Das Hemmed von Christian Morgenstern
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Kennst du das einsame Hemmed? |
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Flattertata, flattertata. |
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Der’s trug, ist baß verdämmet! |
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Flattertata, flattertata. |
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Es knattert und rattert im Winde. |
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Windurudei, windurudei. |
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Es weint wie ein kleines Kinde. |
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Windurudei, windurudei. |
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Das ist das einsame |
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Hemmed. |
Details zum Gedicht „Das Hemmed“
Christian Morgenstern
5
10
36
nach 1887
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Das Hemmed“ von Christian Morgenstern entstammt der humoristisch-grotesken Lyrik des Dichters, die in ihrer Mischung aus Tiefsinn und Absurdität oft die Grenzen traditioneller Deutungsmuster sprengt. Morgenstern, bekannt für seine Sprachspielereien und surrealen Elemente, lädt mit „Das Hemmed“ dazu ein, über scheinbar Banales nachzudenken und neue Perspektiven zu entdecken.
Das Gedicht besteht aus vier kurzen Strophen, deren Form stark von Wiederholungen und lautmalerischen Elementen geprägt ist. Die Wörter „Flattertata“ und „Windurudei“ erzeugen einen singenden, beinahe kindlichen Rhythmus, der der melancholischen Grundstimmung des Gedichts eine spielerische Leichtigkeit verleiht. Diese bewusste Verwendung von Klangwörtern ist typisch für Morgensterns Werk, das die Grenzen zwischen Sprache und Musik verschwimmen lässt.
Die Versstruktur ist einfach, aber effektiv. Durch die regelmäßige Wiederholung der Lautmalereien und die prägnante Zweizeiligkeit jeder Strophe entsteht ein einprägsames, fast mantraartiges Muster, das den Leser in die Welt des „Hemmed“ hineinzieht.
Das Gedicht handelt auf den ersten Blick von einem „einsamen Hemd“, das im Wind flattert. Doch hinter der scheinbar einfachen Beschreibung verbirgt sich eine tiefere Bedeutungsebene. Das „Hemmed“ wird personifiziert und erscheint wie ein lebendiges Wesen, das in seiner Einsamkeit klagt („Es weint wie ein kleines Kinde“). Die Verbindung von Kleidung und menschlichen Gefühlen deutet darauf hin, dass das Hemd stellvertretend für seinen ehemaligen Träger steht, der nicht mehr da ist.
Die Lautmalereien „Flattertata“ und „Windurudei“ unterstreichen nicht nur die Bewegung des Hemdes im Wind, sondern transportieren auch Emotionen. Das „Flattern“ kann als Symbol für Verlassenheit und Unruhe verstanden werden, während das „Weinen“ eine tiefe Trauer ausdrückt. Das Hemd wird so zu einem Symbol für Verlust und Vergänglichkeit.
Das Wort „verdemmet“ ist eine der für Morgenstern typischen Wortneuschöpfungen. Es spielt vermutlich auf das Wort „verdämmert“ an, wodurch das Hemd mit einem Zustand des Vergessens oder der Auflösung assoziiert wird. Gleichzeitig kann es eine humoristische Verknüpfung mit dem „Hemmed“ selbst darstellen – ein Wortspiel, das die Doppeldeutigkeit von Sprache hervorhebt.
Im Kontext des Gedichts gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Träger des Hemdes „verdammt“ sei, wie eine frühere Interpretation andeutete. Vielmehr scheint er „den Weg alles Irdischen gegangen“ zu sein, also verstorben. Das Gedicht verweigert jedoch eindeutige Aussagen und lässt viel Raum für Interpretation, was ein wesentliches Merkmal von Morgensterns Werk ist.
„Das Hemmed“ kann als Reflexion über Vergänglichkeit und Einsamkeit verstanden werden. Das Hemd, das ohne seinen Träger im Wind flattert, symbolisiert das Zurückbleiben der materiellen Welt, nachdem das Leben eines Menschen zu Ende gegangen ist. In dieser Perspektive könnte das Gedicht eine feinsinnige Auseinandersetzung mit der Frage sein, was von uns bleibt, wenn wir nicht mehr da sind.
Gleichzeitig schwingt eine humoristische Note mit: Die Absurdität, ein Hemd als Hauptakteur eines Gedichts zu wählen, zeigt Morgensterns Vorliebe für groteske Perspektivwechsel. So kann das Hemd auch als Parodie auf übermäßig ernste Betrachtungen des Todes gesehen werden.
Christian Morgensterns „Das Hemmed“ ist ein vielschichtiges Gedicht, das auf den ersten Blick schlicht wirkt, aber bei näherer Betrachtung tiefere philosophische und emotionale Fragen aufwirft. Die humoristische Leichtigkeit, kombiniert mit einem Hauch Melancholie, macht dieses Werk zu einem typischen Beispiel für Morgensterns geniale Sprachkunst und seine Fähigkeit, den Leser sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken zu bringen.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Das Hemmed“ ist Christian Morgenstern. Morgenstern wurde im Jahr 1871 in München geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1887 bis 1914 entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Morgenstern ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 10 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 36 Worte. Die Gedichte „Das Auge der Maus“, „Das Böhmische Dorf“ und „Das Fest des Wüstlings“ sind weitere Werke des Autors Christian Morgenstern. Zum Autor des Gedichtes „Das Hemmed“ haben wir auf abi-pur.de weitere 189 Gedichte veröffentlicht.
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