Die Psyche freut sich über die göttlichen Vollkommenheiten ihres Jesu von Angelus Silesius

1
Mein Geist frohlocket und mein Sinn
Ob der Vollkommenheiten,
In denen ich seh Jesum blühn
Und sein zu allen Zeiten.
O große Freud und Fröhlichkeit
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
2
Er ist die Weisheit, die im Haus
10 
Alls ordnet und regieret,
11 
Die ewge Klugheit, die durchaus
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Den Szepter weislich führet.
13 
O große Freud und Fröhlichkeit
14 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
15 
3
16 
Dem Vater ist er gleich an Macht,
17 
Dem heilgen Geist an Güte,
18 
Am Wesen eines und an Pracht,
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Am Adel und Gemüte.
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O große Freud und Fröhlichkeit
21 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
22 
4
23 
Er ist der Gottheit Blum und Glanz,
24 
Die ewiglichen blühet,
25 
Der Spiegel, da der Vater ganz
26 
Sich abgebildet siehet.
27 
O große Freud und Fröhlichkeit
28 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
29 
5
30 
Er ist das wonnigliche Licht
31 
Des Vaters und sein Leben,
32 
Die Schönheit, der er ganz verpflicht,
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Verbunden und ergeben.
34 
O große Freud und Fröhlichkeit
35 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
36 
6
37 
Er ist das undurchschiffte Meer,
38 
Die unerschöpfte Quelle,
39 
Allgegenwärtig ohn Beschwer,
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Auch außer Ort und Stelle.
41 
O große Freud und Fröhlichkeit
42 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
43 
7
44 
Unendlich ist er, ohne Grund,
45 
Unsterblich, ewig, immer,
46 
Wahrhaftig, treu ob seinem Bund,
47 
Bricht, was er zusagt, nimmer.
48 
O große Freud und Fröhlichkeit
49 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
50 
8
51 
Unwandelbar und voller Huld,
52 
Gerecht, barmherzig, gütig,
53 
Langmütig, gnädig zu der Schuld,
54 
Reich, groß und höchst demütig.
55 
O große Freud und Fröhlichkeit
56 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
57 
9
58 
Er ist ein Wesen, welchs höchst rein,
59 
Höchstselig ewig bleibet,
60 
Ein ewiges, einfältigs Ein,
61 
Welchs kein Verstand ausschreibet.
62 
O große Freud und Fröhlichkeit
63 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
64 
10
65 
Er ist sich selbst die Seligkeit,
66 
Sein Fried und Freudenleben,
67 
Sein Himmel, seine Herrlichkeit,
68 
Sein Loben, sein Erheben.
69 
O große Freud und Fröhlichkeit
70 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
 
71 
11
72 
Was sing ich? Er ist tausendmal
73 
Mehr, als ich kann gedenken!
74 
In ihm muß aller Weisen Zahl
75 
Vergehn und sich versenken.
76 
O große Freud und Fröhlichkeit
77 
Ob Jesu großer Herrlichkeit.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (30.5 KB)

Details zum Gedicht „Die Psyche freut sich über die göttlichen Vollkommenheiten ihres Jesu“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
77
Anzahl Wörter
307
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Psyche freut sich über die göttlichen Vollkommenheiten ihres Jesu“ wurde von Angelus Silesius, dessen Künstlername bedeutet „der schlesische Engel“, verfasst. Angelus Silesius war ein deutscher Lyriker und Theologe des Barock, der von 1624 bis 1677 lebte. Daher lässt sich das Gedicht als religiöse Lyrik des Barocks einordnen.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass das Gedicht sehr lang ist und sich über elf Strophen erstreckt. Jede Strophe besteht aus sechs Versen. Des Weiteren wird der Leser sofort von dem religiösen Thema des Gedichts in den Bann gezogen.

Der Inhalt des Gedichts zentriert sich vollständig auf die Verehrung von Jesus Christus. Das lyrische Ich preist und lobt Jesus aufgrund seiner verschiedensten Eigenschaften und Vollkommenheiten. Jesus wird dabei als allumfassend, mächtig, gerecht, ewig, und gnädig beschrieben. Er wird als der Antlitz Gottes und zugleich als der Erlöser der Menschheit dargestellt. Das lyrische Ich zeigt seine Freude und Fröhlichkeit angesichts der großartigen Herrlichkeit Jesu.

Die Form des Gedichts ist gekennzeichnet durch einen regelmäßigen Wechsel von Jambus und Trochäus, was zu einem bestimmten Rhythmus führt, der den Gesangcharakter des Gedichts unterstreicht. Dies ist typisch für Barocklyrik, die oft in Form von Kirchenliedern verfasst wurde.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von einer hohen Anzahl an Bildern und Metaphern, die dazu dienen, die Vollkommenheit und Herrlichkeit Jesu zu beschreiben. Die Wortwahl ist an manchen Stellen altertümlich und geprägt von theologischer Terminologie, was wiederum für die Barockzeit typisch ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei dem Gedicht um ein typisches Beispiel für die religiöse Lyrik des Barocks handelt. Der Autor nutzt eine Vielzahl von stilistischen Mitteln, um seine tiefe Verehrung und Bewunderung für Jesus Christus auszudrücken.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Psyche freut sich über die göttlichen Vollkommenheiten ihres Jesu“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Angelus Silesius. Silesius wurde im Jahr 1624 in Breslau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1640 und 1677. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Silesius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks dauerte von etwa 1600 bis 1720 an. Das Wort „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet so viel wie „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Durch die Pest starben ca. 30 % der Bevölkerung. Auch der Dreißigjährige Krieg führte zu einem wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verfall im Deutschen Reich. Dennoch lebten die Fürsten einen ausschweifenden und überaus luxuriösen Lebensstil vor. Sie nutzten das Durcheinander nach dem Dreißigjährigen Krieg, um eine Neugliederung der Gebiete vorzunehmen und ihre Macht auszubauen und zu festigen. Die Barockdichtung ist vorwiegend von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Einstellung der Bevölkerung zum Leben beschreiben. Vor dem geschichtlichen Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war das Leben der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle genannten Motive setzen sich auf verschiedene Art mit der verbreiteten Angst vor dem Lebensende und dessen Auswirkungen auseinander. In der Literatur des Barocks wurde das Lateinische von der deutschen Sprache abgelöst. Zu den berühmtesten Autoren des Barocks gehören: Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Paul Fleming und Caspar Ziegler.

Das vorliegende Gedicht umfasst 307 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 77 Versen. Angelus Silesius ist auch der Autor für Gedichte wie „Vom Wissen“, „Vom Gewissen“ und „Der Allerverliebteste, der Allerheiligste“. Zum Autor des Gedichtes „Die Psyche freut sich über die göttlichen Vollkommenheiten ihres Jesu“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1832 Gedichte vor.

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