Das Bad zu Aachen von Susanne von Bandemer

Hygea winkte mir nach Aachens Wunderquellen,
Wo man Gesundheit hohlt, und, durch das Bad erneut,
Sich eines bessern Daseyns freut;
Ich aber floh die warmen Wellen,
Wovon ein seltsames Gerücht
Herum ging, und wovon ein neuer Barde spricht:
„Man las in einer Chronik von Cythere
(So lautet seine Nachricht) Amor wäre
Den Armen seiner Mutter einst entschlüpft.
 
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Kaum war, der Lose! fortgehüpft,
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So zog er durch die Welt; und wo er hinkam machte
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Sein Pfeil, daß jedes Herz in Liebe schmolz. Einst brachte
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Der Zufall ihn nach einer deutschen Stadt,
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Die von dem Wasser eines Quells den Namen hat,
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Der zwischen Schilf und Blumen reizend floß,
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Und endlich sich in einen Hain ergoß,
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Der ihn durch dichtes Laub versteckte,
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Bis ihn der große Karl auf einer Jagd entdeckte.
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Hier sah der kleine Gott – ach! eine Nymphe stehn,
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Wie Juno stolz, wie Venus schön.
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Die Spröde floh, so bald sie ihn ersehn;
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Er flog ihr nach: allein sie tauchte
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Sich tief in diese Fluth. Du sollst mir nicht entgehn!
 
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Er sprachs, warf einen Pfeil ihr nach: das Wasser rauchte. –
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Nun hört’ er sie verliebt um Hülfe flehn.
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Er aber floh hohnlachend fort. –“
 
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Noch wirkt der böse Pfeil auf diesem Wunder-Ort.
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Der Kranke, der es wagt die Glieder hier zu baden,
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Fühlt allzubald mit seinem Schaden,
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Daß, von dem heißen Pfeil entzündet,
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Die Heilkraft mit der Glut der Liebe sich verbindet.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Das Bad zu Aachen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
31
Anzahl Wörter
229
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Das Bad zu Aachen“ ist von der Dichterin Susanne von Bandemer, welche im 18 bis 19. Jahrhundert lebte. Sie gehört somit zur Epoche der Aufklärung bzw. des Sturms und Drangs, wenngleich ihre Werke kaum beachtet wurden.

Bei der ersten Durchsicht des Gedichts fällt auf, dass es sich um ein langes Gedicht mit vier Strophen handelt, welche in ihrer Länge variieren. Der Text ist geschrieben in Versen, die sich durch eine hohe Dichte von Metaphern, Allegorien und Symbolen auszeichnen.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht einen Besuch des lyrischen Ichs in den Thermalquellen von Aachen. Es erörtert die gesundheitsfördernden Eigenschaften des Bades, aber bemerkt auch eine besondere Eigenschaft, die den Ort zu einer Quelle der Liebe macht. Gemäß einer offenbar kursierenden Sage soll der Gott Amor dort einen seiner Liebespfeile in das Wasser der Quelle geschossen haben, was zur Folge hat, dass jeder, der sich in dem Wasser badet, sich verliebt. Mit Humor und Ironie reflektiert das lyrische Ich auf diese Geschichte und seine Entscheidung, aus Vorsicht vor den möglichen Konsequenzen, den Badeort zu verlassen.

Der poetische Text zeichnet sich durch eine komplexe Form aus. Die Strophenlängen variieren und sind zwischen drei und vierzehn Versen lang. Die Versform ist hingegen regelmäßig gereimt, wodurch eine melodische Sprache erzeugt wird. Die Sprache des Gedicht ist geprägt von einer vielschichtigen Bildsprache und Metaphorik, welche der romantischen Poesie zugeordnet werden kann. Dabei fällt auf, dass das Gedicht einen lebendigen und erzählerischen Charakter hat.

Zusammengefasst reflektiert das Gedicht auf humorvolle und ironische Weise die übertriebenen Erwartungen und Hoffnungen, die mit dem Besuch des Bades zu tun haben könnten. Es betont die wohltuende Wirkung des Ortes, hinterfragt jedoch gleichzeitig die mystische Vorstellung, dass ein Bad in den Quellen auch zur unvermeidlichen Liebe führen kann.

Weitere Informationen

Susanne von Bandemer ist die Autorin des Gedichtes „Das Bad zu Aachen“. Geboren wurde Bandemer im Jahr 1751 in Berlin. Das Gedicht ist im Jahr 1802 entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 229 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 31 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Susanne von Bandemer sind „Am Sarkophage der Frau Anne Luise Karschinn, geborne Dürbach“, „An * * * bey der Übersendung einer Haarlocke“ und „An Elise Reichsgräfin zu S * * * L * * *“. Zur Autorin des Gedichtes „Das Bad zu Aachen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 86 Gedichte veröffentlicht.

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