Das Lied des Selbstmörders von Rainer Maria Rilke

Also noch einen Augenblick.
Daß sie mir immer wieder den Strick
zerschneiden.
Neulich war ich so gut bereit
und es war schon ein wenig Ewigkeit
in meinen Eingeweiden.
 
Halten sie mir den Löffel her
diesen Löffel Leben.
Nein ich will und ich will nicht mehr,
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laßt mich mich übergeben.
 
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Ich weiß das Leben ist gar und gut
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und die Welt ist ein voller Topf,
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aber mir geht es nicht ins Blut
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mir steigt es nur zu Kopf.
 
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Andere nährt es, mich macht es krank;
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begreift, daß man’s verschmäht.
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Mindestens ein Jahrtausend lang
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brauch ich jetzt Diät.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Das Lied des Selbstmörders“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
1906
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Lied des Selbstmörders“ wurde von dem österreichischen Dichter Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Da Rilke hauptsächlich von der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aktiv war, kann das Gedicht vermutlich in diesen Zeitraum eingeordnet werden.

Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen stark melancholischen und bedrückenden Eindruck. Das lyrische Ich spricht offen über seinen Wunsch zu sterben und seine Abneigung gegen das Leben.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um ein lyrisches Ich, das mit starken Suizidgedanken kämpft. Der vorgestellte Charakter ist am Leben so sehr desillusioniert, dass er den Wunsch hat, zu sterben („daß sie mir immer wieder den Strick zerschneiden“). Er empfindet das Leben als unerträglich und kann die positiven Aspekte, die andere in ihm sehen, nicht wahrnehmen („Andere nährt es, mich macht es krank“). Er fühlt sich von der Welt erdrückt und kann deren Schönheit und Fülle nicht in sich aufnehmen („die Welt ist ein voller Topf, aber mir geht es nicht ins Blut mir steigt es nur zu Kopf“).

Die Form des Gedichts besteht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Anzahl von Versen. Es gibt kein festes Reimschema, aber es gibt Assoziationen und Wiederholungen im Rahmen des Texts, die das Konzept der Abneigung gegen das Leben und den verzweifelten Wunsch zu sterben verstärken.

Die Sprache des Gedichts ist deutlich und direkt, mit starken visuellen Bildern, die den inneren Zustand der Hauptfigur ausdrücken. Wörter wie „Strick“, „Ewigkeit“, „Löffel Leben“ und „übergeben“ vermitteln einen aggressiven, fast physischen Wunsch zu sterben, wobei das Bild einer „Diät“ von Leben den Zustand der Erschöpfung und der Sehnsucht nach Tod hervorhebt.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Das Lied des Selbstmörders“ um ein starkes und bewegendes Gedicht, das tief in die Dunkelheit der menschlichen Verzweiflung und Abneigung gegen das Leben eindringt. Das Gedicht kann als ein intimer Einblick in die komplexen Emotionen jemandes gesehen werden, der mit Suizidgedanken zu kämpfen hat.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Das Lied des Selbstmörders“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Das Gedicht ist im Jahr 1906 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 97 Worte. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Abend“, „Abend in Skaane“ und „Absaloms Abfall“. Zum Autor des Gedichtes „Das Lied des Selbstmörders“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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