Chansonette von Joachim Ringelnatz

War ein echter Prinz und hat Warzen im Bett.
Und kniete vor jeder Schleife.
Vaters Leiche lag auf dem Bügelbrett
Und roch nach Genever und Seife.
 
Wenn der Pfaffe unter meine Röcke schielt,
Sagt die Alte, werd’ ich Geld bekommen.
Meinem Bruder, der so schön die Flöte spielt,
Haben sie die Nieren rausgenommen.
 
Glaubst du noch an Gott? und spielst du Lotterie?
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Meine Schwester kommt im Juli nieder.
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Doch der Kerl ist ein gemeines Vieh.
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Schenk mir zwanzig Mark; du kriegst sie wieder.
 
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Außerdem: ich brauche ein Korsett,
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Und ein Nadelchen mit blauen Steinen.
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In ein Kloster möcht ich. Oder bei’s Ballett.
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Manchmal muß ich ganz von selber weinen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Chansonette“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
110
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht mit dem Titel „Chansonette“ stammt vom deutschen Schriftsteller Joachim Ringelnatz, der zwischen dem 19. und 20. Jahrhunderts lebte. Ringelnatz ist vor allem für seine humoristische und groteske Lyrik bekannt.

Auf den ersten Blick wirkt dieses Gedicht reich an absurden und grotesken Elementen, die typisch für Ringelnatz' Stil sind. Im Hinblick auf den Inhalt des Gedichts geht es um verschiedene, scheinbar nicht miteinander zusammenhängende Szenen und Charaktere.

Die erste Strophe spricht von einem „echten Prinz“, der sich seltsam verhält (z.B. kniet er vor jeder Schleife). Ein weiteres ungewöhnliches Element ist, dass eine Leiche auf einem Bügelbrett liegt. In der zweiten Strophe besteht eine Bezugnahme auf Geld und körperliches Leiden, während die dritte Strophe Fragen stellt, die mit Glaube, Spiel und Vertrauen zusammenhängen. Die letzte Strophe thematisiert Wünsche und Emotionen, die wiederum von Absurdität und Tragik geprägt sind.

Das lyrische Ich scheint eine Vielzahl von Themen zu berühren, darunter Tod, Religion, Geld, Glaube, Beziehungen, Schmerz und Hoffnung. Es könnte eine Anspielung auf die menschliche Existenz in ihrer Absurdität, Unvorhersehbarkeit und Komplexität darstellen.

Das Gedicht weist eine klare Form auf, die jede Strophe aus vier Versen besteht, aber es gibt keine festen Reimschemata oder Rhythmusmuster. Die Sprache ist einfach und direkter Natur. Es gibt keinen elaborierten Gebrauch von Metaphern oder anderen figurativen Sprachmitteln, was die absurd und grotesk anmutenden Szenen und Situationen unterstreicht. Die Kombination einer solchen Direktheit mit einem bizarren, surrealen Inhalt könnte dazu dienen, den Leser zu verunsichern und zu einer differenzierteren Auseinandersetzung mit den Themen des Gedichts anzuregen. So kann man Ringelnatz' „Chansonette“ als ein Beispiel für seine Fähigkeit sehen, mit Worten zu spielen und eine einzigartige, faszinierende poetische Welt zu schaffen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Chansonette“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in München. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 110 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“. Zum Autor des Gedichtes „Chansonette“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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