Das Mädchen von Orleans von Friedrich Schiller

Das edle Bild der Menschheit zu verhöhnen,
Im tiefsten Staube wälzte dich der Spott,
Krieg führt der Witz auf ewig mit dem Schönen,
Er glaubt nicht an den Engel und den Gott,
Dem Herzen will er seine Schätze rauben,
Den Wahn bekriegt er und verletzt den Glauben.
 
Doch, wie du selbst, aus kindlichem Geschlechte,
Selbst eine fromme Schäferin wie du,
Reicht dir die Dichtkunst ihre Götterrechte,
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Schwingt sich mit dir den ewgen Sternen zu,
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Mit einer Glorie hat sie dich umgeben,
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Dich schuf das Herz, du wirst unsterblich leben.
 
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Es liebt die Welt, das Strahlende zu schwärzen
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Und das Erhabne in den Staub zu ziehn,
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Doch fürchte nicht! Es gibt noch schöne Herzen,
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Die für das Hohe, Herrliche entglühn,
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Den lauten Markt mag Momus unterhalten,
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Ein edler Sinn liebt edlere Gestalten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Das Mädchen von Orleans“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
131
Entstehungsjahr
1759 - 1805
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Mädchen von Orleans“ stammt von Friedrich Schiller, einem der bekanntesten deutschen Dichter und Denkern. Schiller lebte von 1759 bis 1805, was das Gedicht in die literarische Epoche der Weimarer Klassik einordnet, eine von Humanismus und Aufklärung geprägte Periode.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass Schiller Werte wie Schönheit, Wahrheit und Glauben gegen Spott und Zynismus verteidigt. Es scheint, dass das lyrische Ich eine Kritik an der Gesellschaft und ihrer Tendenz zur Degradierung und Spott gegenüber dem Edlen und Tugendhaften ausübt.

In der ersten Strophe beklagt das lyrische Ich, wie Spott das „edle Bild der Menschheit“ verhöhnt und dessen Werte herabsetzt. Es kritisiert eine Welt, in der der „Witz“ ständig Krieg gegen Schönheit,Engel und Gott führt und versucht, dem Herzen seine Schätze zu rauben und den Glauben zu verletzen.

Die zweite Strophe spricht das „Mädchen von Orleans“ direkt an - eine Anspielung auf Johanna von Orleans, die von Schiller als Symbol für Reinheit und Unschuld gewählt wird. Das lyrische Ich hebt hervor, dass sie, obwohl sie verspottet wurde, durch die Poesie vergöttlicht wurde und ihren Platz unter den Sternen gefunden hat.

In der dritten und letzten Strophe drückt das lyrische Ich Optimismus und Trost aus. Es kritisiert weiterhin die Tendenz der Welt, das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehen, stellt aber gleichzeitig fest, dass es immer noch „schöne Herzen“ gibt, die für das Hohe und Herrliche entflammen.

In Bezug auf die Form folgt das Gedicht einem klaren Muster von sechs Versen pro Strophe. Die Sprache ist formal und poetisch mit einer gewissen Feierlichkeit. Es ist voller Metaphern und bildhafter Sprache, die das Drama und die Emotionalität verstärken. Der Text lebt von Gegensätzen (z.B. „Strahlende“ vs „Staub“, „ewigen Sternen“ vs „tiefster Staub“, „witzen“ vs „Glauben“).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schillers Gedicht eine Ode an das Edle, an die Schönheit und Wahrheit ist. Es prangert die Oberflächlichkeit und Zynismus der Gesellschaft an und hebt die Rolle der Poesie hervor, die dieses Edle bewahrt und Hoch hält. Und in der Mitte steht das Mädchen von Orleans, das zu einem Symbol für diese Werte wird.

Weitere Informationen

Friedrich Schiller ist der Autor des Gedichtes „Das Mädchen von Orleans“. Im Jahr 1759 wurde Schiller in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Zwischen den Jahren 1775 und 1805 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Der Schriftsteller Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren sie unter 30 Jahre alt. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist im Grund genommen eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und endete mit Goethes Tod im Jahr 1832. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Statt auf Konfrontation und Widerspruch wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Menschlichkeit und Toleranz. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit zu forcieren. In der Weimarer Klassik wird eine sehr geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Kurze, allgemeingültige Aussagen sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, legte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich oftmals an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Schiller und Goethe.

Das vorliegende Gedicht umfasst 131 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Schiller sind „Bacchus im Triller“, „Baurenständchen“ und „Breite und Tiefe“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Mädchen von Orleans“ weitere 220 Gedichte vor.

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