Die Worte des Glaubens von Friedrich Schiller

Drei Worte nenn ich euch, inhaltschwer,
Sie gehen von Munde zu Munde,
Doch stammen sie nicht von außen her,
Das Herz nur gibt davon Kunde.
Dem Menschen ist aller Wert geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.
 
Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
Und würd er in Ketten geboren,
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
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Nicht den Mißbrauch rasender Toren.
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Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
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Vor dem freien Menschen erzittert nicht.
 
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Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
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Der Mensch kann sie üben im Leben,
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Und sollt er auch straucheln überall,
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Er kann nach der göttlichen streben,
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Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
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Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.
 
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Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
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Wie auch der menschliche wanke,
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Hoch über der Zeit und dem Raume webt
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Lebendig der höchste Gedanke,
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Und ob alles in ewigem Wechsel kreist,
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Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.
 
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Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer,
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Sie pflanzet von Munde zu Munde,
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Und stammen sie gleich nicht von außen her,
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Euer Innres gibt davon Kunde,
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Dem Menschen ist nimmer sein Wert geraubt,
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Solang er noch an die drei Worte glaubt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Die Worte des Glaubens“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
199
Entstehungsjahr
1759 - 1805
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Worte des Glaubens“ ist von Deutschlands berühmten Dichter Friedrich Schiller, der vom 10. November 1759 bis zum 9. Mai 1805 lebte. Dies deutet auf eine zeitliche Einordnung im Zeitalter der Aufklärung und des Sturm und Drang hin, Prägungen, die im folgenden Versuch einer Interpretation berücksichtigt werden.

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht grundsätzlich und majestätisch, und betont drei Schlüsselideen oder „Worte“. Jede Strophe enthüllt und betont eines dieser Worte – Freiheit, Tugend und Gott. Das lyrische Ich scheint diese Konzepte als essentiell und unveränderbar für den Glauben und das menschliche Dasein zu erachten.

Die erste Strophe stellt die Bedeutung dreier schwerwiegender Worte dar, die vom Herzen kommen und nicht von außen beeinflusst werden. Bleibt der Glaube an diese Worte, bleibt dem Menschen sein Wert erhalten. Im weiteren Verlauf enthüllt das lyrische Ich diese Worte: Freiheit (Strophe 2), Tugend (Strophe 3) und Gott (Strophe 4). Alle drei Worte werden als wesentlich für das menschliche Leben und das Streben dargestellt, während sie skeptisch in Frage gestellt werden können, behält das lyrische Ich das unerschütterliche Vertrauen in diese. In der finalen Strophe wird der Erhalt dieser inneren Worte für den Erhalt des menschlichen Werts betont.

Die Form des Gedichts ist durch definierte Strophen von sechs Versen gekennzeichnet, was eine Symmetrie und Klarheit schafft, die den ernsten Ton des Gedichts unterstützt. Schillers Sprache ist erhaben und trotz der verwendeten Metaphorik und hochgestochenen Vokabulars wirkt die Aussage sehr direkt. Das lyrische Ich spricht als eine Art moralischer Führer, der dem Leser oder Zuhörer eine Art ethischen Kompass vermitteln will.

Insgesamt reflektiert Schillers „Die Worte des Glaubens“ die Ideale der Aufklärung und des Sturm und Drang, indem es die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung des Individuums, die den Geist dieser Zeiten prägten, betont. Die drei „Worte“ sind als zentrale Werte zu verstehen, an welche der Mensch glauben soll, um seinen individuellen Wert zu bewahren.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Worte des Glaubens“ ist Friedrich Schiller. 1759 wurde Schiller in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1775 und 1805. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Schiller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von etwa 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Die Epoche des Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. Die Literaturepoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren sie unter 30 Jahre alt. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Zeitlich lässt sich die Weimarer Klassik mit Goethes Italienreise 1786 und mit Goethes Tod im Jahr 1832 eingrenzen. Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert beeinflusst. Die Aufklärung und die gefühlsbetonte Strömung Sturm und Drang. Die Weimarer Klassik ist eine Synthese dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik wird oft nur als Klassik bezeichnet. Beide Bezeichnungen sind in der Literatur gebräuchlich. Prägend für die Zeit der Weimarer Klassik ist der Begriff Humanität. Menschlichkeit, Toleranz, Selbstbestimmung, Schönheit und Harmonie sind wichtige inhaltliche Merkmale der Weimarer Klassik. Die Weimarer Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Typisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal der Literaturepoche des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Autoren haben in der Klassik auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die bedeutenden Autoren der Weimarer Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 199 Worte. Weitere Werke des Dichters Friedrich Schiller sind „Aktäon“, „An Minna“ und „An den Frühling“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Worte des Glaubens“ weitere 220 Gedichte vor.

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