Zur Warnung von Eduard Mörike

Einmal nach einer lustigen Nacht
War ich am Morgen seltsam aufgewacht:
Durst, Wasserscheu, ungleich Geblüt;
Dabei gerührt und weichlich im Gemüt,
Beinah poetisch, ja, ich bat die Muse um ein Lied.
Sie, mit verstelltem Pathos, spottet' mein,
Gab mir den schnöden Bafel ein:
»Es schlagt eine Nachtigall
Am Wasserfall;
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Und ein Vogel ebenfalls,
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Der schreibt sich Wendehals,
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Johann Jakob Wendehals;
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Der tut tanzen
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Bei den Pflanzen
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Obbemeldten Wasserfalls -«
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So ging es fort; mir wurde immer bänger.
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Jetzt sprang ich auf: zum Wein! Der war denn auch
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mein Retter.
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Merkt's euch, ihr tränenreichen Sänger,
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Im Katzenjammer ruft man keine Götter!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Zur Warnung“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
100
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Zur Warnung“ wurde vom deutschen Schriftsteller Eduard Mörike verfasst. Eduard Mörike wurde am 8. September 1804 geboren und starb am 4. Juni 1875. Er ist bekannt als einer der bedeutsamsten Vertreter der Biedermeierzeit in der deutschen Literatur. Das Gedicht kann chronologisch in diese Zeit, also in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, eingeordnet werden.

Auf den ersten Blick handelt es sich hier um ein humorvolles Gedicht mit einem Hauch von Selbstironie. Mörike spielt in einer bissigen Art und Weise mit der Darstellung von Rausch und Katerstimmung und nutzt die Herausforderung, dieses Erlebnis in poetischer Form festzuhalten.

Das lyrische Ich beschreibt, wie es nach einer „lustigen Nacht“ aufwacht und sich weinerlich und durstig fühlt. Es versucht, diese Empfindungen in einem Gedicht festzuhalten und wendet sich dabei an die Muse. Die Muse reagiert allerdings spöttisch und gibt dem lyrischen Ich nur einfallslose und lächerliche Verse zurück. Frustrationserscheinungen zeigen sich und der Erzähler sieht letztendlich den Wein als Retter, bevor er mit einer warnenden Moral endet, dass man im Katerzustand keine Götter ruft.

Formal besteht das Gedicht aus einer einzigen zwanzigzeiligen Strophe. Bei näherem Hinsehen gibt es allerdings eine Gliederung: Die ersten fünf Verse schildern das Erwachen nach der feucht-fröhlichen Nacht, die Verse sechs bis fünfzehn werden der spöttischen Reaktion der Muse gewidmet, und die letzten fünf Verse beschreiben das Erwachen aus der weinerlichen Stimmung und die Rückkehr zur Realität dank des Weins.

Die Sprache ist einfallsreich und bildhaft. Phrasen wie „hoch-dramatisches Pathos“ und „schnöder Bafel“ deuten auf den ironischen Ton hin. Allerdings scheint der Autor auch einen ernsten Hinweis einzubauen: „Merkt's euch, ihr tränenreichen Sänger, Im Katzenjammer ruft man keine Götter.“ Mit dieser Zeile unterstreicht Mörike die Moral der Geschichte, dass man in Zeiten des Leidens nicht nach höheren Kräften rufen sollte.

Zusammenfassend kann das Gedicht als eine humorvolle Darstellung des Katerzustands mit einer tieferen Warnung verstanden werden: Der Autor warnt vor der Vergeblichkeit von Trunkenheit und der Unfähigkeit, in solchen Zuständen sinnvolle künstlerische Werke zu schaffen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zur Warnung“ des Autors Eduard Mörike. Geboren wurde Mörike im Jahr 1804 in Ludwigsburg. Zwischen den Jahren 1820 und 1875 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Biedermeier zu. Bei dem Schriftsteller Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 100 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 20 Versen. Der Dichter Eduard Mörike ist auch der Autor für Gedichte wie „Im Frühling“, „Septembermorgen“ und „Nimmersatte Liebe“. Zum Autor des Gedichtes „Zur Warnung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 171 Gedichte vor.

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