An einen Liebenden von Eduard Mörike

Du klagst mir, Freund, daß immer die Mutter noch
Des schönen Kindes gleich unerbittlich sei.
Geduld! noch leben wir im Jänner,
Aber nicht stets wird der Eiswind schnauben.
 
Im Winkel, wo sich einsam des Daches Trauf
In morscher Rinne sickernd vereiniget,
Hängt mannsdick, zuckerkandelartig
Schimmernd ein sechsfach verwachsnes
Monstrum.
 
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Bald wehen laue Lüfte den Frühling her,
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Dein Gartenbeet vergoldet der Krokus schon;
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Eidechslein sonnen ihr smaragdnes
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Kleidchen am bröckelnden Felsen wieder.
 
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Grün wird das Wiesental, und der lichte Wald
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Vertieft in Schatten schon sich geheimnisvoll,
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Die wilde Taube gurrt, der Jäger
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Schmückt sich den Hut mit dem jungen Zweige.
 
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Blieb dann von jenem eisigen Ungetüm
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Auch wohl die Spur noch? - Warte den Sommer ab.
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Im schlimmsten Fall, o Bester, denke,
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Daß noch des Wildes im Forste mehr lebt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „An einen Liebenden“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
129
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „An einen Liebenden“ und stammt von dem deutschen Dichter Eduard Mörike, der von 1804 bis 1875 lebte. Mörike war einer der bedeutendsten Vertreter der schwäbischen Dichterschule und gilt als wichtiger Exponent der Hochromantik, was zeitlich den Beginn des 19. Jahrhunderts entspricht.

Beim ersten Eindruck wird klar, dass das lyrische Ich sich direkt an eine andere Person – „einen Liebenden“ – wendet, um ihn zu trösten und ihm Mut zu machen. Es gibt Hinweise auf einen Konflikt, der jedoch in den stärkeren Kontext des jahreszeitlichen Wandels eingebettet ist.

Inhaltlich geht es im Gedicht um einen Freund, der über die Ablehnung einer Mutter bezüglich seiner Liebschaft mit ihrer Tochter klagt. Das lyrische Ich nutzt dabei die Metapher der Jahreszeiten, um einen Wandel in der Haltung der Mutter vorherzusagen. So werden Anfangs die Kälte und Härte des Winters als Vergleich für die ablehnende Haltung der Mutter herangezogen. Im Verlauf des Gedichts verwendet der Dichter jedoch Frühlingsbilder, um Hoffnung und Veränderung auszudrücken. In der letzten Strophe wird der Freund darauf hingewiesen, dass er Geduld haben muss und gegebenenfalls auch andere Wege finden kann („Daß noch des Wildes im Forste mehr lebt“).

Formell ist das Gedicht in fünf Strophen gegliedert, wobei die Anzahl der Verse variiert. Auffallend ist hierbei die erste Strophe, die eine Art Einleitung in das Gedicht und in das Problem darstellt.

Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch eine reiche, bildhafte Sprache aus. Worte wie „schnauben“ oder „Monstrum“ verleihen dem Gedicht Ausdruckskraft und Emotionalität. Die naturnahen Beschreibungen, wie sie in der Romantik verwendet werden, verstärken das vermittelte Gefühl der Hoffnung und unterstreichen die Stimmung des Gedichts. Der Gebrauch der direkten Anrede sowie von Ausrufen und Fragen schafft eine dialogische Atmosphäre und macht das Gedicht persönlicher und direkter.

Insgesamt kann das Gedicht also als ein romantisches Werk interpretiert werden, das sich mit dem Thema der unerwiderten Liebe beschäftigt und dabei den Wandel der Jahreszeiten als Metapher für Hoffnung und Veränderung verwendet.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An einen Liebenden“ ist Eduard Mörike. Mörike wurde im Jahr 1804 in Ludwigsburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1820 bis 1875 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Biedermeier zu. Der Schriftsteller Mörike ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 129 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 21 Versen. Weitere Werke des Dichters Eduard Mörike sind „Gesang Weylas“, „Auf eine Christblume“ und „Hülfe in der Not“. Zum Autor des Gedichtes „An einen Liebenden“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 171 Gedichte vor.

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