Das Gelübde von Christian Felix Weiße

Unter dicht bewachsnen Linden
Fand mich Damon ganz allein,
Und er glaubt aus tausend Gründen,
Meiner Liebe werth zu seyn:
Doch ich sprach, nein, dich zu lieben,
Lieber Damon, geht nicht an,
Von der Freyheit Glück getrieben,
Hab ich ein Gelübd gethan.
 
Seines Lebens ganzes Glücke,
10 
Seiner Freuden Gegenstand
11 
Nennt er mich: mit sanftem Blicke
12 
Drückt er mir dabey die Hand.
13 
Ja, er raubt mir einge Küsse,
14 
Eh ich weis, wie mir geschicht;
15 
Schmeckten sie gleich noch so süße,
16 
Mein Gelübd brach ich doch nicht.
 
17 
Wild zog er mich zu sich nieder,
18 
Setzte mich auf seinen Schoos;
19 
Doch mir bebten alle Glieder,
20 
Kraftlos sank ich auf das Moos:
21 
Nacht umnebelte die Sinnen,
22 
Ich weis nicht, wie mir geschah!
23 
Kurz: beklagt mich Schäferinnen,
24 
Mein Gelübde brach ich da!
 
25 
Mädchen, wollt ihr etwas wagen,
26 
Wagt nur ein Gelübde nicht!
27 
Denn ihr brechts in ersten Tagen,
28 
Wenn euch nur ein Schäfer spricht:
29 
Mit der Freyheit frey zu walten,
30 
Welch gefährlich Eigenthum!
31 
Götter! dieß Gelübd zu halten,
32 
Schafft uns und die Schäfer um!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Das Gelübde“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
169
Entstehungsjahr
1758
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Gelübde“ ist von Christian Felix Weiße geschrieben, einem deutschen Dichter und Schriftsteller des 18. Jahrhunderts. Es gehört damit zur Epoche der Aufklärung.

Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht der Eindruck einer dramatischen Begegnung zwischen zwei Liebenden in einer idyllischen Natur.

Im Inhalt des Gedichts geht es um die Begegnung zwischen dem lyrischen Ich, vermutlich einer Frau, und ihrem Geliebten Damon. Der Geliebte glaubt aus vielen Gründen der Liebe des lyrischen Ichs würdig zu sein, doch das lyrische Ich hat ein Gelübde abgelegt, das sie davon abhält, ihre Liebe preiszugeben. Trotz seines Werbens und ihrer nahen körperlichen Berührungen, hält sie an ihrem Gelübde fest, bis sie schließlich in seinen Armen zusammenbricht. Im Anschluss warnt sie andere Mädchen vor dem Ablegen von solchen Gelübden, da diese oft gebrochen werden.

Die Aussage des lyrischen Ichs kann als Warnung an junge Frauen gedeutet werden, die Gefahren von leidenschaftlicher Liebe und erotischer Anziehung nicht zu unterschätzen. Das Gelübde, möglicherweise auf sexuelle Enthaltsamkeit bezogen, hat sie nicht vor der Intensität ihrer Gefühle schützen können. Es scheint auch eine Kritik an der Einschränkung der weiblichen Freiheit durch solche Gelübde zu geben.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts handelt es sich bei „Das Gelübde“ um eine lyrische Dichtung in 4 Strophen mit jeweils 8 Versen. Der Sprachstil ist geprägt von romantischen, expressiven und emotionalen Elementen sowie Metaphern. Weiße nutzt eine einfache, aber effektive Sprache, um die komplexe emotionale Dynamik zwischen den Figuren und die Intensität ihrer Erfahrung darzustellen. Der wiederholte Verweis auf das Gelübde im Refrain betont den Konflikt zwischen gesellschaftlicher Erwartung und persönlichem Gefühl. Der Wald, in dem die Begegnung stattfindet, dient als symbolischer Ort der Freiheit und Ungebundenheit, was den melodramatischen Ton des Gedichts verstärkt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Das Gelübde“ ist Christian Felix Weiße. Weiße wurde im Jahr 1726 in Annaberg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1758 entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Aufklärung zu. Bei Weiße handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 169 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Christian Felix Weiße ist auch der Autor für Gedichte wie „Amynt und Doris“, „An Amor“ und „An den Amor“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Gelübde“ weitere 100 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Christian Felix Weiße

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Christian Felix Weiße und seinem Gedicht „Das Gelübde“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Christian Felix Weiße (Infos zum Autor)

Zum Autor Christian Felix Weiße sind auf abi-pur.de 100 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.