Der Wechselbalg von Heinrich Heine

Ein Kind mit großem Kürbiskopf,
Hellblondem Schnurrbart, greisem Zopf,
Mit spinnig langen, doch starken Ärmchen,
Mit Riesenmagen, doch kurzen Gedärmchen
Ein Wechselbalg, den ein Korporal,
Anstatt des Säuglings, den er stahl,
Heimlich gelegt in unsre Wiege
Die Mißgeburt, die mit der Lüge,
Mit seinem geliebten Windspiel vielleicht,
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Der alte Sodomiter gezeugt
11 
Nicht brauch ich das Ungetüm zu nennen
12 
Ihr sollt es ersäufen oder verbrennen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Der Wechselbalg“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
64
Entstehungsjahr
1797 - 1856
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das zu interpretierende Gedicht, „Der Wechselbalg“, wurde von Heinrich Heine verfasst. Heine lebte im 19. Jahrhundert und zählt zur Epoche des Vormärz. Die zentrale Figur des Gedichts ist ein „Wechselbalg“, eine Gestalt aus der deutschen Folklore, die üblicherweise für ein Kind steht, das von Feen oder Kobolden entführt und durch ein anderes Wesen ersetzt wurde.

Auf den ersten Blick fällt die groteske Beschreibung dieser Figur auf. Die teils widersprüchlichen Attribute - „greiser Zopf“ und „spinnig langen, doch starken Ärmchen“ - unterstreichen die Abnormalität und Uneindeutigkeit der Kreatur. Dabei spielt Heine bewusst mit Erwartungen und Normen. Die Figur scheint weder eindeutig Kind noch Greis zu sein und steht dadurch außerhalb gängiger Kategorien.

Das lyrische Ich stellt den Wechselbalg als Ausgestoßenes dar, das von einem unteren Rang, in diesem Fall einem Korporal, das Schicksal eines Säuglings manipuliert hat. Die Figur wird von täuschenden, gar verachtenswerten Figuren in die Gesellschaft eingefügt, aufgefordert, zu verbrennen oder zu ertränken. Daher kann der Inhalt des Gedichts als satirische und kritische Darstellung gesellschaftlicher Realitäten interpretiert werden. Der Wechselbalg steht als Metapher für unerwünschte oder fremde Elemente, gegen die sich die Gesellschaft wendet, und Heine kritisiert dieses ausgeprägte Streben nach Normativität.

Die Form des Gedichtes ist in zwei rhythmische Einheiten pro Vers strukturiert, was die Einheit von Inhalt und Form unterstützt. Hinzu kommt der klare und direkte Sprachgebrauch, die grotesken Bilder und die bissige Satire, die in starkem Kontrast zu der Moral von der Geschichte steht und die schroffe Ablehnung des Wechselbalgs deutlich macht.

Die Bezeichnung „Sodomiter“ und der Befehl, den Wechselbalg zu verbrennen oder zu ertränken, sind intensive Bilder für die Verachtung und das Unverständnis, mit dem das fremde Etwas konfrontiert wird. Der Text offenbart Schichten von Vorurteilen, Manipulation und Gewalt, und das lyrische Ich versucht, durch diese direkte und ironische Darstellung das Bewusstsein für diese Aspekte zu schärfen. Durch diesen drastischen Appell könnte Heine auf soziale Ungerechtigkeiten und Vorurteile hinweisen und dabei zur kritischen Reflexion und einer Humanisierung der Gesellschaft aufrufen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Wechselbalg“ des Autors Heinrich Heine. Heine wurde im Jahr 1797 in Düsseldorf geboren. Im Zeitraum zwischen 1813 und 1856 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 64 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Heinrich Heine sind „Almansor“, „Als ich, auf der Reise, zufällig“ und „Alte Rose“. Zum Autor des Gedichtes „Der Wechselbalg“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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