Das Lied des Zwerges von Rainer Maria Rilke

Meine Seele ist vielleicht grad und gut;
aber mein Herz, mein verbogenes Blut,
alles das, was mir wehe thut,
kann sie nicht aufrecht tragen.
Sie hat keinen Garten, sie hat kein Bett,
sie hängt an meinem scharfen Skelett
mit entsetztem Flügelschlagen.
 
Aus meinen Händen wird auch nichts mehr.
Wie verkümmert sie sind, sieh her:
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zähe hüpfen sie, feucht und schwer,
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wie kleine Kröten nach Regen.
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Und das Andere an mir ist
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abgetragen und alt und trist;
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warum zögert Gott auf den Mist
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alles das hinzulegen.
 
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Ob er mir zürnt für mein Gesicht
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mit dem mürrischen Munde?
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Es war ja so oft bereit, ganz licht
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und klar zu werden im Grunde;
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aber nichts kam ihm je so dicht
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wie die großen Hunde.
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Und die Hunde haben das nicht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Das Lied des Zwerges“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
127
Entstehungsjahr
1906
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht mit Titel „Das Lied des Zwerges“ wurde von Rainer Maria Rilke geschrieben, einem deutschsprachigen Dichter, der von 1875 bis 1926 gelebt hat. Er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der deutschen Literatur und war wesentlicher Vertreter der literarischen Moderne.

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht düster und melancholisch, offenbar handelt es von Leid und Verzweiflung, sowie einem inneren Zwiespalt und Entfremdung von sich selbst.

Das lyrische Ich drückt existenzielle Ängste, Trauer und einen Zustand tiefgreifender Verzweiflung aus. Es spricht von einer inneren Zerrissenheit und der Unfähigkeit, Schmerz zu tragen. Es fühlt sich unvollständig und nicht imstande, etwas zu vollbringen. Jegliche Aktivität erscheint als sinnlos, es wundert sich sogar, warum Gott es noch am Leben hält. Über das Aussehen des lyrischen Ich ist es unsicher, ob Gott ihm dafür grollt, jedoch war es oft bereit, sich zu verändern, doch niemand kam ihm so nahe wie die großen Hunde.

Die Sprache des Gedichts ist poetisch und bildreich. Die Metaphern sind schwer und bedrückend. Der Stil und die Themenauswahl sind typisch für Rilke und insbesondere für seine späteren Werke, in denen die Auseinandersetzung mit existenziellen Themen dominiert.

Das Gedicht ist in freien Versen verfasst, was die freie und expressive Natur des lyrischen Ichs hervorhebt. Die Verwendung von Metaphern - der zwergenhafte Zustand des lyrischen Ichs, die botanischen Bilder, das Skelett, die Hunde - erschafft eine düstere Atmosphäre. Die Gestaltung des Gedichts unterstreicht die Befindlichkeit des lyrischen Ichs und die dominierenden Gefühle der Trauer und der Verzweiflung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Das Lied des Zwerges“ ist Rainer Maria Rilke. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1906 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 22 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 127 Worte. Die Gedichte „Allerseelen“, „Als ich die Universität bezog“ und „Am Kirchhof zu Königsaal“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Das Lied des Zwerges“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.

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