Anno 1839 von Heinrich Heine
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Oh, Deutschland, meine ferne Liebe, |
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Gedenk ich deiner, wein ich fast! |
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Das muntre Frankreich scheint mir trabe, |
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Das leichte Volk wird mir zur Last. |
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Nur der Verstand, so kalt und trocken, |
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Herrscht in dem witzigen Paris |
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Oh, Narrheitsglöcklein, Glaubensglocken, |
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Wie klingelt ihr daheim so süß! |
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Höfliche Männer! Doch verdrossen |
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Geb ich den art'gen Gruß zurück. |
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Die Grobheit, die ich einst genossen |
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Im Vaterland, das war mein Glück! |
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Lächelnde Weiber! Plappern immer, |
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Wie Mühlenräder stets bewegt! |
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Da lob ich Deuschlands Frauenzimmer, |
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Das schweigend sich zu Bette legt. |
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Und alles dreht sich hier im Kreise, |
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Mit Ungestüm, wie 'n toller Traum! |
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Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise, |
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Wie angenagelt, rührt sich kaum. |
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Mir ist, als hört' ich fern erklingen |
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Nachtwächterhörner, sanft und traut; |
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Nachtwächterlieder hör ich singen, |
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Dazwischen Nachtigallenlaut. |
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Dem Dichter war so wohl daheime, |
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In Schildas teurem Eichenhain! |
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Dort wob ich meine zarten Reime |
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Aus Veilchenduft und Mondenschein. |
Details zum Gedicht „Anno 1839“
Heinrich Heine
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148
1797 - 1856
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Anno 1839“ stammt von Heinrich Heine, einem der bedeutendsten deutschen Dichter und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Es kann in die Epoche des Biedermeiers beziehungsweise Vormärz eingeordnet werden, die sich von etwa 1815 bis 1848 erstreckt.
Auf den ersten Blick wirkt Heines Gedicht wie eine nostalgische Sehnsucht und ein Anprangern der französischen Kultur. Wer Heine jedoch aus seinem Exil in Paris heraus schreiben weiß, erkennt schnell die Ironie hinter den Zeilen.
Der Inhalt des Gedichtes beschreibt das Fernweh und die verklärte Heimatssehnsucht Heines. Das lyrische Ich beklagt die Unterschiede zwischen der französischen und der deutschen Kultur. Dabei stellt es das deutsche Wesen trotz aller Kritikpunkte in einem verklärten Licht dar: die Einfachheit und Direktheit der Deutschen wird der französischen Höflichkeit und dem gesellschaftlichen Getriebe gegenübergestellt. Es hängt der Illusion der Ruhe und des Stillstands in Deutschland nach, wobei es sich wohl bewusst ist, dass es sich um eine Illusion handelt.
Formal ist Heines Gedicht klar strukturiert und folgt dem klassischen Vierzeiler-Schema. Die Sprache ist hauptsächlich schlicht und unverschnörkelt, was die Sicht des lyrischen Ichs auf die deutsche Industrie, Ehrlichkeit und Direktheit widerspiegelt. Durch die Verwendung einfacher, klarer und direkter Ausdrücke zieht Heine mit Ironie den Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland zur Schau. Er betont die vermeintliche Überlegenheit der deutschen Kultur gegenüber der raffinierten und künstlerischen Natur der französischen Kultur. Gleichzeitig wird aber auch mit dieser einfachen Sprache sein Sehnen nach Heimat und Ruhe zum Ausdruck gebracht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Heines „Anno 1839“ einerseits seine nostalgische Sehnsucht nach Deutschland zeigt, andererseits aber auch seine kritische Distanz zu beiden Kulturen zum Ausdruck bringt. Das Gedicht ist ein Zeugnis seiner ambivalenten Gefühle gegenüber beiden Ländern, die aus seiner Position als Exilant resultieren. Es stellt somit ein sehr persönliches und ausdrucksstarkes Werk Heines dar.
Weitere Informationen
Heinrich Heine ist der Autor des Gedichtes „Anno 1839“. 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. Zwischen den Jahren 1813 und 1856 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Der Schriftsteller Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 148 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Heinrich Heine ist auch der Autor für Gedichte wie „Ach, die Augen sind es wieder“, „Ach, ich sehne mich nach Thränen“ und „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“. Zum Autor des Gedichtes „Anno 1839“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.
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