Das Geseires einer Aftermieterin von Joachim Ringelnatz

Meine Stellung hatte ich verloren,
Weil ich meinem Chef zu häßlich bin.
Und nun habe ich ein Mädchen geboren,
Wo keinen Vater hat, und kein Kinn.
 
Als mein Vormund sich erhängte,
Besaß ich noch das Kreppdischingewand,
Was ich später der Anni schenkte.
Die war Masseuse in Helgoland.
 
Aber der bin ich nun böse.
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Denn die ließ mich im Stich.
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Und die ist gar keine Masseuse,
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Sondern geht auf den –.
 
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Mir ist nichts nachzusagen.
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Ich habe mit einem Zahnarzt verkehrt.
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Der hat mich auf Händen getragen.
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Doch ich habe mir selber mein Glück zerstört.
 
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Das war im Englischen Garten.
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Da gab mir’s der Teufel ein,
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Daß ich – um auf Gustav zu warten –
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In der Nase bohrte, ich Schwein.
 
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Gustav hat alles gesehn.
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Er sagte: Das sei kein Benehmen.
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Was hilft es nun, mich zu schämen.
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Ich möchte manchmal ins Wasser gehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Das Geseires einer Aftermieterin“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
141
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das lyrische Gedicht „Das Geseires einer Aftermieterin“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst. Ringelnatz war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler und lebte von 1883 bis 1934. Sein Werk ist daher der Zeit des frühen 20. Jahrhunderts zuzuordnen.

Beim ersten Lesen wird schnell klar, dass dieses Gedicht tragisch und doch ironisch ist. Es wird sofort ein Gefühl der Trübsal und des Unglücks übermittelt, aber durch den Humor und die Skurrilität der Situationen bleibt ein ironischer Beigeschmack.

Inhaltlich berichtet das lyrische Ich von ihren Missgeschicken und Unglücksfällen. Sie verliert ihre Arbeit wegen ihres Aussehens, bekommt ein Kind ohne Vater und Kinn und ein Freund läßt sie fallen. Trotz Beziehungen und kurzen Phasen des Glücks scheint sie immer wieder in missliche Lagen zu geraten, wie zum Beispiel beim In-der-Nase-Bohren, während sie auf Gustav wartet.

Das lyrische Ich sieht sich als Opfer ihrer Umstände und beschuldigt sich selbst, ihr Glück zu zerstören. Es ist klar, dass sie mit ihrer Situation unzufrieden ist und sogar über Selbstmord nachdenkt, was den traurigen und deprimierenden Ton des Gedichts unterstreicht.

Formal hat das Gedicht eine klare Struktur, es ist in sechs Strophen mit je vier Versen unterteilt. Im Hinblick auf die Sprache wechselt Ringelnatz zwischen Hochsprache und Umgangssprache, was der Erzählung eine gewisse Lebendigkeit und Authentizität verleiht. Darüber hinaus nutzt Ringelnatz eine Mischung aus direkter und indirekter Rede, was das Gedicht sowohl kommunikativ als auch introspektiv macht.

Zusammengefasst handelt es sich bei „Das Geseires einer Aftermieterin“ um ein trauriges, doch ironisches Gedicht, das das harte Leben und das Pech des lyrischen Ichs darstellt. Es zeigt, wie das lyrische Ich trotz aller Widrigkeiten versucht, mit seiner Situation klarzukommen und doch scheitert. Das Gedicht verdeutlicht die menschliche Neigung zur Selbstsabotage und die Schwierigkeit, aus unglücklichen Situationen zu entkommen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Das Geseires einer Aftermieterin“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1933 entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 141 Worte. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Zum Autor des Gedichtes „Das Geseires einer Aftermieterin“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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