Die Seefahrer von Georg Heym

Die Stirnen der Länder, rot und edel wie Kronen
Sahen wir schwinden dahin im versinkenden Tag
Und die rauschenden Kränze der Wälder thronen
Unter des Feuers dröhnendem Flügelschlag.
 
Die zerflackenden Bäume mit Trauer zu schwärzen,
Brauste ein Sturm. Sie verbrannten, wie Blut,
Untergehend, schon fern. Wie über sterbenden Herzen
Einmal noch hebt sich der Liebe verlodernde Glut.
 
Aber wir trieben dahin, hinaus in den Abend der Meere,
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Unsere Hände brannten wie Kerzen an.
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Und wir sahen die Adern darin, und das schwere
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Blut vor der Sonne, das dumpf in den Fingern zerrann.
 
13 
Nacht begann. Einer weinte im Dunkel. Wir schwammen
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Trostlos mit schrägem Segel ins Weite hinaus.
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Aber wir standen am Borde im Schweigen beisammen
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In das Finstre zu starren. Und das Licht ging uns aus.
 
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Eine Wolke nur stand in den Weiten noch lange,
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Ehe die Nacht begann, in dem ewigen Raum
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Purpurn schwebend im All, wie mit schönem Gesange
20 
Über den klingenden Gründen der Seele ein Traum.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.6 KB)

Details zum Gedicht „Die Seefahrer“

Autor
Georg Heym
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
159
Entstehungsjahr
1887 - 1912
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Seefahrer“ wurde von Georg Heym geschrieben, der als einer der bedeutendsten Lyriker des frühen deutschen Expressionismus gilt. Er lebte von 1887 bis 1912, weshalb das Gedicht in der Epoche des Expressionismus einzuordnen ist, die von etwa 1905 bis 1925 andauerte.

Auf den ersten Blick fällt die düstere und melancholische Stimmung des Gedichts auf. Der Text erzählt die Geschichte von Seefahrern, die im Angesicht eines sich ankündigenden Sturms auf hoher See sind. Die Landschaften, die sie zurücklassen, brennen in dramatischen Bildern. Sie treiben hinaus aufs Meer, ihre Hände brennend wie Kerzen, ihr Blut vor der Sonne sichtbar. Sie blicken dem Dunkel entgegen, während das Licht sie verlässt.

Die Hauptnachricht des lyrischen Ichs scheint eine Reflexion über die Vergänglichkeit und die Unausweichlichkeit von Tod und Verlust zu sein. Die Seefahrer verlassen die bekannte Welt, fahren hinaus in unbekannte Gefilde, und obwohl sie diese Entscheidung bewusst treffen, handeln sie scheinbar aus einer unausweichlichen Notwendigkeit heraus.

Das Gedicht besteht aus fünf vierzeiligen Strophen mit freien Versen, die sich durch den harmonischen Wechsel von Betonung und Unbetonung auszeichnen. Die Worte sind gewählt, um intensive Bilder zu erzeugen und die düstere Stimmung zu betonen. Die Sprache von Heym ist bildhaft und metaphorisch und vermittelt so die tiefen Emotionen und die Innenwelt des lyrischen Ichs. Mit Bildern von Feuer, brennenden Händen und Licht, das ausgeht, beschreibt er eindrücklich die dramatische Situation und die inneren Zustände der Figuren. Im letzten Vers jedoch liegt eine gewisse Schönheit und ruhige Akzeptanz in der Darstellung von Verlust - eine Einsicht darüber, dass im Auge eines bevorstehenden Sturms auch Melancholie und Schönheit liegen können. Es ist diese Verquickung von Schönheit und Schrecken, von Hoffnung und Verzweiflung, die das Gedicht so kraftvoll und berührend macht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Seefahrer“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Georg Heym. Der Autor Georg Heym wurde 1887 in Hirschberg geboren. Zwischen den Jahren 1903 und 1912 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Expressionismus zuordnen. Bei Heym handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 159 Worte. Die Gedichte „Der Abend“, „Der Baum“ und „Der Blinde“ sind weitere Werke des Autors Georg Heym. Zum Autor des Gedichtes „Die Seefahrer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 79 Gedichte vor.

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