Mein Irrtum von Friedrich Gottlieb Klopstock

Lange hatt' ich auf sie, forschend geschaut,
Auf die Redenden nicht; die Täter! war,
Bei den Malen der Geschichte
Wandelnd, den Franken gefolgt.
Die an Völkern du rächst, Königen rächst,
Priestern, die Menschheit, wie wars, Geschichte,
voll
Von Gemälden, die der Gute,
Bleich vor Entsetzen erblickt.
 
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Dennoch glaubt' ich, und ach Wonne war mir,
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Morgenrötlicher Glanz der goldne Traum!
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War ein Zauber, wie gehoffter
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Liebe, dem trunkenen Geist!
 
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Freiheit, Mutter des Heils, deucht' es mich, du
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Würdest Schöpferin sein, die Glücklichen,
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Die so ganz du dir erkorest,
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Umzuschaffen gesandt!
 
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Bist du nicht Schöpferin mehr? oder sind sie
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Nicht umschaffbar, die du entfesseltest?
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Ist ihr Herz Fels, und ihr Auge
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Nacht, zu sehn, wer du bist?
 
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Deine Seel' ist Gesetz! Aber ihr Blick
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Wird des Falken, ihr Herz wird Feuerstrom;
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Ha, er funkelt, und es glühet,
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Wenn das Ungesetz winkt.
 
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Dieses kennen sie, dich kennen sie nicht,
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Das, das lieben sie! Doch dein Name tönt.
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Wenn die Guten das verruchte
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Schwert trifft: schallt es von dir.
 
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Freiheit, Mutter des Heils, nannten sie dich
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Nicht selbst da noch, als nun Erobrungskrieg,
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Mit dem Bruche des gegebnen
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Edlen Wortes, begann?
 
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Ach des goldenen Traums Wonn' ist dahin,
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Mich umschwebet nicht mehr sein Morgenglanz,
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Und ein Kummer, wie verschmähter
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Liebe, kümmert mein Herz.
 
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Müde labet auch wohl Schatten am Weg'
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In der Ode, der weit umher sich krümmt;
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So hat jüngst mich die erhabne
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Männin, Corday gelabt.
 
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Richter schändeten sich, sprachen es los
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's Ungeheuer: sie sprach nicht los, und tat,
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Was mit Glut einst auf der Wange,
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Tränen, der Enkel erzählt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.2 KB)

Details zum Gedicht „Mein Irrtum“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
45
Anzahl Wörter
258
Entstehungsjahr
1724 - 1803
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mein Irrtum“ stammt von Friedrich Gottlieb Klopstock und gehört zur Literatur der Weimarer Klassik. Klopstock lebte von 1724 bis 1803.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht durch starke Emotionen und Reflexionen des lyrischen Ichs geprägt zu sein. Es verwendet auch allegorische Elemente und starke Symbolik, um seine Message zu vermitteln.

Im Inhalt des Gedichts scheint das lyrische Ich zunächst eine intensive Beobachtung der Geschichte und ihrer Akteure vorzunehmen. Es prangert das Unrecht an, das von diesen Akteuren - Königen, Priestern und anderen Machthabern - verübt wurde. Es ist eine tiefgehende Auseinandersetzung mit und Kritik an Machtmissbrauch und Ungerechtigkeit. Das lyrische Ich hatte zunächst die Hoffnung, dass die Freiheit zum Wohl der Menschen führen würde. Jedoch wird dieses Ideal bald zerstört, weil das lyrische Ich feststellt, dass diejenigen, die Freiheit bekommen haben, sie missbrauchen. Die Freiheit wird dann als etwas Ungerechtes und Gewalttätiges gesehen. Das lyrische Ich empfindet dies als bittere Enttäuschung und Irrtum.

In der Form besteht das Gedicht aus zehn Strophen mit jeweils vier Versen, was eine sehr strukturierte und formelle Formgebung nahelegt. Diese strenge Form spiegelt möglicherweise die strenge Moral und die Enttäuschung des lyrischen Ichs wider.

In Bezug auf die Sprache werden allegorische und symbolische Elemente verwendet, um die Emotionen des lyrischen Ichs und seine Kritik am Missbrauch von Freiheit zu unterstreichen. Wörter wie „Freiheit“, „Feuerstrom“ und „Ungesetz“ werden in einem Kontext benutzt, der stark negative Assoziationen hervorruft und die Emotionen des lyrischen Ichs widerspiegelt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Klopstocks Gedicht „Mein Irrtum“ eine starke Kritik am Machtmissbrauch und der Ungerechtigkeit in der Geschichte ist. Es zeigt die tiefe Enttäuschung und den Schmerz des lyrischen Ichs über seinen ursprünglichen Glauben an die heilende Kraft der Freiheit. Es verwendet eine strenge Form und eine symbolische Sprache, um seine Botschaft zu vermitteln.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Mein Irrtum“ ist Friedrich Gottlieb Klopstock. Der Autor Friedrich Gottlieb Klopstock wurde 1724 in Quedlinburg geboren. In der Zeit von 1740 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Empfindsamkeit kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Klopstock handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 45 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 258 Worte. Der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock ist auch der Autor für Gedichte wie „An die rheinischen Republikaner“, „Winterfreuden“ und „Das Wiedersehn“. Zum Autor des Gedichtes „Mein Irrtum“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 65 Gedichte vor.

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