Das Archiv. von Gustav Schwab

Aus den tief gewölbten Gründen
Steigt zu Tage das Archiv,
Wo es, voll geheimer Sünden,
Viele hundert Jahre schlief.
 
Und der Graf, der zeucht, gebärdet
Ängstlich sich mit seinem Schatz:
Wandern soll er ungefährdet
Aus dem lang belegnen Platz.
 
Drum in siebenfaches Eisen
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Schließt er sein Geheimnis ein,
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Und im Panzerhemde kreisen
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Sieben Söldner um den Schrein.
 
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Hinter ihm vergebens rasselt
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Viel Bedrückter fluchend Wort,
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Schwer beladen, sicher prasselt
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Dicht umringt der Wagen fort.
 
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Durch der Knechte starre Lanzen
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Dringt kein Räuber auf dem Pfad,
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Und den eisenfesten Schanzen
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Kein verstohlner Dietrich naht.
 
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Sicher ist’s! so denkt mit Wonne
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Dicht zu Roß dabei der Graf.
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Da verfinstert sich die Sonne,
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Und der Wind erwacht vom Schlaf.
 
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Lauft, ihr Knechte, jagt, ihr Rosse!
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Drunten winkt mein neues Haus! –
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Doch dem himmlischen Geschosse
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Weicht die Beute nicht mehr aus.
 
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Wolken wehen dicht zusammen,
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Ferner Donner flucht herab,
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Endlich schickt ein Blitz die Flammen
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In das erzumschloßne Grab.
 
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Und wie Wachs schmilzt die Truhe,
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Drin es knistert, drin es brennt,
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Und aus seiner Totenruhe
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Flackert auf das Pergament.
 
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Foltersprüche, Fluchprozesse,
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Henkerthaten, Sündenglück,
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Alles sprühet aus der Esse –
40 
Und als Asche sinkt’s zurück.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Das Archiv.“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
191
Entstehungsjahr
1838? Erstdruck 1839
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Archiv“ wurde von Gustav Schwab verfasst, der von 1792 bis 1850 lebte. Dieser lebte in der Zeit der Romantik, die von ungefähr 1795 bis 1848 andauerte und seinen literarischen Stil stark beeinflusste.

Bei einem ersten Eindruck fällt auf, dass das Gedicht eine erzählende Form hat. Es beschreibt die Ereignisse um einen Grafen und sein geheimnisvolles Archiv, das für viele Jahre verborgen war.

Im Inhalt des Gedichts geht es zunächst um das Auftauchen eines alten Archivs aus der Tiefe, das mit geheimen Sünden gefüllt und über Jahrhunderte hinweg verborgen war. Der Graf zeigt sichtbare Angst bezüglich seines Schatzes, den er sorgfältig vor Gefahren sichern möchte. Um dies zu erreichen, schützt er sein Geheimnis mit siebenfacher Eisenummantelung und sieben Söldnern, die um den Schrein herum patrouillieren.

Trotz der Anstrengungen des Grafen, sein Archiv zu schützen, wird es schließlich durch ein himmlisches Geschoss, vermutlich ein Blitz, entzündet und zerstört. Die im Archiv enthaltenen Dokumente, die schreckliche Taten und bittere Flüche darstellen, werden durch das himmlische Feuer verbrannt und in Asche verwandelt.

Durch die Erzählung will das lyrische Ich möglicherweise auf die Vergänglichkeit materieller Güter und das unausweichliche Schicksal hinweisen, dass Geheimnisse letztendlich ans Licht kommen. Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen konnte der Graf sein Archiv und seine Geheimnisse nicht vor der Zerstörung durch göttliche Intervention schützen.

Bezüglich der Form und Sprache des Gedichts ist es auffällig, dass es in ein gleichförmiges Versmaß geschrieben und in zehn vierzeilige Strophen unterteilt ist, wodurch eine klare und geordnete Struktur entsteht. Die verwendete Sprache ist bildhaft und malerisch und umfasst sowohl einfache als auch komplexere Wörter. Es wird eine Atmosphäre von Geheimnis und Spannung geschaffen, die durch die Nutzung von Wörtern wie „Schatz“, „Geheimnisse“, „Blitz“ und „Flammen“ hervorgerufen wird.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Das Archiv.“ des Autors Gustav Schwab. Schwab wurde im Jahr 1792 in Stuttgart geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1839. Der Erscheinungsort ist Gütersloh. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 191 Worte. Der Dichter Gustav Schwab ist auch der Autor für Gedichte wie „Liebesmorgen“, „Rechtfertigung“ und „Schlittenlied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Archiv.“ weitere 12 Gedichte vor.

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