Das Brot von Wilhelm Busch

Er saß beim Frühstück äußerst grämlich,
Da sprach ein Krümchen Brot vernehmlich:
 
Aha, so ist es mit dem Orden
Für diesmal wieder nichts geworden.
Ja Freund, wer seinen Blick erweitert
Und schaut nach hinten und nach vorn,
Der preist den Kummer, denn er läutert.
Ich selber war ein Weizenkorn.
Mit vielen, die mir anverwandt,
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Lag ich im rauhen Ackerland.
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Bedrückt von einem Erdenkloß,
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Macht ich mich mutig strebend los.
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Gleich kam ein alter Has gehupft
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Und hat mich an der Nas gezupft,
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Und als es Winter ward, verfror,
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Was peinlich ist, mein linkes Ohr,
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Und als ich reif mit meiner Sippe,
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O weh, da hat mit seiner Hippe
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Der Hans uns rutschweg abgesäbelt
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Und zum Ersticken festgeknebelt
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Und auf die Tenne fortgeschafft,
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Wo ihrer vier mit voller Kraft
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In regelrechtem Flegeltakte
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Uns klopften, daß die Schwarte knackte.
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Ein Esel trug uns nach der Mühle.
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Ich sage dir, das sind Gefühle,
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Wenn man, zerrieben und gedrillt
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Zum allerfeinsten Staubgebild,
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Sich kaum besinnt und fast vergißt,
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Ob Sonntag oder Montag ist.
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Und schließlich schob der Bäckermeister,
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Nachdem wir erst als zäher Kleister
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In seinem Troge baß gehudelt,
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Vermengt, geknetet und vernudelt,
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Uns in des Ofens höchste Glut.
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Jetzt sind wir Brot. Ist das nicht gut?
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Frischauf, du hast genug, mein Lieber,
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Greif zu und schneide nicht zu knapp
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Und streiche tüchtig Butter drüber
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Und gib den andern auch was ab.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Das Brot“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
228
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Das Brot“ wurde von Wilhelm Busch geschrieben und kann zeitlich im 19. Jahrhundert verortet werden, genauer in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick wirkt dieses Gedicht überraschend und humorvoll, da es unerwartet das Brot zum Sprecher macht, das dem grämlichen Frühstückenden eine Lebensphilosophie nahelegt.

Inhaltlich berichtet das lyrische Ich – das Brot – von seiner Entstehungsgeschichte: Aus einem Weizenkorn wird es, nach vielen Mühen und Strapazen, schließlich zu Brot. Diese Wandlungen und Entwicklungsstadien, die das Weizenkorn durchmachen muss, dienen als Metapher für die teilweise beschwerlichen Wege im menschlichen Leben. Das lyrische Ich will dem zutiefst unglücklichen, ja fast verbitterten Frühstücksgast sagen, dass man nicht aufgeben soll, sondern den Wert und die Erfahrungen des Leidens erkennen muss, weil sie uns stärken und letztlich weiterbringen.

Formal ist das Gedicht in zwei Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl aufgeteilt. Die erste Strophe besteht aus zwei, die zweite aus 38 Versen. Die Sprache von Wilhelm Busch ist einfach und ruft durch den Einsatz von Alltagssprache eine volksnahe Atmosphäre hervor. Zudem verwendet der Dichter einen humorvollen und ironischen Ton, wie es typisch ist für seine Werke. Die verse sind in freien rhythmischen Versen verfasst, mit vereinzelten Reimen und gereimten Paarversen.

Insgesamt ist das Gedicht „Das Brot“ ein ermutigendes, lebensbejahendes Werk, das die Botschaft vermittelt, dass jede Mühe, jede Anstrengung und jedes Leiden einen maßgeblichen Beitrag zum Wachstum und zur Entwicklung leistet – ob es nun der Weg des Weizenkorns zum Brot oder der des Menschen durch das Leben ist.

Weitere Informationen

Wilhelm Busch ist der Autor des Gedichtes „Das Brot“. Busch wurde im Jahr 1832 in Wiedensahl geboren. Im Zeitraum zwischen 1848 und 1908 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Wiesbaden u. Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 228 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Die Gedichte „Also hat es dir gefallen“, „Auf Wiedersehn“ und „Auf den Sonntag früh Morgen“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Busch. Zum Autor des Gedichtes „Das Brot“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.

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