Der Lehrling der Griechen von Friedrich Gottlieb Klopstock

Wen des Genius Blick, als er geboren ward,
Mit einweihendem Lächeln sah,
Wen, als Knaben, ihr einst Smintheus Anakreons
Fabelhafte Gespielinnen,
Dichtrische Tauben umflogt, und sein mäonisch Ohr
Vor dem Lärme der Scholien
Sanft zugirrtet, und ihm, daß er das Altertum
Ihrer faltigen Stirn nicht säh,
Eure Fittige lieht, und ihn umschattetet,
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Den ruft, stolz auf den Lorbeerkranz,
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Welcher vom Fluche des Volks welkt, der Eroberer
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In das eiserne Feld umsonst,
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Wo kein mütterlich Ach bang bei dem Scheidekuß,
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Und aus blutender Brust geseufzt,
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Ihren sterbenden Sohn dir, unerbittlicher,
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Hundertarmiger Tod, entreißt!
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Wenn das Schicksal ihn ja Königen zugesellt,
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Umgewöhnt zu dem Waffenklang,
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Sieht er, von richtendem Ernst schauernd, die
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Leichname
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Stumm und seelenlos ausgestreckt,
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Segnet dem fliehenden Geist in die Gefilde nach,
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Wo kein tötender Held mehr siegt.
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Ihn läßt gütiges Lob, oder Unsterblichkeit
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Des, der Ehre vergeudet, kalt!
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Kalt der wartende Tor, der, des Bewunderns voll,
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Ihn großäugichten Freunden zeigt,
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Und der lächelnde Blick einer nur schönen Frau,
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Der zu dunkel die Singer ist.
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Tränen nach besserem Ruhm werden Unsterblichen,
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Jenen alten Unsterblichen,
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Deren daurender Wert, wachsenden Strömen gleich,
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Jedes lange Jahrhundert füllt,
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Ihn gesellen, und ihn jenen Belohnungen,
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Die der Stolze nur träumte, weihn!
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Ihm ist, wenn ihm das Glück, was es so selten tat,
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Eine denkende Freundin gibt,
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Jede Zähre von ihr, die ihr sein Lied entlockt,
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Künftiger Zähren Verkünderin!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Der Lehrling der Griechen“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
39
Anzahl Wörter
224
Entstehungsjahr
1724 - 1803
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Der Lehrling der Griechen“ stammt von Friedrich Gottlieb Klopstock, der von 1724 bis 1803 lebte und einer der bekanntesten Dichter der deutschen Aufklärung ist. Das Gedicht ist daher zeitlich der Epoche der Aufklärung zuzuordnen.

Beim ersten Lesen verrät das Gedicht eine hohe Sprachkunst und Textkomplexität. Die klassisch-griechische Mythologie nimmt starken Einfluss auf Klopstocks Werk. Im Gedicht werden Namen wie Genius, Smintheus und Anakreon verwendet, die wichtige mythologische Figuren repräsentieren.

Das lyrische Ich des Gedichts scheint jemand zu sein, der eine besondere Verbindung zur Poesie und zu den antiken Griechen hat, was uns aus den ersten Zeilen klar wird. Hierbei wird das lyrische Ich als eine Person beschrieben, die von Geburt an zum Dichter bestimmt ist („genius Blick“). Es wird darauf hingewiesen, dass es gegen den Krieg ist (Vers 11-16). Es scheint, dass das lyrische Ich die Schrecken des Krieges und den Tod scharf kritisiert und gleichzeitig die Bedeutung des Schreibens und der Poesie hervorhebt.

Formal besteht das Gedicht aus einer einzigen Strophe mit 39 Versen. Es gibt kein festes Reimschema, was dem Gedicht einen Fluss verleiht, der eher an Prosa als an Lyrik erinnert.

Die Sprache des Gedichts ist gehoben und geprägt von bildhaften und ausdrucksstarken Metaphern und Vergleichen. Es zeigt eine ausgeprägte Affinität zur klassisch-griechischen Mythologie.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Klopstocks Gedicht ein hohes Maß an Engagement für die Poesie und eine entschiedene Ablehnung des Kriegs zum Ausdruck bringt. Es stellt die Macht der Dichtung und ihre Fähigkeit, Unsterblichkeit zu verleihen, in den Vordergrund und kritisiert zugleich die Grausamkeit des Krieges und des Todes.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Lehrling der Griechen“ des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Im Jahr 1724 wurde Klopstock in Quedlinburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1740 bis 1803 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Bei Klopstock handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 224 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 39 Versen mit nur einer Strophe. Friedrich Gottlieb Klopstock ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Wiedersehn“, „An die nachkommenden Freunde“ und „Das verlängerte Leben“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Lehrling der Griechen“ weitere 65 Gedichte vor.

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