Karwoche von Eduard Mörike

O Woche, Zeugin heiliger Beschwerde!
Du stimmst so ernst zu dieser Frühlingswonne,
Du breitest im verjüngten Strahl der Sonne
Des Kreuzes Schatten auf die lichte Erde,
 
Und senkest schweigend deine Flöre nieder;
Der Frühling darf indessen immer keimen,
Das Veilchen duftet unter Blütenbäumen
Und alle Vöglein singen Jubellieder.
 
O schweigt, ihr Vöglein auf den grünen Auen!
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Es hallen rings die dumpfen Glockenklänge,
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Die Engel singen leise Grabgesänge;
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O still, ihr Vöglein hoch im Himmelblauen!
 
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Ihr Veilchen, kränzt heut keine Lockenhaare!
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Euch pflückt mein frommes Kind zum dunkeln
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Strauße,
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Ihr wandert mit zum Muttergotteshause,
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Da sollt ihr welken auf des Herrn Altare.
 
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Ach dort, von Trauermelodieen trunken,
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Und süß betäubt von schweren Weihrauchdüften,
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Sucht sie den Bräutigam in Todesgrüften,
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Und Lieb' und Frühling, alles ist versunken!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Karwoche“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Karwoche“ ist von Eduard Mörike, einem bedeutenden Lyriker der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Es kann also einer Zeit zugeordnet werden, in welcher die Romantik starken Einfluss auf die Literatur hatte.

Beim ersten Lesen des Gedichts wirkt es sehr melancholisch und besinnlich. Der ernste Ton und die miteinander verbundenen Themen von Religion, Natur und Tod zeugen von einem tiefgehenden Nachsinnen über existenzielle Fragen.

Inhaltlich befasst sich das lyrische Ich im Gedicht mit der Karwoche, also der Woche vor Ostern, welche für Christen eine sehr heilige und ernste Zeit ist. Neben den religiösen Aspekten ist auch der Frühling präsent. Das lyrische Ich stellt eine Verbindung zwischen der lebendigen Frühlingsnatur und dem Leiden Christi her. So wirft das Kreuz seinen Schatten auf die blühende Erde und die Freude des Frühlings weicht einer stillen Trauer.

Die verwendete Sprache und Form unterstreichen diese Atmosphäre. Das Gedicht ist relativ streng strukturiert, mit meist vier Versen pro Strophe. Die Worte sind gewählt, um starke Gefühle zu evozieren: Heilige Beschwerde, Frühlingswonne, Kreuzesschatten. Es ist eine Mischung aus sehr schöner, beinahe verträumter Naturlyrik und der ernsten, fast düsteren Erinnerung an die Passion Christi. Die Sprache ist durchwegs sehr poetisch und verwendet viele bildhafte Metaphern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Karwoche“ ein tiefsinniges und emotionales Gedicht ist, in dem der Autor die symbolische Verbindung zwischen der Natur und den religiösen Bräuchen der Karwoche erforscht und dabei eine beeindruckende Lyrik verwendet. Mörike verbindet dabei zwei Themen, welche ihm offensichtlich am Herzen liegen, miteinander: die Schönheit und Vergänglichkeit der Natur sowie die religiösen Traditionen und Rituale, die uns mit dem Geheimnis des Lebens und des Todes verbinden.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Karwoche“ ist Eduard Mörike. Mörike wurde im Jahr 1804 in Ludwigsburg geboren. In der Zeit von 1820 bis 1875 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Biedermeier zuordnen. Mörike ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 125 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 21 Versen. Weitere Werke des Dichters Eduard Mörike sind „Auf eine Christblume“, „Hülfe in der Not“ und „Pastoralerfahrung“. Zum Autor des Gedichtes „Karwoche“ haben wir auf abi-pur.de weitere 171 Gedichte veröffentlicht.

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