und Einfachheit auf dem spirituellen Weg.

Weitere Informationen

Angelus Silesius ist der Autor des Gedichtes „Sie begehrt von ihrem Meister gelehrt zu werden“. Silesius wurde im Jahr 1624 in Breslau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1640 und 1677. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Silesius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock als Adjektiv wurde anfänglich abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Bezeichnung für eine Epoche konnte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzen und gibt der Literaturepoche im Zeitraum zwischen 1600 und 1720 den Namen. Der Dreißigjährige Krieg war ein Territorial- und Religionskrieg in Europa, der für viel Elend, Zerstörung und Tod sorgte. Dazu kamen Zerfall der Wirtschaft und die Pest, welche das Unheil während des Dreißigjährigen Krieges nur noch verschärfte. Die Dichter betrachteten in ihren Werken die Gegensätze in nahezu allen Lebensbereichen. Das wird auch als Antithetik bezeichnet. Inhaltlich folgten die Dichter der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Vordergrund – etwa Diesseits und Jenseits, Schein und Sein oder Blüte und Verfall. Im Zeitalter des Barocks löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Zu den bedeutendsten Autoren des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Paul Fleming und Caspar Ziegler.

Das Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 122 Worte. Die Gedichte „Vom Gewissen“, „Der Allerverliebteste, der Allerheiligste“ und „Man achtet das Ewige nicht“ sind weitere Werke des Autors Angelus Silesius. Zum Autor des Gedichtes „Sie begehrt von ihrem Meister gelehrt zu werden“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1832 Gedichte veröffentlicht.

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