Das Grubenpferd von Heinrich Kämpchen
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Ein edles Roß, zu wild und ungeberdig |
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Vor’m Tilbury des Direktors, ward deshalb |
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Zum Grubenpferde degradiert und mußte |
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Die Kohlenwagen zieh’n im Kohlenschacht. – |
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Das edle Tier, an Licht und Luft gewöhnt |
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Vom Sonnentag, verkümmerte – sein Fell, |
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Sonst weich und glatt, ward zottelig, und wund |
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Ihm Kopf und Rücken vom Gestein der Decke, |
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Zu niedrig für seinen hohen Wuchs. – |
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Es mußte ziehen und es zog – die Geißel |
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Des Treibers brach den Trotz ihm – aber mehr |
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Das Dunkel und die Moderluft des Schachtes. – |
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Ein Jammerdasein war’s dem edlen Roß. – |
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Die Schläge fielen hageldicht, so bald |
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Der Wagenpark nicht schnell genug vom Schacht |
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Zum Schachte flog – ob schuldig oder nicht, |
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Des Treibers Zorn zerfleischte ihm den Rücken. – |
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Da – wieder traf sein armer Kopf der Schlag |
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Von roher Faust, wie’s ihm so oft geschah – |
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Zerriß die Stränge es und stürmte fort, |
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Durch’s Streckendunkel, sonder Halt und Ziel. – |
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War’s Wut, Verzweiflung, Freiheitsdrang, wer kündet’s – |
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Doch seiner Qualen Ende war’s – man fand es, |
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Den Kopf zerschellt, in einem Wassertümpel. – |
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Ein Pferd nur, bah, ein Grubenpferd, und darum |
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So viele Worte – hör’ ich Leser sprechen. – |
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Ja, nur ein Pferd – ihr habt mich nicht verstanden. – |
Details zum Gedicht „Das Grubenpferd“
Heinrich Kämpchen
2
27
195
1909
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht, um das es hier geht, trägt den Titel „Das Grubenpferd“ und stammt von Heinrich Kämpchen, der zwischen 1847 und 1912 lebte. Der Zeitrahmen lässt uns damit den Kontext der Industrialisierung in Deutschland vermuten.
Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht von einem Pferd handelt, das einst ein Stolzes Tier war und nun, geknechtet und in Qualen, in einer Kohlemine arbeiten muss.
Im Wesentlichen erzählt das lyrische Ich von dem tragischen Schicksal eines ehemals edlen und freien Pferdes, das unter schlechten Bedingungen in einer Kohlemine arbeiten muss. Es beschreibt eine Transformation des Pferdes von einem schönen, ungezähmten Tier zu einem zotteligen, gequälten Arbeitstier, das schließlich in seiner Verzweiflung den Tod findet. Durch dieses klare Narrativ drückt das lyrische Ich wahrscheinlich eine Kritik an der unterdrückenden Industriegesellschaft und deren Ausbeutung von Tieren und Natur aus.
Das Gedicht besteht aus zwei Strophen mit insgesamt 27 Versen. Die Verse sind in freien Rhythmen gehalten, es gibt kein festes Reimschema. Der Sprachgebrauch ist eher komplex und altertümlich, es gibt viele bildliche Ausdrücke und emotionale Adjektive, die das Drama verstärken („ein Jammerdasein“).
Abschließend schöpft das lyrische Ich Kritik mit den abschließenden Sätzen „Ein Pferd nur, bah, ein Grubenpferd, und darum so viele Worte – hör’ ich Leser sprechen. – Ja, nur ein Pferd – ihr habt mich nicht verstanden.“ - so als ob es den Leser darauf hinweisen will, dass die implizite Botschaft des Gedichts über das bloße Mitleid für das Pferd hinausgeht, hin zu einer allgemeinen Kritik an der Behandlung von Tieren und Arbeitern in der damaligen Gesellschaft.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Das Grubenpferd“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Kämpchen. 1847 wurde Kämpchen in Altendorf an der Ruhr geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1909. Erscheinungsort des Textes ist Bochum. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 195 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 27 Versen. Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Altendorf“, „Am Gemündener Maar“ und „Am Grabe der Mutter“. Zum Autor des Gedichtes „Das Grubenpferd“ haben wir auf abi-pur.de weitere 165 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Heinrich Kämpchen sind auf abi-pur.de 165 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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