Das Lied der Bildsäule von Rainer Maria Rilke
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Wer ist es, wer mich so liebt, daß er |
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sein liebes Leben verstößt? |
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Wenn einer für mich ertrinkt im Meer, |
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so bin ich vom Steine zur Wiederkehr |
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ins Leben, ins Leben erlöst. |
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Ich sehne mich so nach dem rauschenden Blut; |
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der Stein ist so still. |
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Ich träume vom Leben: das Leben ist gut. |
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Hat keiner den Muth, |
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durch den ich erwachen will? |
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Und werd ich einmal im Leben sein, |
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das mir alles Goldenste gibt, – |
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– – – – – – – – – – – – – – – – – |
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so werd ich allein |
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weinen, weinen nach meinem Stein. |
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Was hilft mir mein Blut, wenn es reift wie der Wein? |
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Es kann aus dem Meer nicht den Einen schrein, |
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der mich am meisten geliebt. |
Details zum Gedicht „Das Lied der Bildsäule“
Rainer Maria Rilke
3
18
108
1906
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht ist „Das Lied der Bildsäule“ von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutendsten lyrischen Dichter deutschsprachiger Literatur. Rilke wurde 1875 geboren und starb 1926, was seine Arbeit in die Epoche des Symbolismus einordnet, wobei sie auch Merkmale von Realismus und Expressionismus zeigt.
Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen Eindruck von emotionaler Zerissenheit und Sehnsucht, gemischt mit tiefer Traurigkeit und einer starken emotionalen Intensität.
Im ersten Teil stellt das lyrische Ich die Frage, wer es so sehr liebt, dass er sein eigenes Leben dafür opfert. Es identifiziert sich offenbar als eine Statue, die durch die Hingabe eines anderen ins Leben zurückkehrt. Im zweiten Teil sehnt sich das lyrische Ich nach Leben, während es gleichzeitig die Stille des Steins, seiner gegenwärtigen Existenz, betont. Das lyrische Ich bittet jemanden, mutig genug zu sein, es zu erwecken. Im letzten Teil zeigt sich, dass das lyrische Ich, wenn es einmal lebt, seine steinerne Existenz vermissen und nach ihr weinen wird. Es fühlt, dass sein Blut, obwohl es reift wie Wein, nicht denjenigen retten kann, der es am meisten geliebt hat, wodurch eine tiefe Traurigkeit und Verzweiflung zum Ausdruck kommt.
Rilke verwendet eine bildreiche und stark symbolische Sprache, gepaart mit einer intensiven Emotionalität. Besonders auffallend ist der Gebrauch des Steins als Metapher für eine Lebenlose, erstarrte Existenz, kontrastiert mit dem fließenden, rauschenden Blut als Symbol für das Leben und die Vitalität.
Die Form des Gedichts weist eine etwas unregelmäßige Strophenstruktur auf. Die erste und die zweite Strophe haben jeweils fünf Verse, während die dritte Strophe acht Verse umfasst. Innerhalb der Strophen gibt es keinen durchgängigen Reimschema, nur die ersten beiden Strophe enden jeweils mit einem Paarreim.
Insgesamt drückt Rilkes Gedicht eine tiefe Sehnsucht nach Leben und Verbundenheit sowie die existenzielle Angst vor Verlust und Tod aus. Es reflektiert gleichzeitig die dauerhafte und unveränderliche Natur der Kunst (in Form der Statue), die durch ihre Unvergänglichkeit Trost spenden kann, aber auch eine Art Einsamkeit mit sich bringt.
Weitere Informationen
Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Das Lied der Bildsäule“. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1906. Der Erscheinungsort ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 108 Worte. Die Gedichte „Absaloms Abfall“, „Adam“ und „Advent“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Das Lied der Bildsäule“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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