Das Haar von Charles Baudelaire

O vliess dess krause wellen bis zur schulter schäumen!
O locken voll von unbewusstem wolgeruch!
Verzückung! um zu wecken heut in düstren räumen
Erinnerungen die in diesem haare träumen
Will ich im wind es schwenken wie ein taschentuch.
 
Die schmachtend müde Asia und Afrika voll gluten
Ein ganzes weltall · fern fast wie aus einer gruft ·
Kann ich · aroma–wald! in deinem grund vermuten.
Wie andre geister auf musik und stimmen fluten:
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Der meine · o mein liebling · schwebt auf deinem duft.
 
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Dort flieg ich hin wo baum wie mensch mit reicherm samen
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Im heissen himmelsstrich sich dehnt zu langer rast.
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Ihr flechten seid die wogen die mich mit sich nahmen.
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Du fassest · meer von ebenholz · in lichtem rahmen
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Den traum von segel ruder flammenschein und mast:
 
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Den laut bewegten hafen wo mein herz ich weide
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In tiefem zug an farbe an parfüm und ton ·
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Wo schiffe gleiten über gold und in der seide
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Die weiten arme auf · umarmend das geschmeide
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Des reinen firmamentes · ewiger wärme thron.
 
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Ich tauche meine stirn im höchsten rausche trunken
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In diesen ozean der andre in sich reiht –
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Bis mein verfeinter geist im wellenspiel versunken
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Euch wiederfinden wird – o trägheit · lebensfunken!
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Endlose wiegungen gesalbter müssigkeit.
 
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Ihr blauen haare · zelt von ausgespannten schatten ·
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Ihr malt den azur-himmel rund und schrankenleer.
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Auf der gewundnen strähnen daunenweichen matten
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Berausch ich mich an wolgerüchen die sich gatten:
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Am öl des kokosbaums am bisam und am teer.
 
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Lang · immerwährend · wird in deiner schweren masche
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Mein finger perle sän rubin und grünen stein –
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Dass nie mein wunsch vergeblich nach dir hasche!
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Bist du nicht die oase wo ich träume und die flasche
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Aus der ich gierig schlürfe der erinnrung wein?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Das Haar“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
277
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Haar“ stammt von dem französischen Dichter Charles Baudelaire, der im 19. Jahrhundert lebte und arbeitete. Baudelaire gilt als Vertreter des literarischen Symbolismus und ist besonders für seine lyrischen Werke bekannt.

Beim ersten Lesen fällt auf, wie sehr der Dichter die Beschreibungen und Emotionen um das Haar herum schafft. Die ausführliche und bildhafte Darstellung lässt vermuten, dass das Haar eine tiefere Bedeutung im Gedicht hat und eher metaphorisch zu verstehen ist.

Im Inhalt des Gedichts beschreibt das lyrische Ich die Haare seines Geliebten in sehr hohen und verehrenden Worten. Die poetischen Beschreibungen lassen vermuten, dass die Haare für das lyrische Ich ein Symbol für Schönheit, Anziehung und Begierde sind. Darüber hinaus drückt das lyrische Ich eine starke Sehnsucht und Vermischung der Sinneswahrnehmungen aus, die durch die Haare hervorgerufen werden.

Form und Sprache des Gedichts sind komplex und reich an Symbolen. Die sprachliche Gestaltung verleiht dem Haar eine geradezu mystische, fast übernatürliche Wirkung. Die Verwendung von bildhaften Ausdrücken und Metaphern intensiviert die sinnliche und emotionale Wirkung des Gedichts und unterstreicht die tiefe Bewunderung und Hingabe des lyrischen Ichs. Die Struktur des Gedichts folgt keinem bestimmten Reimschema, was die freie und intensive Ausdrucksweise des Dichters betont.

Zusammenfassend reflektiert das Gedicht „Das Haar“ Baudelaires typische poetische Stilistik, indem es den Fokus auf die tiefen Emotionen und sinnlichen Wahrnehmungen des lyrischen Ichs legt und diese durch reiche und kreative Sprachbilder zum Ausdruck bringt. Die Wertschätzung des Körperlichen und Sinnlichen sowie die Verwendung von Symbolen und Metaphern sind charakteristische Merkmale seiner Dichtung.

Weitere Informationen

Charles Baudelaire ist der Autor des Gedichtes „Das Haar“. 1821 wurde Baudelaire in Paris geboren. Zwischen den Jahren 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 277 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere Werke des Dichters Charles Baudelaire sind „Darstellung“, „Das Faß des Hasses“ und „Das Gebet eines Heiden“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Haar“ weitere 101 Gedichte vor.

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