Charleroi von Paul Verlaine

Im schwarzen Gras
Kobolde gehn.
Im Windeswehn
schwer weint etwas.
 
Sag, was man spürt!
Der Hafer saust.
Den Wandrer graust,
vom Strauch berührt.
 
Löcher der Not,
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nicht Häuser mehr,
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weit, weit umher
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loh’n Essen rot.
 
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Was spürst du da?
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Dumpf donnert an
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die Eisenbahn:
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Ist’s Charleroi?
 
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Widriger Duft,
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was ist das nur?
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Wie Rasseln fuhr
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was durch die Luft.
 
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Roth überall!
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Oh! Atem heiss
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Menschlicher Schweiss,
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Schrei von Metall!
 
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Im schwarzen Gras
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Kobolde gehn,
27 
im Windeswehn
28 
schwer weint etwas...
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Charleroi“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
81
Entstehungsjahr
nach 1860
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts „Charleroi“ ist Paul Verlaine, ein französischer Lyriker des Symbolismus, der zwischen 1844 und 1896 lebte. Von daher lässt sich das Gedicht zeitlich in das späte 19. Jahrhundert einordnen.

Beim ersten Eindruck fällt das düstere, fast bedrohliche Szenario auf, das der Autor aufbaut. Die immer wiederkehrenden Elemente des schwarzen Grases, der Kobolde und des schweren Weinens setzen einen düsteren Rahmen, der noch durch die evozierten Sinneswahrnehmungen – den widrigen Duft, den heißen Atem, den Schrei von Metall – verstärkt wird.

Das lyrische Ich scheint eine unheimliche, bedrohliche Landschaft zu durchlaufen, die es als „Löcher der Not“ und roth überall beschreibt. Es thematisiert, was es wahrnimmt und spürt, ohne direkt zu restaurieren, was diese Eindrücke auslöst.

Die Verse 13 bis 16 darauf hinweisen, dass es sich bei dem beschriebenen Ort um Charleroi, eine belgische Stadt, handeln könnte, die zur Zeit Verlaines durch ihre Schwerindustrie geprägt war. Dies könnte die rote Farbe und das dominante Motiv des Eisens bzw. Metalls erklären, welches durch die Eisenbahn und den Schrei von Metall verdeutlicht wird.

Das Gedicht ist in sieben Vierzeilenstrophen abgefasst. Dies verleiht dem Gedicht eine gewisse Struktur und Rhythmus, der durch die Wiederholung des Anfangs am Ende noch verstärkt wird.

Der Sprachstil Verlaines ist im Wesentlichen konkret und beschreibend. Dennoch lässt er Raum für Interpretationen und verbindet reale Elemente mit mystischen (etwa durch die Kobolde), was typisch für die symbolistische Lyrik ist. Die Stimmung wird enorm durch die Verwendung der Farbe Rot und des Adjektivs „schwarz“ für das Gras intensiviert, was Bilder von Blut, Feuer, Rauch und Düsternis evoziert.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass Verlaine mit „Charleroi“ ein düsteres Industriebild der belgischen Stadt Charleroi zeichnet und dabei die schmerzlichen, beängstigenden, aber gleichzeitig faszinierenden Aspekte der Industrialisierung aufgreift. Durch die Verwendung symbolischer und sinnesanregender Sprache wird die Spannung zwischen Progress und seiner menschlichen und natürlichen Kosten deutlich gemacht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Charleroi“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Verlaine. Im Jahr 1844 wurde Verlaine in Metz geboren. Im Zeitraum zwischen 1860 und 1896 ist das Gedicht entstanden. Berlin und Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 81 Worte. Weitere Werke des Dichters Paul Verlaine sind „Cythere“, „Sehnsucht“ und „Wehmütige Zwiesprache“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Charleroi“ keine weiteren Gedichte vor.

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