Das Kartenspiel von Joachim Ringelnatz
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Vier Männer zogen sich zurück, |
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Schlossen sich ein, und drei |
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Von ihnen versuchten ihr Glück, |
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Spielten Karten. |
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Draußen im Garten |
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Blühte der Mai. |
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Im schwülen Zimmer saßen die |
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Männer bei ihren Karten. |
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Ihre Weiber ließen sie |
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Draußen weinen und warten. |
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Und sie spielten Spiel um Spiel zu dritt, |
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Und jeder schwitzte. |
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Der vierte Mann sah zu, kibit – |
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Kibitzte. |
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Geld hin – Geld her – Geld her – Geld hin – |
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Verlust – Gewinn – |
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Nach Kartengemisch. |
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Es wurde gebucht, |
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Gereizt und geflucht. |
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Man schlug auf den Tisch. |
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Man witzelte seicht. |
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Hätte Pikdame statt Karozehn |
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Den Buben genommen, |
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Dann wäre vielleicht |
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Alles anders gekommen. |
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Und noch einmal und noch und noch, |
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Verbissen und besessen. – |
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Ein Lüftchen kam durchs Schlüsselloch, |
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Roch nach verbranntem Essen. |
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Der König fiel. |
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Das letzte Spiel, |
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Das allerletzte Spiel begann. |
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Und wieder stach die Karozehn. |
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Der vierte Mann, |
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Der nichts getan als zugesehn, |
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Gewann. |
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Vier gähnende Männer gingen |
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Hinaus ins Morgengraun. |
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Draußen hingen |
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Am Gartenzaun |
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Vier vertrocknete Fraun. |
Details zum Gedicht „Das Kartenspiel“
Joachim Ringelnatz
7
41
154
1928
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Das Kartenspiel“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der von 1883 bis 1934 lebte. Die Epoche der Weimarer Republik, in der das Gedicht entstand, wurde neben politischen Krisen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch von einem kulturellen Aufschwung geprägt. Themen wie Vergnügungssucht, Ausgelassenheit und Abenteuerlust begegnen uns hierbei öfter, allerdings steht bei Ringelnatz eine kritische Betrachtung dieser Gesellschaftstrends im Vordergrund.
Der erste Eindruck des Gedichts enthüllt eine Szenerie, in der vier Männer ein Kartenspiel spielen, während ihre Frauen draußen warten. Ungeduld und Leidenschaft für das Spiel stehen im Kontrast zu der ruhigen und friedlichen Natur außerhalb des Spielzimmers. Es entsteht eine bildliche Darstellung von Vetternwirtschaft und Trägheit, während die Welt draußen weitergeht.
Inhaltlich geht es in dem Gedicht hauptsächlich um vier Männer, die die ganze Nacht Karten spielen, während ihre Ehefrauen draußen auf sie warten. Es wird nicht nur das Kartenspiel an sich, sondern auch die Atmosphäre, die während des Spiels entsteht, beschrieben. Mit der Karozehn, eine spezifische Karte im Kartenspiel, werden die Männer in eine finale Runde des Spiels geführt, die schließlich von dem Mann gewonnen wird, der die gesamte Zeit nur zugeschaut hatte. Am Ende verlassen die Männer den Raum und finden ihre Frauen draußen, jetzt als „vertrocknet“ beschrieben.
Die Form und Sprache des Gedichts sind anschaulich und erzeugen ein lebendiges Bild dieser Szene. Es werden keine ausgefallenen Worte genutzt, sondern vor allem Alltagssprache, die zur Alltäglichkeit und Trivialität der Situation beiträgt. Es gibt keine festen Versmaße oder Reimschemata. Jede Strophe variiert in Länge und Struktur, was Raum für eine fließende Erzählung und Stimmungswechsel bietet. Beispielsweise wird die zunehmende Spannung und Aufregung während des Kartenspiels durch die häufigen Strophenwechsel, kürzeren Zeilen und die Wiederholungen („Und noch einmal und noch und noch“) gut vermittelt.
Das lyrische Ich beobachtet das Geschehen passiv und nimmt den Leser mit in die innere und äußere Welt der Charaktere. Der Autor scheint zu kritisieren, wie die Männer ihre Zeit mit dem Kartenspiel verschwenden, während ihre Frauen vernachlässigt werden. Durch die letzte Strophe, in der die Frauen als „vertrocknet“ beschrieben werden, wird dieser Punkt noch verstärkt. Hier kann man eine gesellschaftskritische Deutung erkennen, die auf das Leben in der damaligen Zeit verweist und den Wertewandel kritisiert, der damals aufkam.
Weitere Informationen
Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Das Kartenspiel“. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1928 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 154 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 41 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschiedsworte an Pellka“, „Afrikanisches Duell“ und „Alone“. Zum Autor des Gedichtes „Das Kartenspiel“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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