Corrida von Rainer Maria Rilke

In memoriam Montez, 1830

Seit er, klein beinah, aus dem Toril
ausbrach, aufgescheuchten Augs und Ohrs,
und den Eigensinn des Picadors
und die Bänderhaken wie im Spiel
 
hinnahm, ist die stürmische Gestalt
angewachsen — sieh: zu welcher Masse,
aufgehäuft aus altem schwarzen Hasse,
und das Haupt zu einer Faust geballt,
 
nicht mehr spielend gegen irgendwen,
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nein: die blutigen Nackenhaken hissend
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hinter den gefällten Hörnern, wissend
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und von Ewigkeit her gegen den,
 
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der in Gold und mauver Rosaseide
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plötzlich umkehrt und, wie einen Schwarm
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Bienen und als ob er’s eben leide,
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den Bestürzten unter seinem Arm
 
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durchläßt, — während seine Blicke heiß
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sich noch einmal heben, leichtgelenkt,
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und als schlüge draußen jener Kreis
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sich aus ihrem Glanz und Dunkel nieder
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und aus jedem Schlagen seiner Lider,
 
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ehe er gleichmütig, ungehässig,
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an sich selbst gelehnt, gelassen, lässig
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in die wiederhergerollte große
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Woge über dem verlornen Stoße
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seinen Degen beinah sanft versenkt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Corrida“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
26
Anzahl Wörter
144
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Corrida“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, einem der bedeutendsten Lyriker der literarischen Moderne, der von 1875 bis 1926 lebte. Es entstand also im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert.

Der erste Eindruck des Gedichts ist eine intensive, dramatische Szene von einer klassischen Stierkampfarena, der „Corrida“. Rilke beschreibt den Stierkampf detailreich und benutzt hierbei eine bildhafte, ausdrucksstarke Sprache um die ernste Stimmung zu unterstreichen.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einer Corrida, einem Stierkampf. Es wird das Heranwachsen des Stiers von seinem ersten Kampf, seiner stürmischen Jugend bis hin zu seinem Endkampf beschrieben. Das lyrische Ich scheint dabei das Geschehen aus einer distanzierten, beobachtenden Perspektive zu schildern.

Auf der Ebene der Aussage scheint Rilke das brutale Schauspiel des Stierkampfs als Metapher für das Leben selbst zu nutzen. Die Entwicklung des Stiers, sein Aufwachsen, sein Kampf und schließlich sein Tod spiegeln den Zyklus des Lebens wider.

Form und Sprache des Gedichts zeugen von Rilkes hoher Kunstauffassung. Das Gedicht ist in vier- und fünfversige Strophen unterteilt und weist einen durchgehenden Reim auf. Der auf die Einzelheiten fokussierende Sprachstil, gepaart mit einer bildhaften Diktion und eindringlichen Metaphern, erzeugt eine starke, emotionale Wirkung. Rilke nutzt zudem zahlreiche Ellipsen (ausgelassene Worte oder Satzteile), wodurch das Geschehen wie in Fragmenten wahrgenommen wird und dadurch noch intensiver wirkt. Das Gedicht ist geprägt von konkreten und anschaulichen Beschreibungen, wie beispielsweise „die Bänderhaken wie im Spiel“, „der in Gold und mauver Rosaseide“ oder „den Bestürzten unter seinem Arm“, die das Bild des Stierkampfs plastisch hervorbringen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rilke in „Corrida“ eine hochdramatische und brutale Szene des Stierkampfs nutzt, um tiefergehende Themen wie das Leben, das Erwachsenwerden und den Tod anzusprechen. Durch die verwendete Bildsprache macht er die Corrida zu einer Allegorie dieser Themen und erzeugt dabei eine intensive, emotionsgeladene Atmosphäre.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Corrida“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. 1918 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 26 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 144 Worte. Die Gedichte „Abend“, „Abend in Skaane“ und „Absaloms Abfall“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Corrida“ weitere 338 Gedichte vor.

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