Ein heilges Fest von Louise Franziska Aston

O dieser Tag der höchsten Feier,
Der mir das Herz im Busen bricht;
Der höhnend durch der Zukunft Schleier
Mir zeigt des Schmerzes Angesicht!
Ein Schmerz, der nicht in leichtem Beben,
In flüchtigem Vorüberschweben,
Die schwarze Trauerfahne trägt;
Nein, der ein ganzes, reiches Leben
Mit schonungsloser Hand zerschlägt!
 
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Nicht ahnt's der Kranz in meinen Locken,
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Daß ich dem Tode angetraut;
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Nicht ahnen es die Kirchenglocken,
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Zu läuten einer Grabesbraut!
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Umsonst mit euern milden Tönen
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Wollt ihr dem Leben mich versöhnen;
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Mich lockt kein festlich heit'rer Klang!
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Nur meinen Schmerz kann er verhöhnen;
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Nur feiern meinen Untergang!
 
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Verkauft ein ganzes reiches Leben,
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Das seines Werths sich kaum bewußt,
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Mit Träumen, die das Herz durchbeben,
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In wilder ahnungsvoller Lust!
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Ein glühend Schwelgen, süßes Bangen,
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Ein fiebrisch zitterndes Verlangen,
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Das um das Glück gebiet'risch fleht,
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Bis von dem kalten Tod umfangen
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Das Leben und der Traum verweht!
 
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Du Herr der Welt, du Lebenswürger,
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O falsches, gleißendes Metall!
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Verlockst du selbst des Himmels Bürger,
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Den stolzen Geist, zum Sündenfall?
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Die sich nach ew'gen Himmeln sehnen,
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Die kühn sich unvergänglich wähnen,
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Verkaufen dir ein ew'ges Sein.
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Der Priester segnet Schmerz und Thränen,
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Er segnet selbst den Meineid ein!
 
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Erlöscht, ihr Kerzen am Altare!
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Erlöscht, wie meiner Seele Licht!
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Das Brautbett wird zur Todtenbahre,
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Um die man Grabeskränze flicht.
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Es tritt auf allen meinen Wegen
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Verzweiflung spottend mir entgegen,
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Mit irrem Blick, mit wildem Haar;
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Verzweiflung sprach den Hochzeitsegen,
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Sprach ihren Fluch am Traualtar!
 
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Fluch diesem Tage höchster Feier,
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Der mir das Herz im Busen bricht!
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Der höhnend durch der Zukunft Schleier
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Mir zeigt des Schmerzes Angesicht!
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Ein Schmerz, der nicht in leichtem Beben,
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In flüchtigem Vorüberschweben
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Die schwarze Trauerfahne trägt;
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Nein, der ein ganzes, reiches Leben
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Mit schonungsloser Hand zerschlägt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.6 KB)

Details zum Gedicht „Ein heilges Fest“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
285
Entstehungsjahr
1814 - 1871
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das besprochene Gedicht ist „Ein heil'ges Fest“ von Louise Franziska Aston, einer deutschen Schriftstellerin, die im 19. Jahrhundert vor allem für ihre literarische Tätigkeit und ihr Engagement für die Frauenbewegung bekannt war. Das Gedicht gehört zur Epoche der Romantik, in der Gefühle und emotionale Erlebnisse einen höheren Stellenwert hatten.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und düster. Die Stimmung des lyrischen Ichs, das von schmerzhaften Gefühlen und lautem Leid erfüllt ist, wird deutlich.

Im Verlauf des Gedichts macht das lyrische Ich deutlich, was es fühlt: es ist der Tag seiner Hochzeit, der üblicherweise mit Glück und Freude assoziiert wird. Jedoch für das lyrische Ich ist es ein Tag des Schmerzes und der Traurigkeit. Dieser Schmerz ist kein flüchtiger, sondern einer, der „ein ganzes, reiches Leben mit schonungsloser Hand zerschlägt“. Die Hochzeit wird als Tod symbolisiert, ein Schicksal, das dem lyrischen Ich aufgezwungen wird und mit dem es nicht einverstanden ist.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit je neun Versen. Es weist eine klar definierte Struktur auf, die die Gedanken und Gefühle des lyrischen Ichs in einer geordneten Weise darstellt. Der Gebrauch von Metaphern und anderen bildhaften Ausdrücken ist zu bemerken, wie zum Beispiel „Das Brautbett wird zur Todtenbahre“ oder „Fluch diesem Tage höchster Feier“, wodurch die tiefen Emotionen des lyrischen Ichs verstärkt werden.

Sprachlich gesehen ist das Gedicht geprägt von der Verwendung von emotional beladenen Wörtern wie „Schmerz“, „Trauer“, „Verzweiflung“, was die düstere Stimmung des Gedichts unterstreicht. Des Weiteren beinhaltet das Gedicht ein hohes Maß an innerer und endgültiger Reimstruktur, was die dramatische Präsentation der Gefühle des lyrischen Ichs verstärkt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Astons Gedicht ein kraftvolles Bild von einer verwundeten Seele malt, die mit den qualvollen Gefühlen einer erzwungenen Ehe zu kämpfen hat. Trotz ihrer äußeren Umstände bleibt das lyrische Ich jedoch fest in seiner ablehnenden Haltung und verweigert sich, glücklich zu sein.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Ein heilges Fest“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Franziska Aston. Geboren wurde Aston im Jahr 1814 in Gröningen. Das Gedicht ist in der Zeit von 1830 bis 1871 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 285 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 54 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Franziska Aston sind „An Ihn“, „Lebensmotto“ und „An George Sand“. Zur Autorin des Gedichtes „Ein heilges Fest“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 23 Gedichte vor.

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