Christine von Frank Wedekind

Bessern soll ich mich? – O Himmel,
Wie werd’ ich wohl besser!
Eher reiten schwarze Schimmel
Weiße Menschenfresser,
Eh’ daß solch ein Kauz wie ich
In sich geht und bessert sich.
 
Nein, mein Fräulein, ich verzichte
Auf die Tugendpalme;
Schreibe meine Mordgedichte
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Tief im Tabaksqualme,
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Bis der Satan kommt und spricht:
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Fort mit dir, du Bösewicht!
 
13 
Ja, der Teufel wird mich holen
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Früher oder später,
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Und ich Ärmster muß verkohlen
16 
Unter Schmerzgezeter;
17 
Haut und Haar und Fleisch und Bein,
18 
Alles muß gebraten sein.
 
19 
Sie indessen wandeln lieblich
20 
In der Engel Scharen,
21 
Blumen tragend, wie dort üblich,
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In gelockten Haaren,
23 
Und das ganze Angesicht
24 
Angestrahlt vom Himmelslicht.
 
25 
Sehn Sie nun, wie weit geschieden
26 
Unsre beiden Pfade:
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Ihnen eines Gartens Frieden,
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Mir die Barrikade,
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Wo man sich bei jedem Schritt
30 
Auf die Hühneraugen tritt.
 
31 
Ihnen freundliche Erbarmung,
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Mir der Waffen Blinken
33 
Und des wilden Bärs Umarmung,
34 
Ihnen seine Schinken,
35 
Mir des Feinds entmenschter Streit,
36 
Ihnen seine Menschlichkeit!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Christine“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
154
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Christine“ stammt von Frank Wedekind, einem deutschen Dramatiker und Schriftsteller, der von 1864 bis 1918 lebte. Das bedeutet, dass es in einer Zeit entstanden ist, die durch starke gesellschaftliche Umbrüche, wie das Aufkommen der Industrialisierung und die Klassengesellschaft, geprägt war.

Der erste Eindruck weckt Interesse und Neugier. Das Gedicht ist deutlich in sechs Strophen unterteilt, auf sarkastische und rebellische Weise drückt das lyrische Ich seine Abneigung gegenüber konformem und tugendhaftem Verhalten aus.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das lyrische Ich, das offen zugibt, dass es sich nicht verbessern will oder kann. Es macht deutlich, dass es sich außerhalb der gesellschaftlichen Normen und Tugenden bewegt und sein Leben in Unabhängigkeit und Freiheit lebt. Das lyrische Ich stellt sich dabei als rebellisch und eigenständig dar, das leidenschaftlich und unangepasst sein Leben führt, auch wenn dies bedeutet, dass es als Bösewicht angesehen wird.

In Bezug auf die Form des Gedichts ist es klar strukturiert mit sechs Strophen, jeder bestehend aus sechs Versen, und einem festen Reimschema (aabbcc). Die Sprache ist eher schlicht und direkt, die Aussagen werden in einfachen Worten ohne viel metaphorischen Schmuck dargestellt. Dennoch erzeugt das Gedicht eine starke Bildlichkeit, indem es Extreme gegenüberstellt, wie Himmel und Hölle, Engel und Teufel, Frieden und Krieg, die auch für die gesellschaftlichen Gegensätze stehen können.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Christine“ von Frank Wedekind eine klare und provokative Stellungnahme gegen gesellschaftliche Konformität und Tugenden ist. Es zeigt auf humorvolle und sarkastische Weise den gesellschaftlichen Zwang zur Anpassung und unterstreicht die Freude und das Recht des lyrischen Ichs auf ein freies und unabhängiges Leben, trotz aller potentiellen Konsequenzen. Es ist auch ein Plädoyer für das Recht des Einzelnen, seinen eigenen Lebensweg zu wählen, unabhängig von gesellschaftlichen Erwartungen und Normen.

Weitere Informationen

Frank Wedekind ist der Autor des Gedichtes „Christine“. Der Autor Frank Wedekind wurde 1864 in Hannover geboren. 1905 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 154 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Weitere Werke des Dichters Frank Wedekind sind „Alte Liebe“, „Altes Lied“ und „Am Scheidewege“. Zum Autor des Gedichtes „Christine“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.

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