Spanische Tänzerin von Rainer Maria Rilke

Wie in der Hand ein Schwefelzündholz, weiß,
eh es zur Flamme kommt, nach allen Seiten
zuckende Zungen streckt -: beginnt im Kreis
naher Beschauer hastig, hell und heiß
ihr runder Tanz sich zuckend auszubreiten.
 
Und plötzlich ist er Flamme, ganz und gar.
 
Mit einem: Blick entzündet sie ihr Haar
und dreht auf einmal mit gewagter Kunst
ihr ganzes Kleid in diese Feuersbrunst,
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aus welcher sich, wie Schlangen die erschrecken,
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die nackten Arme wach und klappernd strecken.
 
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Und dann: als würde ihr das Feuer knapp,
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nimmt sie es ganz zusamm und wirft es ab
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sehr herrisch, mit hochmütiger Gebärde
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und schaut: da liegt es rasend auf der Erde
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und flammt noch immer und ergiebt sich nicht -.
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Doch sieghaft, sicher und mit einem süßen
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grüßenden Lächeln hebt sie ihr Gesicht
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und stampft es aus mit kleinen festen Füßen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Spanische Tänzerin“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
137
Entstehungsjahr
1875 - 1926
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

„Spanische Tänzerin“ ist ein Gedicht von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutsamsten Lyriker der literarischen Moderne. Es entstand im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert, wie das Geburts- und Todesdatum des Autors nahelegt.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht eine Atmosphäre von Intensität und Dynamik erzeugt, die durch die kraftvollen Verben und die lebendige Bildsprache hervorgebracht wird. Es scheint, als ob es sich um die Darstellung eines leidenschaftlichen Tanzes handelt, der von einer spanischen Tänzerin ausgeführt wird.

Inhaltlich zeigt das lyrische Ich uns die Performance einer Tänzerin, die mit ihren dynamischen Bewegungen einen Schwefelzündholz und eine Flamme darstellt. Die ersten fünf Verse des Gedichts vergleichen den Tanz der Tänzerin mit einem zuckenden Schwefelzündholz, bevor es zur Flamme wird. Im sechsten Vers verwandelt sich der Tanz plötzlich in eine Flamme. Dieser ikonische Moment wird fortgesetzt, als die Tänzerin ihr Haar und ihr Kleid „entzündet“, ihre nackten Arme wie erschrockene Schlangen aus diesem Feuer ausstreckt und schließlich das „Feuer“ auf den Boden wirft und mit ihren Füßen ausstempelt.

Durch diese Bewegungsabläufe will das lyrische Ich vielleicht die leidenschaftliche, unvorhersehbare und stets veränderbare Natur des Tanzes und damit auch der Kunst und des Lebens selbst hervorheben.

Im Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts besteht dieses aus Strophen unterschiedlicher Länge und hat keine Reimstruktur. Die Wahl von starken, lebhaften Verben (strechken, entzündet, dreht, flammt, ergibt sich nicht, strecken, stampft) verleiht dem Gedicht seine Dynamik und macht die Bewegungen der Tänzerin sichtbar und fühlbar. Sie erzeugen eine Spannung, die sich von Anfang bis Ende durch das Gedicht zieht. Schließlich enthält das Gedicht eine reiche Auswahl an Metaphern und bildhaften Ausdrücken, die helfen, den Tanz der Tänzerin zu visualisieren und die Gefühle und Emotionen, die es hervorruft, zu verstärken.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Spanische Tänzerin“. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Zwischen den Jahren 1891 und 1926 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 137 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Spanische Tänzerin“ weitere 338 Gedichte vor.

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