Der Zeitgeist von Johann Christian Friedrich Hölderlin

Zu lang schon waltest über dem Haupte mir,
Du in der dunkeln Wolke, du Gott der Zeit!
Zu wild, zu bang ists ringsum, und es
Trümmert und wankt ja, wohin ich blicke.
 
Ach! wie ein Knabe, seh ich zu Boden oft,
Such in der Höhle Rettung von dir, und möcht,
Ich Blöder, eine Stelle finden,
Alleserschüttrer! wo du nicht wärest.
 
Laß endlich, Vater! offenen Augs mich dir
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Begegnen! hast denn du nicht zuerst den Geist
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Mit deinem Strahl aus mir geweckt? mich
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Herrlich ans Leben gebracht, o Vater!
 
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Wohl keimt aus jungen Reben uns heilge Kraft;
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In milder Luft begegnet den Sterblichen,
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Und wenn sie still im Haine wandeln,
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Heiternd ein Gott; doch allmächtger weckst du
 
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Die reine Seele Jünglingen auf, und lehrst
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Die Alten weise Künste; der Schlimme nur
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Wird schlimmer, daß er bälder ende,
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Wenn du, Erschütterer! ihn ergreifest.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.5 KB)

Details zum Gedicht „Der Zeitgeist“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
141
Entstehungsjahr
1770 - 1843
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Zeitgeist“ wurde von Johann Christian Friedrich Hölderlin geschrieben, der von 1770 bis 1843 lebte. Dies platziert das Werk in die Epoche der Romantik, einer literarischen Bewegung am Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts, die durch ihre Betonung von Emotion, Individualität und dem Außergewöhnlichen gekennzeichnet ist.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie ein Dialog oder eine Auseinandersetzung zwischen dem lyrischen Ich und einer gotischen Figur – der Gott der Zeit oder „Zeitgeist“. Es zeugt von einer intensiven emotionalen Auseinandersetzung mit der Zeit und der Rolle, die sie im Leben des lyrischen Ichs spielt.

Im Gedicht drückt das lyrische Ich eine gewisse Unbehaglichkeit und Angst vor der herrschenden Zeit aus (Strophe 1), etwas, was es als bedrohlich und destabilisierend wahrnimmt („es trümmert und wankt ja, wohin ich blicke.“). In der zweiten Strophe wird diese Bestürzung weiter vertieft, ein Wunsch nach Flucht oder Rettung wird ausgedrückt („such in der Höhle Rettung von dir“). Dann bittet das lyrische Ich um eine Begegnung und Auseinandersetzung mit der Zeit (Strophe 3), betont seine Rolle bei der Erweckung des eigenen Geistes und bittet um eine Begegnung 'mit offenen Augen'. Schließlich heben die letzten beiden Strophen die gestaltende und erweckende Rolle der Zeit hervor, sie wird gesehen als Lehrer oder Erwecker, der die Seelen junger Männer aufweckt und den Alten Weisheit lehrt (Strophe 5).

Die Form des Gedichts ist geprägt von einer klaren und strukturierten Struktur, mit vier Versen pro Strophe und einem durchdachten Wechsel von Ausdruck und Ton. Die Sprache ist geprägt von einer gewissen Schwermut und Direktheit, was das Gefühl der Unruhe und Beklemmung, die das Gedicht prägen, verstärkt. Besonders betont wird die Macht der Zeit, die sowohl als Zerstörer als auch als Schöpfer gesehen wird. Dabei zeigt sich Hölderlins typischer Stil, der in seiner lyrischen Intensität und dem bewussten Spiel mit Sprache und Form stark von der Romantik beeinflusst ist.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Zeitgeist“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Christian Friedrich Hölderlin. Der Autor Johann Christian Friedrich Hölderlin wurde 1770 in Lauffen am Neckar geboren. In der Zeit von 1786 bis 1843 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 141 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin sind „An Ihren Genius“, „An die Deutschen“ und „An die Parzen“. Zum Autor des Gedichtes „Der Zeitgeist“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.

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