Zur Beruhigung von Heinrich Heine

Wir schlafen ganz, wie Brutus schlief
Doch jener erwachte und bohrte tief
In Cäsars Brust das kalte Messer!
Die Römer waren Tyrannenfresser.
 
Wir sind keine Römer, wir rauchen Tabak.
Ein jedes Volk hat seinen Geschmack,
Ein jedes Volk hat seine Größe;
In Schwaben kocht man die besten Klöße.
 
Wir sind Germanen, gemütlich und brav,
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Wir schlafen gesunden Pflanzenschlaf,
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Und wenn wir erwachen, pflegt uns zu dürsten
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Doch nicht nach dem Blute unserer Fürsten.
 
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Wir sind so treu wie Eichenholz,
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Auch Lindenholz, drauf sind wir stolz;
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Im Land der Eichen und der Linden
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Wird niemals sich ein Brutus finden.
 
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Und wenn auch ein Brutus unter uns wär,
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Den Cäsar fänd er nimmermehr,
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Vergeblich würd er den Cäsar suchen;
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Wir haben gute Pfefferkuchen.
 
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Wir haben sechsunddreißig Herrn
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(Ist nicht zuviel!), und einen Stern
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Trägt jeder schützend auf seinem Herzen,
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Und er braucht nicht zu fürchten die Iden des Märzen.
 
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Wir nennen sie Väter, und Vaterland
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Benennen wir dasjenige Land,
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Das erbeigentümlich gehört den Fürsten;
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Wir lieben auch Sauerkraut mit Würsten.
 
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Wenn unser Vater spazierengeht,
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Ziehn wir den Hut mit Pietät;
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Deutschland, die fromme Kinderstube,
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Ist keine römische Mördergrube.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Zur Beruhigung“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
186
Entstehungsjahr
1797 - 1856
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Zur Beruhigung“ stammt von Heinrich Heine, einem der bedeutendsten deutschen Dichter der Romantik, der vom 13. Dezember 1797 bis zum 17. Februar 1856 lebte.

Beim ersten Eindruck fällt eine Mischung aus Kritik, Humor und Spott auf. Heine verwendet historische Bezüge, indem er die römische Geschichte in Bezug auf Brutus und Cäsar einführt, und verknüpft diese mit der deutschen Kultur und Identität.

Das Gedicht beginnt mit einem Hinweis auf die berühmte Tat von Brutus, der als Verräter und Mörder von Julius Cäsar in die Geschichte einging. Heine kontrastiert dies mit der gemütlichen und friedlichen Natur des deutschen Volkes, das statt nach Blut nach Pfefferkuchen und Sauerkraut mit Würsten dürstet. Heine nutzt das Bild des schlafenden Brutus, um die als passiv wahrgenommene Haltung des deutschen Volkes anzusprechen. Durch den Vergleich zeigt er die Unterschiede zur römischen Geschichte auf und weist gleichzeitig auf die Abwesenheit von politischer Rebellion in Deutschland hin.

Die Sprache des Gedichts ist einfach, direkt und durchsetzt mit einem beißenden Humor, der die Lethargie und den Mangel an politischem Engagement des deutschen Volkes kritisiert. Zugleich bringt Heine eine gewisse Zuneigung und ein Verständnis für seine Landsleute zum Ausdruck.

Die Form des Gedichts ist streng strukturiert mit vier Versen pro Strophe. Diese Regelmäßigkeit unterstreicht die Routine und Ordnung, die Heine ebenfalls als deutsche Eigenschaften hervorhebt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Heine in „Zur Beruhigung“ auf humorvolle und ironische Weise die Kontraste zwischen dem aktiven römischen Bürgertum und dem friedfertigen deutschen Volk darstellt. Dabei blendet er nicht die Schwächen aus – die politische Passivität und die unterwürfige Haltung gegenüber den Fürsten –, weist aber auch auf die Stärken hin – die Gemütlichkeit, das Streben nach Ruhe und die Liebe zur Tradition und zu kulinarischen Genüssen. So entsteht ein facettenreiches Bild der deutschen Identität im 19. Jahrhundert.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zur Beruhigung“ des Autors Heinrich Heine. 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1813 und 1856. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 186 Worte. Weitere Werke des Dichters Heinrich Heine sind „Ahnung“, „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“ und „Almansor“. Zum Autor des Gedichtes „Zur Beruhigung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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