Die Stunde schlug von Theodor Storm
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Die Stunde schlug, und deine Hand |
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Liegt zitternd in der meinen, |
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An meine Lippen streiften schon |
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Mit scheuem Druck die deinen. |
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Es zuckten aus dem vollen Kelch |
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Elektrisch schon die Funken; |
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O fasse Mut, und fliehe nicht, |
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Bevor wir ganz getrunken! |
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Die Lippen, die mich so berührt, |
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Sind nicht mehr deine eignen; |
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Sie können doch, solang du lebst, |
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Die meinen nicht verleugnen. |
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Die Lippen, die sich so berührt, |
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Sind rettungslos gefangen; |
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Spät oder früh, sie müssen doch |
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Sich tödlich heimverlangen. |
Details zum Gedicht „Die Stunde schlug“
Theodor Storm
4
16
80
1817 - 1888
Realismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht stammt von Theodor Storm, einem der wichtigsten Vertreter des deutschen Realismus, der von 1817 bis 1888 lebte. Entsprechend ist es in die Epoche des 19. Jahrhunderts einzuordnen, einer Zeit, in der die menschlichen Gefühle sowie individuelle Erfahrungen eine zentrale Rolle in der Literatur spielten.
Beim ersten Eindruck vermittelt das Gedicht eine intensive Atmosphäre von Zärtlichkeit, Erregung und zugleich einer gewissen Melancholie. Es beschreibt eine intime Szene zwischen zwei Menschen, die möglicherweise eine verbotene oder zumindest konfliktbehaftete Liebe verbindet: Die Hände zittern, die Lippen berühren sich scheu. Eindrucksvoll ist das Bild des „vollen Kelches“, aus dem „elektrische Funken“ zucken - eine Metapher für die starke, beinahe greifbare Spannung und Erotik zwischen den beiden.
Das lyrische Ich spricht seine Geliebte direkt an und fordert Mut von ihr: Trotz ihrer Zögerlichkeit sollen sie diese kostbare Zeit und ihren leidenschaftlichen Moment auskosten („bevor wir ganz getrunken“). Im weiteren Verlauf des Gedichts wird der Ton jedoch bestimmt durch eine Art fatalistischen Pessimismus: Die Lippen, die sich einmal berührt haben, sind „rettungslos gefangen“ und werden sich „spät oder früh“ wieder „heimverlangen“, was den Tod beinhalten könnte. Das klingt nach einer unvermeidlichen, tragischen Verstrickung.
Formal ist das Gedicht in vier Strophen unterteilt, jede mit vier Versen. Sie sind in einem einfachen, aber eingängigen Rhythmus geschrieben, was eine melodische, fast singbare Qualität verleiht. In den Versen finden sich Alliterationen (Stunde schlug), die das Lesen zusätzlich erleichtern und die Worte prägnanter machen. Die Sprache von Theodor Storm ist kraftvoll und bildhaft, gepaart mit einer gewissen unheilvollen Dramatik, die durch den Gebrauch von starken Verben und drastischen Metaphern erzeugt wird.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass „Die Stunde schlug“ ein typisches Gedicht der realistischen Epoche ist, das mit sehr persönlichen und intensiven Gefühlen spielt und dabei die Zwiespältigkeit und Spannung zwischen leidenschaftlicher Zuneigung, sozialen Zwängen und der Unausweichlichkeit des Todes eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Die Stunde schlug“ ist Theodor Storm. 1817 wurde Storm in Husum geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1833 und 1888. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Storm ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 80 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Storm sind „Juli“, „Knecht Ruprecht“ und „Käuzlein“. Zum Autor des Gedichtes „Die Stunde schlug“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 131 Gedichte vor.
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