Das Mädchen mit den hellen Augen von Theodor Storm

Das Mädchen mit den hellen Augen,
Die wollte keines Liebste sein;
Sie sprang und ließ die Zöpfe fliegen,
Die Freier schauten hinterdrein.
 
Die Freier standen ganz von ferne
In blanken Röcken lobesam.
»Frau Mutter, ach, so sprecht ein Wörtchen
Und macht das liebe Kindlein zahm!«
 
Die Mutter schlug die Händ' zusammen,
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Die Mutter rief: »Du töricht Kind,
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Greif zu, greif zu! Die Jahre kommen,
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Die Freier gehen gar geschwind!«
 
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Sie aber ließ die Zöpfe fliegen
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Und lachte alle Weisheit aus;
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Da sprang durch die erschrocknen Freier
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Ein toller Knabe in das Haus.
 
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Und wie sie bog das wilde Köpfchen,
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Und wie ihr Füßchen schlug den Grund,
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Er schloß sie fest in seine Arme
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Und küßte ihren roten Mund.
 
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Die Freier standen ganz von ferne,
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Die Mutter rief vor Staunen schier:
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»Gott schütz dich vor dem ungeschlachten,
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Ohn Maßen groben Kavalier!«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Das Mädchen mit den hellen Augen“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
140
Entstehungsjahr
1817 - 1888
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

„Gedicht“ ist ein lyrisches Werk des deutschen Schriftstellers Theodor Storm, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veröffentlicht wurde. Dies ist ein bekannter Vertreter des Realismus in der deutschen Literatur, der seine Texte oft mit Elementen der regionalen Kultur und des Alltagslebens bereichert.

Das Gedicht erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens mit hellen Augen, das von Männern umgeben ist, die sich um ihre Gunst bemühen, aber sie zeigt keine Bereitschaft, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Trotz des Drucks von ihrer Mutter und den umsichtigen Freiern entscheidet das Mädchen, ihre eigene Wahl zu treffen. Schließlich entscheidet sie sich für einen „wilden“ Jungen, der spontan und voller Energie ist - ganz im Gegensatz zu den herkömmlichen Freiern.

Die Botschaft dieses Gedichts scheint die Bedeutung der persönlichen Entscheidungsfreiheit und der Ablehnung gesellschaftlicher Konformität zu sein. Hier wird das lyrische Ich dem Mädchen zugeordnet, das gegen die etablierten gesellschaftlichen Normen rebelliert, indem es sich weigert, von den etablierten Freiern umworben zu werden und stattdessen einen unkonventionellen Partner wählt.

Das Gedicht hat eine einheitliche Struktur mit jeweils vier Versen pro Strophe. Der Sprachstil ist einfach und direkte, nutzt jedoch metaphorische Elemente, um die Atmosphäre lebendig zu gestalten. Ein Beispiel ist die Wiederholung der Handlung, dass das Mädchen „die Zöpfe fliegen“ lässt, was sowohl ihre jugendliche Unbeschwertheit als auch ihren Widerstand gegenüber traditionellen Verhaltensweisen symbolisiert.

Die Figur des „tollen Knaben“, der in das Haus einbricht, repräsentiert das Unerwartete und Unkonventionelle, das sich gegen vorgefasste Erwartungen stellt. Dies spiegelt das zentrale Thema der individuellen Freiheit und der Ablehnung gesellschaftlicher Konventionen wider. Die Mutterfigur repräsentiert im Gegensatz dazu die traditionellen Normen und Erwartungen der Gesellschaft, die oft in Konflikt mit individuellen Wünschen und Identitäten stehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Theodor Storms Gedicht „Das Mädchen mit den hellen Augen“ ein lebendiges Porträt eines jungen Mädchens ist, das sich entscheidet, gegen gesellschaftliche Erwartungen zu gehen und ihren eigenen Weg - sowohl in romantischer als auch in persönlicher Hinsicht - zu wählen. Es ist ein Gedicht, das die Themen Individualität, Freiheit und Konformität geschickt durch Textstruktur, Symbole und Sprache vermittelt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Das Mädchen mit den hellen Augen“ des Autors Theodor Storm. 1817 wurde Storm in Husum geboren. Im Zeitraum zwischen 1833 und 1888 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Realismus zuordnen. Storm ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 140 Worte. Weitere Werke des Dichters Theodor Storm sind „Von Katzen“, „Weihnachtslied“ und „Das ist der Herbst“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Mädchen mit den hellen Augen“ weitere 131 Gedichte vor.

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