Schön-Rohtraut von Eduard Mörike

Wie heißt König Ringangs Töchterlein?
Rohtraut, Schön-Rohtraut.
Was tut sie denn den ganzen Tag,
Da sie wohl nicht spinnen und nähen mag?
Tut fischen und jagen.
O daß ich doch ihr Jäger wär!
Fischen und jagen freute mich sehr.
Schweig stille, mein Herze!
 
Und über eine kleine Weil,
10 
Rohtraut, Schön-Rohtraut,
11 
So dient der Knab auf Ringangs Schloß
12 
In Jägertracht und hat ein Roß,
13 
Mit Rohtraut zu jagen.
14 
O daß ich doch ein Königssohn wär!
15 
Rohtraut, Schön-Rohtraut lieb ich so sehr.
16 
Schweig stille, mein Herze!
 
17 
Einsmals sie ruhten am Eichenbaum,
18 
Da lacht Schön-Rohtraut:
19 
Was siehst mich an so wunniglich?
20 
Wenn du das Herz hast, küsse mich!
21 
Ach! erschrak der Knabe!
22 
Doch denket er: mir ist's vergunnt,
23 
Und küsset Schön-Rohtraut auf den Mund.
24 
Schweig stille, mein Herze!
 
25 
Darauf sie ritten schweigend heim,
26 
Rohtraut, Schön-Rohtraut;
27 
Es jauchzt der Knab in seinem Sinn:
28 
Und würdst du heute Kaiserin,
29 
Mich sollt's nicht kränken:
30 
Ihr tausend Blätter im Walde wißt,
31 
Ich hab Schön-Rohtrauts Mund geküßt!
32 
Schweig stille, mein Herze!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Schön-Rohtraut“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
163
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Schön-Rohtraut“ stammt von dem Dichter Eduard Mörike, der von 1804 bis 1875 lebte. Er wird der Epoche des Biedermeier / der Spätromantik zugeordnet.

Beim ersten Lesen des Gedichts sticht die klare und einfache Sprache hervor, die jedoch eine rührende Liebesgeschichte erzählt. Wir treffen auf eine unkonventionelle Prinzessin namens Rohtraut und einen jungen Mann, der vor allem durch seine Bewunderung und seine Liebe zu ihr zum Ausdruck kommt.

Der Inhalt des Gedichtes lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Rohtraut ist die Tochter des Königs Ringang. Sie lebt ein unkonventionelles Leben, indem sie lieber den ganzen Tag Fischen und Jagen geht, anstatt sich mit traditionellen Frauenarbeiten wie Spinnen und Nähen zu beschäftigen. Ein namenloser junger Mann träumt davon, Rohtrauts Jäger zu sein, und schließlich erfüllt sich dieser Traum. Er arbeitet auf dem Schloss des Königs in Jägerkleidung und geht mit Rohtraut auf die Jagd. Obwohl er sich wünscht, ein Königssohn zu sein, ist seine Liebe zu Rohtraut stärker. Als sie eines Tages unter einem Eichenbaum rasten, fordert Rohtraut ihn auf, sie zu küssen, wenn er den Mut hat. Überrascht und eingeschüchtert küsst er Rohtraut schließlich. Überglücklich kehren sie nach Hause zurück, und er ist so erfüllt von der Freude dieses Kusses, dass er es sogar ohne Bedauern hinnehmen würde, wenn Rohtraut Kaiserin würde.

Das lyrische Ich in diesem Gedicht ist der namenlose junge Mann. Seine Gedanken und Gefühle bilden den Kern des Gedichts. Er ist fasziniert von Rohtraut, ihrer Schönheit, ihrer Unkonventionalität und Unabhängigkeit. Diese Bewunderung ist so stark, dass er sie mehr liebt, als er den Titel eines Königssohnes begehrt.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen zu je acht Versen. Die Sprache ist einfach und klar und hat dennoch eine poetische Wirkung. Die Wiederholung des Namens „Rohtraut, Schön-Rohtraut“ und des Ausrufs „Schweig stille, mein Herze!“ schafft ein rhythmisches Muster und betont die starke Emotion, die der junge Mann für Rohtraut empfindet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Eduard Mörikes Gedicht „Schön-Rohtraut“ die Geschichte einer starken und unabhängigen Prinzessin und eines jungen Mannes erzählt, der sie innig liebt. Obwohl sie aus verschiedenen Welten kommen, verbindet sie ihre gemeinsame Leidenschaft für die Natur und die Jagd, und letzten Endes gewinnt die Liebe. Die einfache Sprache und klare Struktur machen das Gedicht zu einem zugänglichen und bewegenden literarischen Werk.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Schön-Rohtraut“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Eduard Mörike. Geboren wurde Mörike im Jahr 1804 in Ludwigsburg. Das Gedicht ist in der Zeit von 1820 bis 1875 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Bei Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 163 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Eduard Mörike sind „Er ist’s“, „Gebet“ und „Im Frühling“. Zum Autor des Gedichtes „Schön-Rohtraut“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 171 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Das Video mit dem Titel „Schumann Romanzen und Balladen, Heft I, op 67 no 2, Schön Rohtraut; Stuttgart Vocal Ensemble“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Eduard Mörike

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Eduard Mörike und seinem Gedicht „Schön-Rohtraut“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Eduard Mörike (Infos zum Autor)

Zum Autor Eduard Mörike sind auf abi-pur.de 171 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.