An die Vollendung von Johann Christian Friedrich Hölderlin
1 |
Vollendung! Vollendung! |
2 |
O du der Geister heiliges Ziel! |
3 |
Wann werd ich siegestrunken |
4 |
Dich umfahen und ewig ruhn? |
|
|
5 |
Und frei und groß |
6 |
Entgegenlächeln der Heerschar, |
7 |
Die zahllos aus den Welten |
8 |
In den Schoß dir strömt? |
|
|
9 |
Ach ferne, ferne von dir! |
10 |
Mein göttlichster, schönster Gedanke |
11 |
War, wie der Welten |
12 |
Fernstes Ende, ferne von dir! |
|
|
13 |
Und fleugt auf des Sturmes Flügeln |
14 |
Aeonen lang die Liebe dir zu, |
15 |
Noch schmachtet sie ferne von dir, |
16 |
Ach! ferne, ferne von dir! |
|
|
17 |
Doch kühner gewaltiger |
18 |
Unaufhaltbarer immer |
19 |
Fleugt durch Myriaden Aeonen |
20 |
Dir zu die glühende Liebe. |
|
|
21 |
Voll hoher Einfalt, |
22 |
Einfältig still und groß |
23 |
Rangen des Siegs gewiß, |
24 |
Rangen dir zu die Väter. |
|
|
25 |
Ihre Hülle verschlang die Zeit, |
26 |
Verwest, zerstreut ist der Staub, |
27 |
Doch rang des Sieges gewiß |
28 |
Der Funke Gottes, ihr Geist, dir zu. |
|
|
29 |
Sind sie eingegangen zu dir, |
30 |
Die da lebten im Anbeginn? |
31 |
Ruhen, ruhen sie nun, |
32 |
Die frommen Väter? |
|
|
33 |
Vollendung! Vollendung! |
34 |
Der Geister heiliges Ziel! |
35 |
Wann werd ich siegestrunken |
36 |
Dich umfahen und ewig ruhn? |
Details zum Gedicht „An die Vollendung“
9
36
159
1770 - 1843
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das gegebene Gedicht trägt den Titel „An die Vollendung“ und stammt von dem deutschen Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin. Hölderlin war ein Schlüsselfigur der deutschen Romantik und lebte von 1770 bis 1843. Dementsprechend lässt sich das Gedicht zeitlich in das späte 18. bis frühe 19. Jahrhundert einordnen.
Das Gedicht erweckt auf den ersten Blick den Eindruck von einer tiefen Sehnsucht und dringlichen Suche nach Vollendung und Frieden. Das lyrische Ich spricht direkt zur Personifizierung der Vollendung und kulminiert sein Streben und Verlangen in diesen Austausch.
Inhaltlich greift das Gedicht eine existenzielle Thematik auf. Es drückt zunächst das starke Streben des lyrischen Ichs aus, sich in der Vollendung zu verlieren und ewigen Frieden zu finden. Dieser Wunsch ist jedoch nicht leicht zu erreichen, da das lyrische Ich sich paradoxerweise weit entfernt von der Vollendung fühlt, ganz gleich, wie sehr es sich danach sehnt. Darüber hinaus wird im Gedicht ein Kontrast zwischen dem flüchtigen, vergänglichen irdischen Leben und dem ewigen, unveränderlichen Geist dargestellt.
Formal besteht das Gedicht aus neun vierzeiligen Strophen. Es gibt kein konsequentes Reimschema, die Anzahl der Silben pro Vers variiert, und die Zeilen sind im frei Rhythmus verfasst. Die Sprache ist streng und ernst, voll von religiöser und spiritueller Symbolik und hohen Idealbildern, was typisch für die Dichtkunst der deutschen Romantik ist.
In Bezug auf diese Form und Sprache lässt sich sagen, dass Hölderlins Dichtkunst eigenwillig und kraftvoll ist, mit einer starken Betonung auf der Darstellung von intensiven emotionalen und philosophischen Zuständen. Seine Worte scheinen die tiefsten Tiefen des menschlichen Verlangens, der Hoffnung und des Verlusts zu erfassen und in expressive und bedeutungsvolle poetische Ausdrücke zu transformieren. In diesem Sinne ist „An die Vollendung“ ein leuchtendes Beispiel für seine Fähigkeiten und seine stilistische Individualität.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An die Vollendung“ des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1786 bis 1843 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 159 Worte. Die Gedichte „An unsre Dichter“, „Das Schicksal“ und „Das Unverzeihliche“ sind weitere Werke des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. Zum Autor des Gedichtes „An die Vollendung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Johann Christian Friedrich Hölderlin und seinem Gedicht „An die Vollendung“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Weimarer Klassik (1794 - 1805) - die gemeinsame Schaffensperiode von Goethe und Schiller
- Vergleich der Gedichte: Die Stadt (Storm) und Rings um ruhet die Stadt (Hölderlin)
Weitere Gedichte des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin (Infos zum Autor)
- Abbitte
- Abendphantasie
- An Ihren Genius
- An die Deutschen
- An die Parzen
- An die jungen Dichter
- An unsre Dichter
- Das Schicksal
- Das Unverzeihliche
- Dem Genius der Kühnheit
Zum Autor Johann Christian Friedrich Hölderlin sind auf abi-pur.de 181 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt