Unser Fritz von Eduard Mörike

Unser Fritz richt't seinen Schlag,
Wollt ein Meislein fangen,
Doch weil ihm denselben Tag
Keines drein gegangen,
Wird dem Fritz zu lang die Zeit,
Denkt, ich hab umsonst gestreut,
Will ja keine kommen.
 
Nach acht Tagen fällt ihm ein,
Im Garten zu spazieren:
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Es ist schöner Sonnenschein,
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Man kann nicht erfrieren;
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Und am alten Apfelbaum
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Kommt's ihm plötzlich wie im Traum:
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Ob der Schlag gefallen?
 
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»Ja! es sitzt ein Vogel drin!
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Aber, weh! o wehe!
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Das ist trauriger Gewinn:
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Tot, soviel ich sehe!
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Aber was kann ich dafür?
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Sicher hat das dumme Tier
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Sich zu Tod gefressen!«
 
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So tröst't sich dein Mörder wohl,
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Der dich hungern lassen,
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Aber ich vor Leid und
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Groll Weiß mich nicht zu fassen!
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Hast alle Körnlein aufgepickt,
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Hast dann vergebens umgeblickt,
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Wo noch ein Bröslein wäre!
 
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Ihr andern Vöglein allesamt,
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Wohl unterm blauen Himmel,
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Ihr habt mit Wehgesang verdammt
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Den Vogelstellerlümmel.
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Ach, eines starb so balde, bald!
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Eben da in Feld und Wald
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Der Frühling wollte kommen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Unser Fritz“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
35
Anzahl Wörter
162
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das hier vorgestellte Gedicht „Unser Fritz“ stammt vom deutschen Schriftsteller Eduard Mörike, der von 1804 bis 1875 gelebt hat und damit der Epoche des Biedermeiers bzw. des poetischen Realismus zuzuordnen ist.

Bei einem ersten Lesen entsteht der Eindruck einer traurigen und nachdenklich stimmenden Erzählung. Mörike erzählt hier die Geschichte des Jungen Fritz, der anfängt, einen Vogel zu fangen, weil ihm langweilig ist (Strophe 1). Nach acht Tagen findet er den gefangenen Vogel tot in seiner Falle (Strophe 3). Er schiebt den Tod des Vogels auf den Vogel selbst und tröstet sich mit der Annahme, dass der Vogel sich zu Tode gefressen habe (Strophe 3). Dies stachelt jedoch die Empörung des lyrischen Ichs, das dem Jungen Mord vorwirft und seine Empathielosigkeit kritisiert (Strophe 4). Zum Abschluss des Gedichts verdammen alle anderen Vögel symbolisch den „Vogelstellerlümmel“ mit ihrem Wehgesang (Strophe 5).

Das lyrische Ich, das hier sowohl Erzähler als auch moralisches Gewissen ist, kritisiert die Herzlosigkeit und Verantwortungslosigkeit des Jungen. Es zeigt eine tiefe Trauer und Wut über Tod und Sinnlosigkeit des Geschehens und wirft Fritz implizit eine mangelnde Wertschätzung für das Leben vor.

Die Form des Gedichts ist streng gebunden: Jede der fünf Strophen besteht aus sieben Versen. Mörike wird dabei volkstümlich und verwendet einen einfachen, direkt verständlichen Sprachstil. Dennoch sind seine Wort- und Bildwahl sorgfältig und erzeugen eine spürbare Wirkung beim Leser, insbesondere durch die finalen Wehrufe und die anschließende Verdammung des Jungen durch die anderen Vögel.

Mörikes Gedicht zeigt, wie ein einfacher, nahezu banaler Vorfall zu einem mahnenden Hinweis auf die Achtung des Lebens, und zur Bewusstmachung der Folgen von gedankenlosem Handeln und Verantwortungslosigkeit werden kann.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Unser Fritz“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Eduard Mörike. Der Autor Eduard Mörike wurde 1804 in Ludwigsburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1820 bis 1875 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Biedermeier kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 162 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Eduard Mörike ist auch der Autor für Gedichte wie „Nimmersatte Liebe“, „Lose Ware“ und „Gesang Weylas“. Zum Autor des Gedichtes „Unser Fritz“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 171 Gedichte vor.

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